Ein Pionier mit großer Wirkung
Der Sitar-virtuose Ravi Shankar hatte in den 1960ern die Hippies bei den Pop-festivals in Monterey und Woodstock wie auch das Publikum in Tempeln der europäischen Hochkultur fasziniert. John Coltrane und andere Jazz-erneuerer ließen sich von ihm zur Beschäftigung mit den harmonischen und rhythmischen Besonderheiten der nordindischen Raga-musik inspirieren. George Harrison nahm sogar Unterricht bei dem 2012 gestorbenen Inder, das Ergebnis seiner Sitar-studien war in den Beatles-aufnahmen „Norwegian Wood“und „Within You Without You“zu hören. Zum 100. Geburtstag des – und er verdient die Berufsbezeichnung
mit Recht – „Weltmusikers“Ravi Shankar erscheint diese Werkschau. Auf CD 1 wird er von der Tanpura-laute und einer Tabla-handtrommel begleitet; diese beiden 25-Minuten-tracks von 1967 dokumentieren, wie Ravi Shankar die Kernbotschaft von Raga-kompostionen auf einer Lp-seite darzustellen wusste und man ahnt, von welchen Stücken George Harrison sich seine Inspirationen holte. Mit solchen Werken hatte der Meister westliche Ohren endgültig für klassische Musik aus Indien geöffnet. Mit dem Lautenspieler Ali Akbar Khan und dem Tabla-derwisch Zakir Hussain lässt Ravi Shankar auf der zweiten CD erahnen, wie ein eigentlich für eine mehrstündige Aufführung komponiertes Raga-opus in 56 Minuten seine volle Schönheit für außerindische Hörer entfalten kann. Ebenfalls in den Londoner Abbey Road Studios hatte Ravi Shankar 1966 mit dem Jahrhundert-geiger und großen Bewunderer der indischen Musikyehudi Menuhin das Album „West Meets East“eingespielt, dieses Crossover-standardwerk ist hier auf CD 3 zu hören. Die beiden übrigen CDS werden dominiert von Ravi Shankars Kompositionen für sein Instrument und sinfonisches Orchester. Im „Concerto No. 2 for Sitar & Orchestra” übernahm das London Philharmonic Orchestra jene rhythmischen Rollen, die bei Ragamusikproduktionen eigentlich von Percussion- und Saiten-instrumenten gespielt werden. Ein charmantes Klang- uns Stilexperiment. wd
warner (5:00:44, 5 cds)