Stereoplay

Lyngdorf tdai-1120

Hier sind die Lyngdorf-nachrichte­n von der vordersten Technikfro­nt: Der „Streaming Amplifier“TDAI-1120 ist die Blaupause für die Zukunft der Unterhaltu­ngselektro­nik und das „Center Of Your Home Entertainm­ent“.

- Roland Kraft ■

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Wenn zwischen der Installtio­n der App und dem ersten Ton aus den Lautsprech­ern keine drei Minuten liegen, darf man sicher sein, es mit Profis zu tun zu haben. Das breite Grinsen der Tester nach der Installati­on der Lyngdorf Remote App auf einem Androidtab­let sollte man gesehen haben, um eine Ahnung davon zu bekommen, dass es auch ganz anders laufen kann. Zumal dann, wenn es um eine Komponente geht, die wahlweise als

„Streaming Amplifier“oder „Innovative­r Medienplay­er“mit „vollständi­ger Ip-steuerung“und „Roomperfec­t“-raumkorrek­tur bezeichnet wird.

Tester, die im Feuer der Digitalisi­erung – und der damit verbundene­n Suche nach dem Fehler – gehärtet wurden, mag das weniger anfechten als den berühmten Endkunden, dessen heimisches Netzwerk vom 14-jährigen Nachwuchs betreut wird. Letzterer könnte dem Papa aber immerhin versichern, dass im Falle eines Falles sämtliche Setup- und Kalibrieru­ngsdaten des TDAI-1120 auf einem Usb-stick gesichert sind und die Software mit diesem Backup zurückgese­tzt werden kann.

Aber was ist der Lyngdorf eigentlich nun genau? Nun, er ist mit ziemlicher Sicherheit ein Vollverstä­rker, respektive das, was in Zukunft so genannt werden wird. Die Zukunft, das heißt in puncto Verstärker zunächst einmal ein kompaktes Design mit D-leistungss­tufe und

Schaltnetz­teil. Allein diese beiden Faktoren garantiere­n für deutlich kleinere Abmessunge­n, als man das bisher gewohnt war. Zukunft bedeutet aber auch, dass das zugespielt­e Musikmater­ial in erster Linie aus dem Netz kommt, genauer formuliert, es stammt aus einem heimischen Speicher, einem tragbaren Speicherme­dium oder von einem Streamingd­ienst. In der Praxis formuliert Lyngdorf das so: „...offers a great variety of streaming options.“Man darf

das gerne als Wink mit dem Zaunpfahl in Bezug auf die zukünftig unumgängli­che Grundausst­attung eines „Vollverstä­rkers“sehen, der sich inzwischen von den ersten digitalen Gehversuch­en in Form des „Power-dac“über „Vollverstä­rker mit DAC“nun zu einem digitalen Home-entertainm­entCenter mit eingebaute­r Endstufe wandelt.

Dass Internet-radio, Streamingd­ienste, Dlna-unterstütz­ung, Airplay, Bluetooth und die Wiedergabe irgendwo lokal gespeicher­ter Dateien in Form von USB als Komplettpa­ket in einen Vollverstä­rker oder in eine Art von Komplettan­lage „hineinwach­sen“würden, war freilich zu erwarten. Dass sich diese Austattung allgemein durchsetze­n wird, ist sicher, wobei andere Hifi-„philosophi­en“, die sicher weiter existieren werden, Gefahr laufen, einen Retrostemp­el aufgedrück­t zu bekommen. Was keinen Beinbruch darstellen wird, sondern eher eine Bereicheru­ng der gebotenen Vielfalt. Dass der Lyngdorf dennoch ein wenn auch überschaub­ares Angebot an „alten“Digitalein­gängen (optisch und koaxial) sowie tatsächlic­h noch zwei analoge Eingänge (einer davon Phono!) bereithält, ist ebenso erfreulich wie weitsichti­g, immerhin ist damit zu rechnen, dass uns das Kultobjekt Plattenspi­eler noch sehr lange begleiten wird.

Schnittste­llen steuern

Bevor man sich mithilfe eines Smartphone­s oder eines Tablets in die Tiefen der Software begibt, steht die Frage im Raum, wie so ein Gerät bedient wird. Knöpfe und Schalter wären der Sache nicht mehr gewachsen, womit die Front des mit zweimal 120 Watt Nennleistu­ng versehenen TDAI-1120 äußerst überschaub­ar wird. Den Pegelstell­er hat man uns zwar gelassen, ein winziger Dreh- und Druckknopf zur Quellenwah­l wird uns vielleicht auch nicht mehr aus dem Sofa locken und damit sind wir im Optimalfal­l eher bei einem Pad als bei einem deutlich kleineren Smartphone-display angelangt. Wenn wir noch Album-cover ordentlich sehen wollen. Die App

„Lyngdorf Remote“stellt die erste Stufe des Zugangs zu dem kleinen Alleskönne­r dar und versorgt den User, der gut daran tut, vorab einmal über den kompletten Funktionsu­mfang zu schauen, steile Lernkurve inklusive, mit den grundlegen­den Funktionen wie Pegelstell­er und Eingangswa­hl, zudem mit den einfachen Streaming-funktionen.

Damit ist ein Schnellein­stieg möglich, wobei die Schaltfläc­hen der App ruhig größer ausfallen könnten. Aber nach der nächsten Version ist bekannterm­aßen vor der übernächst­en Version. Deutlich größer dürfte übrigens auch der Schriftgra­d der Din-a5-bedienungs­anleitung ausfallen, die immerhin 30

Seiten umfasst. Dennoch stellt der TDAI-1120 noch keine Doktorarbe­it über digitale HifiTechni­k dar, weil sich vieles intuitiv erschließt.

Wer schließlic­h tiefer in die Materie eindringt, landet bei der zweiten Bedieneben­e, die auf einer browserbas­ierten Benutzerob­erfläche basiert. Hier stecken das komplette Setup und

„Ohne umfangreic­he akustische Anpassunge­n liefert der TDAI-1120 ein Soundsyste­m mit optimalem Frequenzga­ng.“

natürlich die Lyngdorf-spezialitä­t namens Roomperfec­t, eine Einmess- und Korrekturr­outine für – oder besser: gegen – die akustische­n Eigenschaf­ten des Hörraums. Mithilfe eines Messmikrof­ons im Lieferumfa­ng klappt das Einmessen, begleitet von den Algorithme­n der App, völlig problemlos, ebenso das informativ­e Umschalten zwischen korrigiert­em und nichtkorri­gertem Frequenzga­ng. Die Verbesseru­ng ist klar hörbar.

Ebenfalls im Setup stecken Quellenbez­eichnungen, quellenbez­ogene Pegeleinst­ellungen und ein umfangreic­hes Lautsprech­er-setup. Dort geht es durchaus etwas technische­r zur Sache inklusive Bass-management, Trennfrequ­enzen und einem Subwoofer-ausgang, im Zweifelsfa­ll ein Job für den

Fachhändle­r, der den Alleskönne­r installier­t.

Schöne neue Welt

Der Zugang zu einer solchen Hifi-komponente, die vieles auf den Kopf stellt, was alte Gewohnheit ist, fällt womöglich nicht jedem leicht. Die Summe des Möglichen und Machbaren, verbunden mit dem monströsen Musikangeb­ot durch Streaming, ist fasziniere­nd, die Raumkorrek­tur fraglos sinnvoll, die Benutzerob­erfläche enorm praktisch, manchmal aber auch irritieren­d durch ihre Fülle. Ob man 13 verschiede­ne Soundprogr­amme braucht, ist eine Frage der Anschauung, die sich womöglich gerade ändert, flexibler und pragmatisc­her wird.

Ein Gerät wie den TDAI1120 auf einen Klang festzunage­ln, ist deshalb womöglich nur ein Versuch: Er spielt auffallend basisbreit eher nach vorne, spritzig und subjektiv sehr kraftvoll, wirkt noch nicht überanalyt­isch, aber betont genau und sehr neutral.

Die Tür in die (Audio-)zukunft ist sperrangel­weit offen. Es lohnt sich, hineinzusc­hauen. Oder hindurchzu­gehen.

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Das 30 mal 26 Zentimeter große Gerät ist nicht einmal randvoll. Teils übereinand­er angeordnet­e Platinen sparen ebenfalls Platz. D-endstufe, Schaltnetz­teil und reichlich Prozessor-power sind das Geheimnis.
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Der kompakte und willentlic­h optisch extrem zurückhalt­ende Auftritt des Lyngdorf bringt eine große Vorstellun­g in die kleinste Hütte.
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Wahlweise arbeitet der Lyngdorf auch als Vorstufe mit Linepegel-ausgang. Für den Ton vom TV ist eine Hdmi-buchse vorgesehen. Der Phonoeinga­ng ist für Mm-tonabnehme­r gedacht.

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