Ayre QX-5 Twenty
Charles Hansen, Gründer von Ayre, war ein legerer, sportlicher Typ. Der 2017 verstorbene High Ender setzte allerdings auf Maßschneiderei, wenn es um seine Geräte wie den Streamer QX-5 Twenty ging.
Zu den Gattungen, die neben Aktiv-lautsprechern am stärksten von den Trends im Audio-bereich pro tieren, gehören DACS und Streamer. Deshalb gibt es sie vielleicht nicht wie Sand am Meer, aber doch zumindest wie Fahrräder in Amsterdam. Doch was Ayre mit dem QX-5 Twenty abliefert, ist das vollgefederte, ligrane Carbon-mountainbike inmitten einer Flut von grobschlächtigen Hollandrädern. Das gilt auch für den Preis: Knapp 9.000 Euro kostet der QX-5 Twenty USB als günstigste Lösung. 900 Euro drau egen muss man für den QX-5 Twenty Net mit Netzwerkplatine. Und wer die ganze Packung verlangt, sollte für den QX-5 Twenty Full 10.500 Euro übrig haben.
Für alle, die mit dem ganzen Gedeck liebäugeln, aber die Summe nicht auf einmal aufbringen können, zahlt sich die Philosophie des 2017 verstorbenen Firmengründers Charles Hansen aus: Upgrades dürfen das fertige Gerät nicht teurer machen, als alles auf einmal zu kaufen. Das war schon immer so bei der Marke aus Boulder, Colorado, und gilt auch für den QX-5 Twenty weiter. Das ist großzügiger als es für den Laien auf den ersten Blick vielleicht aussehen mag. Schließlich kommen Arbeitszeit und aufwendige Tests beim Hersteller hinzu, der die Nachrüstboards in Mustergeräte einbaut, um deren Funktion zu checken, bevor sie wieder ausgebaut und verschickt werden.
Mit seiner Modulbauweise sorgt Ayre dafür, dass seine Produkte
lange aktuell bleiben und sich die Investition für den Besitzer auf lange Sicht als sinnvoll erweist.
Die Kehrseite der ausgeklügelten, in Kleinserie gefertigten Geräte spiegelt sich in einem gewissen Nerd-faktor, der ganz besonders dem Tausendsassa QX-5 Twenty anhaftet. Das beginnt schon mit den Grundeinstellungen. Um den SetupModus zu starten, muss der Streaming-dac zuerst in den Ruhezustand versetzt werden. Dazu die rechte Taste gedrückt halten, bis sie grün leuchtet. Dann linke Taste gedrückt halten, bis im Display kurz „SET UP“und dann „MAIN INPUT“angezeigt wird. Über die Tasten Links/rechts am runden Bedienelement kann man auf einer Ebene einzelne Punkte anwählen; dann mit der rechten Taste (grün) bestätigen oder über die linke Taste (rot) wieder zurück. Schon an diesem Punkt dürften Lesemuffel unter den Neueinsteigern verzweifeln.
Eigenwillige Lösungen
Das Benutzerhandbuch ist also P ichtlektüre für frischgebackene Besitzer, die vermutlich dem Ayre keinen Ton entlocken dürften, sofern sie nicht gleich mit Kopfhörer hören wollen. Damit hinten über die symmetrischen oder Cinch-ausgänge ein Hochpegel-signal ausgegeben wird, müssen die drei Kopfhörerausgänge (einer symmetrisch, zwei asymmetrisch) über eine Taste an der Frontplatte deaktiviert werden. Der Sinn dahinter: Man kann seine Kopfhörer immer mit dem QX-5
Twenty verbunden lassen, ohne den Ton aus dem Lautsprecher abzuwürgen. Diese Logik ist zwar stringent, aber nicht unbedingt Mainstream. Das gilt auch für den Umgang mit den im Frontdisplay angezeigten Menüs. Dabei sind die Möglichkeiten ausgesprochen praxisgerecht und exibel. Die Ausgänge lassen sich zwischen PRE oder DAC umschalten, was die mit 24 Bit Au ösung umgesetzte digitale Lautstärkeregelung aktiviert oder deaktiviert.
Auch den Filter-modus kann der Benutzer anpassen zwischen „Music“oder „Measure“, was den Minimum-phase- oder den Linear-phase-filter für tadellose Messwerte aktiviert. Schließlich kann man nie wissen, was der Besitzer mit dem QX-5 so alles treibt. Die Filteroperationen überträgt Ayre einem frei programmierbaren FPGA-CHIP aus dem Hause Xilinx, der mit seiner immensen
Rechenleistung das 16-FachOversampling der Audiodaten in einem einzigen Durchgang erledigt. Gegenüber den üblichen mehrstu gen Digital-filtern sollen damit gemäß der Überzeugung von Charles Hansen Rundungsfehler minimiert werden. Wegen der hohen Abtastrate wäre üblicherweise eine Aneinanderreihung von vier 2-Fach-oversampling-filtern nötig, was die Rundungsfehler mit jeder Stufe drastisch erhöhen würde. Auf die bequemere Nutzung der in den 32-BitESS-SABRE-DAC integrierten Filter-typen verzichten die Entwickler deshalb.
16 auf einen Streich: Ayre setzt auf einen eigenen Digital-filter mit einem frei programmierbaren Xilinx-fpga-chip.
Ohne Frage ist der Ayre QX-5 ganz schön eigenwillig konzipiert, aber auch bis ins Detail sehr konsequent. Das beginnt schon gleich hinter der Kaltgerätebuchse, wo der Netzstrom ins Gerät kommt. Dort übernimmt eine nach Klangaspekten ausgewählte Schutzschaltung die Aufgabe, die gewöhnlich Schmelzsicherungen übertragen wird. Ein Kondensator fungiert als Filter. Dahinter übernehmen zwei Ayreconditioner (man beachte den Wortwitz), passive Hf-filter aus nichtmagnetisierbaren Materialien die Befreiung der Netzspannung von Störungsspitzen. Gleich vier Transformatoren
stehen zur separaten Speisung verschiedener Sektionen bereit.
Das optionale, Mqa-kompatible Netzwerkmodul von Conversdigital zieht sich aus dem Internet eigene Firmwareupdates. Die Software für die restlichen Bereiche des QX-5 Twenty wird via USB aktualisiert, denn Ayre ist auf zwei getrennte Firmwares angewiesen. Das ist eine Folge des Zukaufs, der in diesem komplexen High-tech-bereich in der Branche durchaus üblich ist, nur dass die meisten Streaming-module von Audivo oder von Streamunlimited stammen.
Feinste Zutaten
Unter dem komplett diskret aufgebauten Analog-bord be ndet sich die große Digital-platine mit ihrer nicht minder aufwendigen Dac-sektion. Dank eines guten Drahts zum angesehenen Chip-hersteller ESS rühmt sich Ayre, den ES9038PRO optimal auszunutzen. Der Sabre-dac benötigt in der Ayre-applikation zwar nicht seine volle 32-Bit-kapazität, nutzt aber über den asynchronen USBEingang seine maximale Abtastrate von 384 khz aus. Über Netzwerk und die übrigen Digital-eingänge (zwei AES/ EBU-XLR, drei galvanisch isolierte S/PDIF-BNCS, drei optische Toslink) liegt die maximale Abtastrate für PCM-TON bei 192 khz. Bei DSD ist via USB 128-fach Oversampling möglich, während sich die anderen Eingänge mit DSD64 begnügen müssen.
Der QX-5 verwendet getrennte Quarzkristalloszillatoren für Daten auf Basis der Samplingrate von 44,1 khz oder 48 khz, die gemeinsam von Ayre und dem russischen Hersteller Morion entwickelt wurden. Dabei stand ein besonders geringes Phasenrauschen für niedrigen Jitter im Fokus.
Allerdings gibt es noch einen für die Nutzererfahrung wesentlichen Punkt, wo Ayre auf andere vertraut, statt auf eigenes Know-how zu setzen. Die zur Steuerung verwendete GratisApp stammt wie das Streamingmodul von Conversdigital, wobei die Android-version von mconncet etwas ausgereifter als die ios-version wirkte. Es gibt auch noch mconnect control HD mit integriertem Streamingdienst Qobuz in Hires und der Netzwerk-player spielt auch mit dem angesagten Roon Player zusammen.
Der Hörtest lässt sich am besten kurz unter dem Motto „ein Traum von Raum“zusammenfassen. Was der QX-5 Twenty in puncto Abbildung leistete, gereicht Ayre zur Ehre. Die imaginäre Hörbühne erschien stabil und sehr tief nach hinten reichend, um die Lautsprecher herum. Das hatte geradezu etwas Körperhaftes, ja Hologra sches. Hires-klassikaufnahmen begeisterten mit extrem nuancierten, luftigen Streichern. Auch die extrem tiefe, straffe Basswiedergabe gelang bestens. Ein perfektes Timing von Impulsen machte die Vorstellung perfekt.