Lyngdorf tdai-1120
Hier sind die Lyngdorf-nachrichten von der vordersten Technikfront: Der „Streaming Amplifier“TDAI-1120 ist die Blaupause für die Zukunft der Unterhaltungselektronik und das „Center Of Your Home Entertainment“.
028
Wenn zwischen der Installtion der App und dem ersten Ton aus den Lautsprechern keine drei Minuten liegen, darf man sicher sein, es mit Profis zu tun zu haben. Das breite Grinsen der Tester nach der Installation der Lyngdorf Remote App auf einem Androidtablet sollte man gesehen haben, um eine Ahnung davon zu bekommen, dass es auch ganz anders laufen kann. Zumal dann, wenn es um eine Komponente geht, die wahlweise als
„Streaming Amplifier“oder „Innovativer Medienplayer“mit „vollständiger Ip-steuerung“und „Roomperfect“-raumkorrektur bezeichnet wird.
Tester, die im Feuer der Digitalisierung – und der damit verbundenen Suche nach dem Fehler – gehärtet wurden, mag das weniger anfechten als den berühmten Endkunden, dessen heimisches Netzwerk vom 14-jährigen Nachwuchs betreut wird. Letzterer könnte dem Papa aber immerhin versichern, dass im Falle eines Falles sämtliche Setup- und Kalibrierungsdaten des TDAI-1120 auf einem Usb-stick gesichert sind und die Software mit diesem Backup zurückgesetzt werden kann.
Aber was ist der Lyngdorf eigentlich nun genau? Nun, er ist mit ziemlicher Sicherheit ein Vollverstärker, respektive das, was in Zukunft so genannt werden wird. Die Zukunft, das heißt in puncto Verstärker zunächst einmal ein kompaktes Design mit D-leistungsstufe und
Schaltnetzteil. Allein diese beiden Faktoren garantieren für deutlich kleinere Abmessungen, als man das bisher gewohnt war. Zukunft bedeutet aber auch, dass das zugespielte Musikmaterial in erster Linie aus dem Netz kommt, genauer formuliert, es stammt aus einem heimischen Speicher, einem tragbaren Speichermedium oder von einem Streamingdienst. In der Praxis formuliert Lyngdorf das so: „...offers a great variety of streaming options.“Man darf
das gerne als Wink mit dem Zaunpfahl in Bezug auf die zukünftig unumgängliche Grundausstattung eines „Vollverstärkers“sehen, der sich inzwischen von den ersten digitalen Gehversuchen in Form des „Power-dac“über „Vollverstärker mit DAC“nun zu einem digitalen Home-entertainmentCenter mit eingebauter Endstufe wandelt.
Dass Internet-radio, Streamingdienste, Dlna-unterstützung, Airplay, Bluetooth und die Wiedergabe irgendwo lokal gespeicherter Dateien in Form von USB als Komplettpaket in einen Vollverstärker oder in eine Art von Komplettanlage „hineinwachsen“würden, war freilich zu erwarten. Dass sich diese Austattung allgemein durchsetzen wird, ist sicher, wobei andere Hifi-„philosophien“, die sicher weiter existieren werden, Gefahr laufen, einen Retrostempel aufgedrückt zu bekommen. Was keinen Beinbruch darstellen wird, sondern eher eine Bereicherung der gebotenen Vielfalt. Dass der Lyngdorf dennoch ein wenn auch überschaubares Angebot an „alten“Digitaleingängen (optisch und koaxial) sowie tatsächlich noch zwei analoge Eingänge (einer davon Phono!) bereithält, ist ebenso erfreulich wie weitsichtig, immerhin ist damit zu rechnen, dass uns das Kultobjekt Plattenspieler noch sehr lange begleiten wird.
Schnittstellen steuern
Bevor man sich mithilfe eines Smartphones oder eines Tablets in die Tiefen der Software begibt, steht die Frage im Raum, wie so ein Gerät bedient wird. Knöpfe und Schalter wären der Sache nicht mehr gewachsen, womit die Front des mit zweimal 120 Watt Nennleistung versehenen TDAI-1120 äußerst überschaubar wird. Den Pegelsteller hat man uns zwar gelassen, ein winziger Dreh- und Druckknopf zur Quellenwahl wird uns vielleicht auch nicht mehr aus dem Sofa locken und damit sind wir im Optimalfall eher bei einem Pad als bei einem deutlich kleineren Smartphone-display angelangt. Wenn wir noch Album-cover ordentlich sehen wollen. Die App
„Lyngdorf Remote“stellt die erste Stufe des Zugangs zu dem kleinen Alleskönner dar und versorgt den User, der gut daran tut, vorab einmal über den kompletten Funktionsumfang zu schauen, steile Lernkurve inklusive, mit den grundlegenden Funktionen wie Pegelsteller und Eingangswahl, zudem mit den einfachen Streaming-funktionen.
Damit ist ein Schnelleinstieg möglich, wobei die Schaltflächen der App ruhig größer ausfallen könnten. Aber nach der nächsten Version ist bekanntermaßen vor der übernächsten Version. Deutlich größer dürfte übrigens auch der Schriftgrad der Din-a5-bedienungsanleitung ausfallen, die immerhin 30
Seiten umfasst. Dennoch stellt der TDAI-1120 noch keine Doktorarbeit über digitale HifiTechnik dar, weil sich vieles intuitiv erschließt.
Wer schließlich tiefer in die Materie eindringt, landet bei der zweiten Bedienebene, die auf einer browserbasierten Benutzeroberfläche basiert. Hier stecken das komplette Setup und
„Ohne umfangreiche akustische Anpassungen liefert der TDAI-1120 ein Soundsystem mit optimalem Frequenzgang.“
natürlich die Lyngdorf-spezialität namens Roomperfect, eine Einmess- und Korrekturroutine für – oder besser: gegen – die akustischen Eigenschaften des Hörraums. Mithilfe eines Messmikrofons im Lieferumfang klappt das Einmessen, begleitet von den Algorithmen der App, völlig problemlos, ebenso das informative Umschalten zwischen korrigiertem und nichtkorrigertem Frequenzgang. Die Verbesserung ist klar hörbar.
Ebenfalls im Setup stecken Quellenbezeichnungen, quellenbezogene Pegeleinstellungen und ein umfangreiches Lautsprecher-setup. Dort geht es durchaus etwas technischer zur Sache inklusive Bass-management, Trennfrequenzen und einem Subwoofer-ausgang, im Zweifelsfall ein Job für den
Fachhändler, der den Alleskönner installiert.
Schöne neue Welt
Der Zugang zu einer solchen Hifi-komponente, die vieles auf den Kopf stellt, was alte Gewohnheit ist, fällt womöglich nicht jedem leicht. Die Summe des Möglichen und Machbaren, verbunden mit dem monströsen Musikangebot durch Streaming, ist faszinierend, die Raumkorrektur fraglos sinnvoll, die Benutzeroberfläche enorm praktisch, manchmal aber auch irritierend durch ihre Fülle. Ob man 13 verschiedene Soundprogramme braucht, ist eine Frage der Anschauung, die sich womöglich gerade ändert, flexibler und pragmatischer wird.
Ein Gerät wie den TDAI1120 auf einen Klang festzunageln, ist deshalb womöglich nur ein Versuch: Er spielt auffallend basisbreit eher nach vorne, spritzig und subjektiv sehr kraftvoll, wirkt noch nicht überanalytisch, aber betont genau und sehr neutral.
Die Tür in die (Audio-)zukunft ist sperrangelweit offen. Es lohnt sich, hineinzuschauen. Oder hindurchzugehen.