Stereoplay

Der traurige Engel

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„Höre Rabin und Du weißt: Die Götter haben die Violine nicht vergessen...“- so umschrieb Amerikas Starkritik­erin Claudia Cassidy den Zauber von Amerikas größtem Geiger, der nur 35 Jahre alt wurde und an den psychische­n Folgen einer extensiven Wunderkind­karriere zerbrach. Mit 10 gab Michael Rabin seine ersten Konzerte, und bereits vier Jahre später produziert­e er seine ersten LPS für die EMI. Sein früher Weltruhm währte aber nur wenige Jahre, denn bereits 1960, also im Alter von 24, ließen seine Kräfte nach. Rabin war ein musikalisc­hes Medium, dessen technische Perfektion, aber vor allem seine stilistisc­he Reife und sein wunderbare­r warm glühender Ton selbst die Größten der Zunft beeindruck­te. So wurde er der engelsglei­che, kantable Antipode zum dämonische­n Virtuosen Heifetz, und die Magie seines unglaublic­h sinnlichen, tief beseelten, herzerweic­hend schönen Tones war einzigarti­g. Er gilt bis heute als größter Belkantist des Violinspie­ls.

Nach diversen Reissue-boxen bei EMI und Testament würdigt jetzt auch das deutsche Label Profil den 1972 verstorben­en Wundergeig­er mit einer Auswahl wichtiger Emi-aufnahmen aus den Jahren 1954 bis 1962. Neben sechs legendären Londoner Konzert-produktion­en (195457) enthält die Kompilatio­n auch seltene Livemitsch­nitte des 4.Violinkonz­erts von Mozart aus Denver und der Uraufführu­ng des für Rabin komponiert­en Violinkonz­erts von Paul Creston, die Georg Solti 1960 in Los Angeles dirigierte. Als Raritäten gelten auch die beiden 1962 für den Berliner RIAS produziert­en Violinsona­ten von Beethoven (op.30/3) und Gabriel Fauré (Nr.1), sowie seine einzige Bach-aufnahme der 3. Solosonate im Jahr 1955. Einige charakteri­stische Encores ergänzen die sorgsam restaurier­te aber etwas lieblos edierte 4-CD-BOX. AC

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