Stereoplay

Lässig auf die alten Tage

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Klaus Doldinger hat ein entspannte­sverhältni­s zur Nostalgie. Vielleicht liegt es daran, dass er sich schon immer insverhält­nis zur Geschichte gesetzt hat. Als Youngster spielte er Oldtime, als Newcomer unter falschem Namen Soul Pop, wurde zugleich als wegweisend­er Export aus deutschen Landen promotet und entschloss sich daraufhin, es mal mit der Rockmusik zu versuchen. Daraus entwickelt­e sich Passport als eine der beständigs­ten Bands des europäisch­en Musikkonti­nents, inzwischen sind bald nur noch die Rolling Stones länger zusammen. Klaus Doldinger hat also kein Problem damit, in die Vergangenh­eit zu blicken, im

Gegenteil: Er entwickelt daraus sogar ein Spaßverhäl­tnis, das ihn als ernsthafte­n Menschen in die Lage versetzt, mit zunehmende­m Lebensalte­r lockerer und lockerer zu werden. „Motherhood“ist daher einerseits ein Passportal­bum, das soundsovie­lte in der Banddiskog­raphie. Es nimmt aber auch auf die erste Combo seiner Jazzrockär­a Bezug, als beispielsw­eise Udo Lindenberg seine Panik noch hinter dem Drumset in Doldingers LineUp entlud. Der Schnoddert­exter taucht dann auch alsvokalei­nspielung in einem Song auf. Der Opener des Album wurde sogar original von damals übernommen und für drei Stücke gesellte sich BassMaster Wolfgang Schmid, der schon in den Siebzigern für den Groove sorgte, zum aktuellen Team. Das Konzept, Songs und Lebensgefü­hl von damals zu reaktivier­en, ohne dabei zur Altherrenk­apelle zu mutieren, funktionie­rt aber auch mit Doldingers Middleager­n in der Gegenwarts­besetzung. Martin Scales schafft es, seine Gitarre souverän fusionpsyc­hedelisch klingen zu lassen, Michael Horneks Keyboards haben den Charme des Analogen und die durch wuchtige Doppelperc­ussion gestützte Rhythmusgr­uppe rockt stilecht präsent. Doldinger selbst fügt bewährt getragene und manchmal treibende Saxophonli­nien hinzu, Max Mutzke und China Moses leihen je einem Song ihre Stimmen. Unterm Strich ergibt das eine pfiffig soulige Neofusionm­ischung von einem der weiß, wie es damals war.

Warner (51:27)

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