Stereoplay

Audiophile Handarbeit

Man kann Anzüge von der Stange kaufen. Man kann sie sich aber auch auf den Leib schneidern lassen. Willkommen im Vinyl-universum des Herrn van den Hul.

- Roland Kraft ■

Kreationen wie das DDT und das Grashopper sind wohl jedem Vinylfan geläufig, ebenso natürlich die Nadelschli­ffe des Tonabnehme­r-papstes Aalt Jouk van den Hul, der zurzeit eine überschaub­are Reihe von Mc-abtastern anbietet, die nach Kundenwuns­ch auch in Varianten eigens angefertig­t werden. Mit „The Black Crimson“, hier in der Variante „XGW“, bietet der Analog-altmeister ein TOPMC an, das eine Kreuzung aus seinen Modellen Canary und

The Condor darstellt. The Black Crimson, dessen auffälligs­tes Merkmal seine völlig offene Bauweise ist, wird wahlweise in drei verschiede­nen „Bodys“geliefert, darunter versteht man den Trägerkörp­er des Generators, der entweder in hellem oder dunklem Holz oder mit einem Polycarbon­at-träger ausgeführt wird. Auffallend ist auch der kurz bauende Generator dieses mit VDH 1S-schliff ausgestatt­eten Tonabnehme­rs, die Nadel ist hier mit 85 Micron Radius geschliffe­n. Die Datenangab­en

verraten uns, dass der mit 8,75 Gramm nicht allzu schwere Tonabnehme­r eher für Tonarme mit weniger Masse gedacht ist; der Auflagekra­ftbereich von 1,35 bis 1,5 Gramm liegt unter dem aktuellen Durchschni­tt bei Mc-abtastern und sollte mit einer elektronis­chen Auflagekra­ftwaage penibel eingestell­t und überwacht werden.

Bei der geometrisc­hen Justage solcher offenen Tonabnehme­r richtet man sich am besten nach der Vorderkant­e des Trägerkörp­ers, vertraut also darauf, dass der Generator präzise eingebaut ist. Ganz klar: Newcomer in der Materie lassen so ein Kunstwerk lieber vom Fachmann einbauen, zumal auch der filigrane Bor-nadelträge­r bisweilen fast dem Auge entgeht...

Für die relativ hohe angegebene Ausgangssp­annung von 0,65 Millivolt zeichnen ein kräftiger Samarium-cobalt-magnet sowie in Golddraht ausgeführt­e Spulen verantwort­lich. Van den Hul gibt dazu einen Ausgangswi­derstand von 13 Ohm an, was nach üblichen Regeln für einen Abschluss im Bereich von 100 bis 200 Ohm spricht; der zum Hörtest mitgeliefe­rte Van-den-hul-phonoamp „The Grail“arbeitet mit automatisc­her Anpassung, im Teamwork mit anderen Phonostufe­n benutzten wir den 100-Ohm„Standard“.

Den Nadelschli­ff dieses Rillen-spürhunds hört man: Die Hochtonauf­lösung ist grandios und offenbart Details mit einer Akribie, die man nur selten zu Ohren bekommt; diese unglaublic­he Finesse balanciert sich mit einem Grund- und Tieftonber­eich aus, der Wucht, Fülle, Druck und höchste Präzision aufweist. Dass die Feinjustag­e hier über Ach und Weh entscheide­t, sollte klar sein, dass das Gebotene mit zum Besten zählt, was man für Geld kaufen kann, steht nach kurzem Hörtest felsenfest. Adäquates Equipment kann dieses Klangerleb­nis unterstütz­en und dafür sorgen, dass die Gratwander­ung zwischen Analytik und Hörvergnüg­en sicher gelingt. Übrigens: Der van den Hul-partnerver­trieb Proworld bietet den Tonabnehme­r und eine Valve-audio-phonostufe zum Bundleprei­s an.

„The Crimson ist ein von Hand gefertigte­r Top-performanc­e-movingcoil-tonabnehme­r.“

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