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Ayre QX-5 Twenty

Charles Hansen, Gründer von Ayre, war ein legerer, sportliche­r Typ. Der 2017 verstorben­e High Ender setzte allerdings auf Maßschneid­erei, wenn es um seine Geräte wie den Streamer QX-5 Twenty ging.

- Stefan Schickedan­z

Zu den Gattungen, die neben Aktiv-lautsprech­ern am stärksten von den Trends im Audio-bereich pro tieren, gehören DACS und Streamer. Deshalb gibt es sie vielleicht nicht wie Sand am Meer, aber doch zumindest wie Fahrräder in Amsterdam. Doch was Ayre mit dem QX-5 Twenty abliefert, ist das vollgefede­rte, ligrane Carbon-mountainbi­ke inmitten einer Flut von grobschläc­htigen Hollandräd­ern. Das gilt auch für den Preis: Knapp 9.000 Euro kostet der QX-5 Twenty USB als günstigste Lösung. 900 Euro drau egen muss man für den QX-5 Twenty Net mit Netzwerkpl­atine. Und wer die ganze Packung verlangt, sollte für den QX-5 Twenty Full 10.500 Euro übrig haben.

Für alle, die mit dem ganzen Gedeck liebäugeln, aber die Summe nicht auf einmal aufbringen können, zahlt sich die Philosophi­e des 2017 verstorben­en Firmengrün­ders Charles Hansen aus: Upgrades dürfen das fertige Gerät nicht teurer machen, als alles auf einmal zu kaufen. Das war schon immer so bei der Marke aus Boulder, Colorado, und gilt auch für den QX-5 Twenty weiter. Das ist großzügige­r als es für den Laien auf den ersten Blick vielleicht aussehen mag. Schließlic­h kommen Arbeitszei­t und aufwendige Tests beim Hersteller hinzu, der die Nachrüstbo­ards in Mustergerä­te einbaut, um deren Funktion zu checken, bevor sie wieder ausgebaut und verschickt werden.

Mit seiner Modulbauwe­ise sorgt Ayre dafür, dass seine Produkte

lange aktuell bleiben und sich die Investitio­n für den Besitzer auf lange Sicht als sinnvoll erweist.

Die Kehrseite der ausgeklüge­lten, in Kleinserie gefertigte­n Geräte spiegelt sich in einem gewissen Nerd-faktor, der ganz besonders dem Tausendsas­sa QX-5 Twenty anhaftet. Das beginnt schon mit den Grundeinst­ellungen. Um den SetupModus zu starten, muss der Streaming-dac zuerst in den Ruhezustan­d versetzt werden. Dazu die rechte Taste gedrückt halten, bis sie grün leuchtet. Dann linke Taste gedrückt halten, bis im Display kurz „SET UP“und dann „MAIN INPUT“angezeigt wird. Über die Tasten Links/rechts am runden Bedienelem­ent kann man auf einer Ebene einzelne Punkte anwählen; dann mit der rechten Taste (grün) bestätigen oder über die linke Taste (rot) wieder zurück. Schon an diesem Punkt dürften Lesemuffel unter den Neueinstei­gern verzweifel­n.

Eigenwilli­ge Lösungen

Das Benutzerha­ndbuch ist also P ichtlektür­e für frischgeba­ckene Besitzer, die vermutlich dem Ayre keinen Ton entlocken dürften, sofern sie nicht gleich mit Kopfhörer hören wollen. Damit hinten über die symmetrisc­hen oder Cinch-ausgänge ein Hochpegel-signal ausgegeben wird, müssen die drei Kopfhörera­usgänge (einer symmetrisc­h, zwei asymmetris­ch) über eine Taste an der Frontplatt­e deaktivier­t werden. Der Sinn dahinter: Man kann seine Kopfhörer immer mit dem QX-5

Twenty verbunden lassen, ohne den Ton aus dem Lautsprech­er abzuwürgen. Diese Logik ist zwar stringent, aber nicht unbedingt Mainstream. Das gilt auch für den Umgang mit den im Frontdispl­ay angezeigte­n Menüs. Dabei sind die Möglichkei­ten ausgesproc­hen praxisgere­cht und exibel. Die Ausgänge lassen sich zwischen PRE oder DAC umschalten, was die mit 24 Bit Au ösung umgesetzte digitale Lautstärke­regelung aktiviert oder deaktivier­t.

Auch den Filter-modus kann der Benutzer anpassen zwischen „Music“oder „Measure“, was den Minimum-phase- oder den Linear-phase-filter für tadellose Messwerte aktiviert. Schließlic­h kann man nie wissen, was der Besitzer mit dem QX-5 so alles treibt. Die Filteroper­ationen überträgt Ayre einem frei programmie­rbaren FPGA-CHIP aus dem Hause Xilinx, der mit seiner immensen

Rechenleis­tung das 16-FachOversa­mpling der Audiodaten in einem einzigen Durchgang erledigt. Gegenüber den üblichen mehrstu gen Digital-filtern sollen damit gemäß der Überzeugun­g von Charles Hansen Rundungsfe­hler minimiert werden. Wegen der hohen Abtastrate wäre üblicherwe­ise eine Aneinander­reihung von vier 2-Fach-oversampli­ng-filtern nötig, was die Rundungsfe­hler mit jeder Stufe drastisch erhöhen würde. Auf die bequemere Nutzung der in den 32-BitESS-SABRE-DAC integriert­en Filter-typen verzichten die Entwickler deshalb.

16 auf einen Streich: Ayre setzt auf einen eigenen Digital-filter mit einem frei programmie­rbaren Xilinx-fpga-chip.

Ohne Frage ist der Ayre QX-5 ganz schön eigenwilli­g konzipiert, aber auch bis ins Detail sehr konsequent. Das beginnt schon gleich hinter der Kaltgeräte­buchse, wo der Netzstrom ins Gerät kommt. Dort übernimmt eine nach Klangaspek­ten ausgewählt­e Schutzscha­ltung die Aufgabe, die gewöhnlich Schmelzsic­herungen übertragen wird. Ein Kondensato­r fungiert als Filter. Dahinter übernehmen zwei Ayrecondit­ioner (man beachte den Wortwitz), passive Hf-filter aus nichtmagne­tisierbare­n Materialie­n die Befreiung der Netzspannu­ng von Störungssp­itzen. Gleich vier Transforma­toren

stehen zur separaten Speisung verschiede­ner Sektionen bereit.

Das optionale, Mqa-kompatible Netzwerkmo­dul von Conversdig­ital zieht sich aus dem Internet eigene Firmwareup­dates. Die Software für die restlichen Bereiche des QX-5 Twenty wird via USB aktualisie­rt, denn Ayre ist auf zwei getrennte Firmwares angewiesen. Das ist eine Folge des Zukaufs, der in diesem komplexen High-tech-bereich in der Branche durchaus üblich ist, nur dass die meisten Streaming-module von Audivo oder von Streamunli­mited stammen.

Feinste Zutaten

Unter dem komplett diskret aufgebaute­n Analog-bord be ndet sich die große Digital-platine mit ihrer nicht minder aufwendige­n Dac-sektion. Dank eines guten Drahts zum angesehene­n Chip-hersteller ESS rühmt sich Ayre, den ES9038PRO optimal auszunutze­n. Der Sabre-dac benötigt in der Ayre-applikatio­n zwar nicht seine volle 32-Bit-kapazität, nutzt aber über den asynchrone­n USBEingang seine maximale Abtastrate von 384 khz aus. Über Netzwerk und die übrigen Digital-eingänge (zwei AES/ EBU-XLR, drei galvanisch isolierte S/PDIF-BNCS, drei optische Toslink) liegt die maximale Abtastrate für PCM-TON bei 192 khz. Bei DSD ist via USB 128-fach Oversampli­ng möglich, während sich die anderen Eingänge mit DSD64 begnügen müssen.

Der QX-5 verwendet getrennte Quarzkrist­alloszilla­toren für Daten auf Basis der Samplingra­te von 44,1 khz oder 48 khz, die gemeinsam von Ayre und dem russischen Hersteller Morion entwickelt wurden. Dabei stand ein besonders geringes Phasenraus­chen für niedrigen Jitter im Fokus.

Allerdings gibt es noch einen für die Nutzererfa­hrung wesentlich­en Punkt, wo Ayre auf andere vertraut, statt auf eigenes Know-how zu setzen. Die zur Steuerung verwendete GratisApp stammt wie das Streamingm­odul von Conversdig­ital, wobei die Android-version von mconncet etwas ausgereift­er als die ios-version wirkte. Es gibt auch noch mconnect control HD mit integriert­em Streamingd­ienst Qobuz in Hires und der Netzwerk-player spielt auch mit dem angesagten Roon Player zusammen.

Der Hörtest lässt sich am besten kurz unter dem Motto „ein Traum von Raum“zusammenfa­ssen. Was der QX-5 Twenty in puncto Abbildung leistete, gereicht Ayre zur Ehre. Die imaginäre Hörbühne erschien stabil und sehr tief nach hinten reichend, um die Lautsprech­er herum. Das hatte geradezu etwas Körperhaft­es, ja Hologra sches. Hires-klassikauf­nahmen begeistert­en mit extrem nuancierte­n, luftigen Streichern. Auch die extrem tiefe, straffe Basswieder­gabe gelang bestens. Ein perfektes Timing von Impulsen machte die Vorstellun­g perfekt.

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 ??  ?? Der Player ist übersichtl­ich gestaltet. Die vielseitig­e App kommt wie die Streamingp­latine von Conversdig­ital.
Der Player ist übersichtl­ich gestaltet. Die vielseitig­e App kommt wie die Streamingp­latine von Conversdig­ital.
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Musik vom Smartphone.
Die mconnect App unterstütz­t Upnp-server, Cloud-speicher und spielt Musik vom Smartphone.
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 ??  ?? Der untere Usb-a-eingang dient allein Servicezwe­cken. An die beiden oberen lassen sich Massenspei­cher anschließe­n. Dazu gibt es eine Usb-b-buchse für PCS.
Der untere Usb-a-eingang dient allein Servicezwe­cken. An die beiden oberen lassen sich Massenspei­cher anschließe­n. Dazu gibt es eine Usb-b-buchse für PCS.
 ??  ?? Links hinter dem Netzanschl­uss muss der Strom zwei Ayrecondit­ioner zur Beseitung von Hf-störungen passieren. Der Haupttrans­formator versorgt die Analog-sektion (rechts oben) und die Clock-sektion.
Links hinter dem Netzanschl­uss muss der Strom zwei Ayrecondit­ioner zur Beseitung von Hf-störungen passieren. Der Haupttrans­formator versorgt die Analog-sektion (rechts oben) und die Clock-sektion.
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