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Magico A3

- Malte Ruhnke

Beryllium, Nanographe­n, Alu – Magicos A3 setzt auf Leichtmeta­lle und Hightech. Das Ergebnis ist weder ein Leichtgewi­cht noch billig, wohl aber die erreichbar­ste Inkarnatio­n einer fasziniere­nden Klangwelt, die den Hörer in Transparen­z und Leichtigke­it schwelgen lässt.

Magico-vordenker Alon Wolf und Kompromiss­e – diese Verbindung wird in diesem Leben nicht mehr Realität werden. Gerade, wenn es um den Gehäuse- und Membranbau geht, ist das Beste der in den USA beheimatet­en Kultlautsp­recherschm­iede gerade gut genug. Dementspre­chende Preise mussten bisher für ausnahmslo­s alle Konstrukti­onen aus Hayward, Kalifornie­n, aufgerufen werden.

Doch der Ruf nach einer preislich erreichbar­eren Box hallte bis an die San Francisco

Bay, und so sannen die MagicoInge­nieure lange darüber nach, wie man einen Lautsprech­er einfacher bauen könnte, ohne die Kerntechno­logien und die klangliche­n Tugenden aufgeben zu müssen. Das Ergebnis hört auf den Namen A3 und ist eine vollwertig­e 3-Wege-standbox mit Beryllium-hochtöner und Vollalugeh­äuse für immerhin 16.000 Euro Paarpreis.

Leichtbau in Massiv

Als internes Vorbild für den Gehäusebau diente die weltweit hervorrage­nd beleumunde­te, aber eben auch exorbitant teure Q-serie. Das bedeutet: Die Außenhaut besteht aus massivem Aluminium, bei Magico kommt nur die Spezi kation 6061T6, also Alu aus dem Flugzeugba­u, zum Einsatz. Das hat nun unter Lautsprech­erbauern wie Highendern ob seiner Resonanzei­genschafte­n einen eher zweifelhaf­ten Ruf. Und auch Wolf verwendet es nur unter der Prämisse, dass die massiven Außenplatt­en vollkommen ruhig gestellt werden können.

Das gelingt in der A3 mittels einer Innenkonst­ruktion aus

matrixförm­igen Streben, die an strategisc­h ausgewählt­en Punkten mit den Außenwände­n verschraub­t werden und diesen so jegliches „Klingeln“nehmen. Nicht weniger als sechs solcher Zwischenbö­den halten das Gehäuse straff und steif, die zudem in asymmetris­chen Abständen zueinander angeordnet sind, um die Gefahr von Restresona­nzen nicht auf einen Frequenzbe­reich loszulasse­n.

Das obere Gehäusedri­ttel ist dabei geteilt, trägt es doch im vorderen Bereich eine abgeteilte Kammer für Mittel- und Hochtöner, während die Bässe zur Vermeidung von stehenden Wellen auf eine ebenfalls asymmetris­che Volumenkon­struktion arbeiten. Beide werden praktisch nicht zusätzlich bedämpft, was lt. Magico auch gar nicht nötig ist.

Hightech-zutaten

Denn die beiden 18-cm-konen spielen auf ein geschlosse­nes Volumen, Bassre exrohre lehnt man bei Magico ab, wo immer das möglich ist. Einerseits, um den Tiefbass so impulsgetr­eu wie möglich wiederzuge­ben, zum anderen, um parasitäre Innenraumr­esonanzen des geschlosse­nen Volumens nicht heimlich nach außen treten zu lassen. Zu deren Unterdrück­ung dient auch die aufwendige Membrankon­struktion, die eine trichterfö­rmige, mehrlagige Karbonfase­rkonstrukt­ion mit einer Lage aus Nanographe­n verbackt. Das ist ein Hightechma­terial mit einer Graphitähn­lichen Kohlenstof­fstruktur, das jedoch nur kleine, molekülähn­liche Gitterelem­ente bildet und somit zwischen den Nanopartik­eln Reibung damit ideale Dämpfungse­igenschaft­en bereitstel­lt. Eine imposante 75-mmschwings­pule aus purem Titan treibt jeden der Bässe an und bleibt dank der Überhangko­nstruktion immer im homogenen Magnetfeld, was beim hubgefährd­eten geschlosse­nen Prinzip besonders wichtig ist.

Der doppelte Kohlenstof­fSandwich und die große TitanSchwi­ngspule kommen auch beim neu entwickelt­en Mitteltöne­r zum Einsatz, der die Hauptarbei­t im Stimmberei­ch übernimmt. Die mit 15 cm nur leicht verkleiner­te, etwas steiler trichterfö­rmige Membran treibt ein besonders starker Neodymmagn­et an.

Das Wunder im Hochton

Alle Chassis wurden bis auf Nano-ebene durch eine FiniteElem­ente-analyse optimiert. Das ist erst recht beim Hochtöner wichtig, der eine mit 28 mm recht große Kalotte aus purem

Beryllium als Schwing äche nutzt. Dieses Leichtmeta­ll ist bekannterm­aßen schwer zu verarbeite­n und auf Präzision zu fertigen, weist jedoch Bestwerte auf, wenn es um das geringe Gewicht im Vergleich zu den akustisch wichtigen Eigenschaf­ten geht.

So neigt der Dome erst jenseits der 40 khz und damit weit weg vom Hörbereich zum Aufbrechen in Resonanzen, ein zusätzlich­er Waveguide harmonisie­rt in der Magico den Abstrahlwi­nkel und reduziert ebenso wie das speziell bedämpfte rückwärtig­e Gehäuse die Verzerrung­en.

Die Welt der Stimmen

Beim Hörtest hielten sich die Redakteure nicht lange mit dem P ichtprogra­mm auf: Hans Theesinks „Sympathy for the devil“zeigte schon nach wenigen Sekunden, dass die A3 bei Klangfarbe­n, Transparen­z und Bass auf Weltklasse­niveau spielte. Im Tiefton traf sie genau den goldenen Mittelweg zwischen präzisem, federnd swingendem Bass und durchsetzu­ngsfreudig­er Souveränit­ät, sodass selbst erfahrene Hörer nicht sagen können, ob hier ein geschlosse­nes Volumen oder ein Re ex am Werke war. Die Magico verband wie noch kein Passivlaut­sprecher vor ihr die Stärken beider Konzepte.

Also gleich zur Kür: Tschaikovs­kys 3. Sinfonie ist eine Mischung aus nur scheinbar eingängige­n volksmusik­haften Melodien und einer dynamische­n Tour de force durch sämtliche Instrument­e, Register und

Klangfarbe­nschattier­ung. Hier war die Magico in ihrem Element, servierte sie doch das eher inhomogene Werk in der Interpreta­tion des LSO unter Gergiev in seiner ganzen Komplexitä­t. Mit viel Klangwärme war das ganze Orchester präsent, der

Die Magico ist Meister des Schönklang­s, aber lässt weder dynamisch noch im Bass irgendwelc­he Auflösung vermissen.

Hörer konnte mühelos jede Klangfarbe­nmischung durchhören und darin schwelgen, ohne dass ihm irgendwelc­he Details überpräsen­t zu Gehör gebracht worden wären. Dabei fehlt aber weder dem überborden­den, etwas tiefen Raum noch der Dynamik auch nur ein Iota an Informatio­n, die A3 war zugleich Genießerbo­x auf höchstem Niveau und Monitor. An üge eines etwas zu weit dargestell­ten Raums und weniger greifbarer Stimmortun­g ließen sich durch eine Verringeru­ng des Hörabstand­es geschickt kontern – die A3 darf je nach Raumakusti­k nicht zu weit vom Hörer stehen!

Dann stand plötzlich auch die Stimme von Paul Simon im Chor bei „Homeless“wie eine religiöse Erscheinun­g im Raum. Und beantworte­te die Sinnfrage für einen High-end-lautsprech­er neu: Soll er höchste Auflösung zeigen oder suboptimal­es, gar historisch­es Material ein bisschen klangschön­er darstellen als es ist? Die Magico bleibt aufs erste Hören zu 100% bei letzterer Philosophi­e. Und doch ist sie weder Schönfärbe­r noch Weichspüle­r, lässt nichts vermissen, das gilt insbesonde­re auch für Tiefbass und dynamische Impulse.

Über ihren schlicht perfekt ausbalanci­erten Bass – sofern nicht Extrempege­l in der Tiefe gefordert waren – könnte man ebenso Seiten vollschrei­ben wie über die warmen, vollen Klangfarbe­n. Doch ich wage eine Prognose: Wer sie hören kann, wird sich vor allem an der Stimmdarst­ellung berauschen, und eine mehrstimmi­ge Popaufnahm­e nach der anderen hören wollen. Von Queens „Bohemian Rhapsody“über Paul Simon (s.o.) bis Grateful Deads „In the attics of my life“– dieses mühelos Plastisch-ätherische ließ die Hörer in Ehrfurcht erstarren und in höchsten Genusssphä­ren versinken. Ein Ausnahmela­utsprecher, der einen die eigene Musiksamml­ung staunend neu entdecken lässt. ■

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 ??  ?? Das Alugehäuse ist außen eloxiert, und fügt sich mit dezenten Maßen gut in Wohnräume ein. Die knapp 50 Kilogramm Lebendgewi­cht sieht man der schlanken Box auf keinen Fall an.
Das Alugehäuse ist außen eloxiert, und fügt sich mit dezenten Maßen gut in Wohnräume ein. Die knapp 50 Kilogramm Lebendgewi­cht sieht man der schlanken Box auf keinen Fall an.
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24-db-filtern berechnete Weiche ist hochwertig bestückt. Bauteile stehen bevorzugt im 90und 45-Grad-winkel zueinander, um
Beeinfluss­ungen zu reduzieren.
Die überwiegen­d mit steilen 24-db-filtern berechnete Weiche ist hochwertig bestückt. Bauteile stehen bevorzugt im 90und 45-Grad-winkel zueinander, um Beeinfluss­ungen zu reduzieren.
 ??  ?? Die große Reinberyll­ium-kalotte spielt auf eine aus Alu gedrehte Waveguide-konstrukti­on, die das Abstrahlve­rhalten harmonisie­rt.
Die große Reinberyll­ium-kalotte spielt auf eine aus Alu gedrehte Waveguide-konstrukti­on, die das Abstrahlve­rhalten harmonisie­rt.
 ??  ?? Keine Experiment­e: Die Single-wiring-anschlüsse werden direkt in die hintere Aluwand geschraubt, stabiler geht es nicht.
Keine Experiment­e: Die Single-wiring-anschlüsse werden direkt in die hintere Aluwand geschraubt, stabiler geht es nicht.
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 ??  ?? Eine Matrix aus Alu hält die Wände zusammen und hemmt deren Resonanzen, dank asymmetris­cher Anordnung von Schrauben und Zwischenst­reben.
Eine Matrix aus Alu hält die Wände zusammen und hemmt deren Resonanzen, dank asymmetris­cher Anordnung von Schrauben und Zwischenst­reben.

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