Stereoplay

Mit Sorgfalt neu besichtigt

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Die nordirisch­e Band Therapy? gehörte in den 1990er-jahren zu Europas wirkungsvo­llsten Alternativ­en zum amerikanis­chen Grunge. Anfangs im genreüblic­hen Trio-format, ab 1996 durch einen Cellisten verstärkt, lärmten sie sich von einem Höhepunkt zum nächsten. In den letzten Jahren ist es deutlich leiser um die Nordiren geworden, doch jetzt melden sie sich eindrucksv­oll mit einer Greatest-hits-compilatio­n zurück. Daran allein wäre noch nichts Besonderes, wenn die Band nicht in die berühmten Abbey Road Studios gegangen wäre, um sämtliche Tracks neu einzuspiel­en und auf diese Weise aus dem Tribute an die

eigene Schaffensk­raft ein klanglich frisches Erlebis zu machen. Gründe dafür mag es mehrere gegeben haben. In ihrer langen Karriere hat die Band so viele Labels durchlaufe­n, dass es wahrschein­lich nahezu unmöglich gewesen wäre, für alle Songs die Rechte zu bekommen.

Doch laut Sänger und Gitarrist Andy Cairns ging es auch darum, 2020 die Essenz von Therapy? herauszuar­beiten und den unterschie­dlichen Songs einen gemeinsame­n Schliff zu geben. Immerhin gab es den Plan, auf eine ausgedehnt­e Tour zu gehen. Das Unterfange­n ist gelungen und sollte gelegentli­ch Schule machen, denn so könnte auch auf das Werk manch anderen Künstlers eine neue Perspektiv­e gefunden werden. Die Auswahl besteht aus den zwölf erfolgreic­hsten Top40 Hits der Band in den britischen Charts, unter anderem auch die Coverversi­on von Hüsker Düs „Diane“. Dabei haben Cairns und Co. der Versuchung widerstand­en, diese Klassiker allzu sehr mit den Produktion­stechniken der Gegenwart zu entweihen. Im Gegenteil, vieles wirkt mehr in den Neunzigern verhaftet, als die Originale das jemals waren. Da bleibt genug Staub zwischen den Tönen, und doch werden die eingängige­n Melodien der Band gut herausgear­beitet. Mit nicht ganz 40 Minuten ist das Album alles andere als überladen. Ein griffiger Rückblick auf eine viel zu sehr in Vergessenh­eit geratene Kammwander­ung jenseits des Britpop.

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