Mit zarter Silberlegierung
Guido Balestracci ist zwar nicht der Erste, der Schuberts Arpeggione-sonate auf dem Arpeggione einspielt. Der war Alfred Lessing. Gleichwohl sind Aufnahmen mit der historischen Streichgitarre äußerst rar. Normalerweise greifen sich Cellisten und Bratscher das Werk – einzige kompositorische Spur von Belang, welche die schnell wieder ausgestorbene Gattung einer untergegangenen instrumentalen Artenvielfalt hinterließ. Die 1823 realisierte Idee deswiener Geigenbauers Johann Georg Stauffer zielte auf eine Kreuzung des Modeinstruments Gitarre mit den klanglichen Möglichkeiten eines Cellos. Herausgekommen
ist ein Sechssaiter mit Bünden – ein Streichwolpertinger mit hohem Anteil an Gamben-erbgut. Insofern ein Heimspiel für Balestracci, von Haus aus Gambist. Nebst den grundsätzlichen Vorzügen des Originalinstruments (keine Retuschen in puncto Lage, Tonumfang und Akkordbrechungen) trifft der Interpret den authentischen Ton: vornehm näselnd in der Höhe, mit zarter Silberlegierung im mittleren Bereich, zartdunkel im Bass – und manchmal ein bisschen matt, zumal Hammerklavier-begleiterin Maude Gratton mit begrenzter Sensibilität auf die dynamischen Fein- und Eigenheiten des Tieftöners reagiert. Indes verleiht Balestracci Schuberts Melodik kantable Emphase und emotionale Nuance, die Figurationen perlen locker und prägnant. Man hört, wie genial Schubert für das neue Instrument eine eigene Idiomatik erspürte. In den mangels Repertoire von den Interpreten erstellten Bearbeitungen geht das teils schief (die D-dur-violinsonate wird zur Dunkelzone), teils entsteht eine fiktive Klangwelt mit zeitgenössischer Terzgitarre und obsoleter Laute. Die beiden „Zupfer“Massimo Moscardo und Éric Bellocq samt der Sopranistin Caroline Pelon entdecken tatsächlich ungeahnte Lied-facetten. Und das Arrangement eines Schubert-arrangements von Pauline Viardot ist ein exquisites salonistisches Vergnügen.
Ricercar / Outhere Music 409 (63:35)