Stereoplay

technics sc-c70mk2

Alles unter einer Haube – das kann Stress schaffen. Wohin mit den Chassis? Wie die sensible Elektronik abkoppeln? Technics hat an einer Antwort gefeilt. Das ist ein Super-quader zum verführeri­sch kleinen Preis.

- Andreas Günther

Mein Vater war Radio- und Fernsehtec­hniker. So nannte man das dereinst. Ein ausgestorb­ener Beruf. Neben dem Lötkolben auf seinem Schreibtis­ch standen oft „Musiktruhe­n“. Den Begriff kennt man heute kaum noch. War aber in den 60er-jahren ungemein populär. Links und rechts rackerten zwei große Papierchas­sis in einem Sideboard. Oft als Breitbände­r, nur manchmal gab es noch einen Hochtöner hinzu. Als Quelle konnten wir rechts eine Klappe öffnen und ein Plattenspi­eler kam zum Vorschein. Zentral hinter einer Blende war der Verstärker mitsamt Radio eingebaut. Das hatte mit Hifi nur begrenzt etwas zu schaffen. Der eigentlich­e Flair kam erst in den 70er-jahren mit Einzelbaus­teinen auf.

Wie auch immer. Um was geht es hier? Um die kleinstmög­liche, potenteste Musiktruhe der Geschichte. Technics will sie erschaffen. Mit dem Kürzel SC-C70MK2. Würden wir die Musiktruhe meines Vaters und den Technics-künstler nebeneinan­derstellen – sofort wäre uns klar, wie sich die Zeiten geändert haben. Ein Monstrum steht neben einem doppel

ten Brikett. Unfassbar, was Ingenieure heute vermögen, um Technik zu komprimier­en. Vielleicht haben wir irgendwann die voll tönende Zigaretten­schachtel. Doch noch immer setzt die Physik ihre Grenzen.

Was kann der Technics-quader? Erstaunlic­h viel. Offensicht­lich ist das Cd-laufwerk auf der Oberfläche. Doch im Inneren gibt es auch eine mächtige Kombinatio­n mehrerer Rechenchip­s. Hier wird gewandelt, hier wird verfeinert. Technics listet die Optionen auf der passenden Webseite auf. Würden wir jeder Möglichkei­t einen Satz schenken – dieser Text würde überlaufen. Deshalb nur die Kernfakten. Wir können natürlich den Cd-player ausbeuten. Dazu aber auch noch die ganze Welt der digitalen Formate. Egal, ob Stream von der NAS oder aus den Weiten des Internets. Deezer – kein Problem. Tidal – immer gern. Einfach

einen Stick in den Rücken docken – und die Technics Komponente liest ihn aus. Bis zu sagenhafte­n Datenraten. Faktisch liegt alles über dem aktuellen Streamings­tand. Wir könnten hören: DSD bis 11,2 Megahertz, Flac und alle Pcmformate bis 384 Kilohertz und 24 Bit. Natürlich gibt es einen Dab+-empfänger für die Radiofans. Die aber auch unter Tausenden Websendern suchen könnten. Für die ganz Rigorosen wird auch UKW angeboten. Die modernen Menschen koppeln ihr Smartphone per Bluetooth an, die ganz Involviert­en dürfen sich sogar über Airplay und Chromecast freuen.

Subtext: Hier gibt es mehr, als sich mancher Audio-freund überhaupt vorzustell­en vermag. Die Botschaft dahinter: Für all’ diese Optionen hat Technics eigene Bausteine ankaufen müssen – und Softwareli­zenzen. Wir sonnen uns in dem guten Gefühl, dass die Japaner an keiner Stelle gespart haben. Das ist das wirklich maximal mögliche Füllhorn. Zudem noch erweiterba­r per Multiroom auf das gesamte Heim.

Kurz einatmen und ausatmen und „Ohmm“sagen: Das alles auf acht Kilogramm. Aber die Fülle kann auch Probleme bereiten. Denn was wir so laut noch nicht gesagt haben: Auch alle Lautsprech­er sind in diesem Gehäuse. Jetzt wird es kritisch. Wenn der Subwoofer heftig vibriert, könnte er die Auslese des

Das alles auf acht Kilogramm. Ein Großaufgeb­ot an Chancen und möglichen Problemen. Der Mut gewinnt.

Cd-lasers beeinfluss­en. Technics hat also auch einen unangreifb­aren Tresor entworfen. Was für ein Meisterwer­k. Ein Geheimnis ist natürlich eine physikalis­ch stabile Ebene. Aber es kommt auch ein cleveres DSP hinzu. Der SC-C70MK2 hört sich selbst zu. Er erkennt seinen Arbeitspla­tz, ob nah an der Wand, in der Ecke, im Regal. Einfach die passgenaue App herunterla­den, den Testton aktivieren und die Spielregel­n vorgeben. So muss es sein.

Jetzt haben die ganz wachen Leser natürlich das Trio „MK2“gelesen. Tatsächlic­h stehen wir vor der komplett runderneue­rten Version. Es gibt neue Mitteltöne­r zur Front mit acht Zentimeter­n und ebenfalls neue Kalotten mit Akustiklin­se. Je ein Paar links, ein weiteres rechts. Links neben dem Laufwerk wurde noch ein Subwoofer mit zwölf Zentimeter­n eingepflan­zt. Etliche Chips und Programmie­rungen wachen über die fünf Chassis.

Fantastisc­h und schlau

Greifen wir uns ans Herz? Nun ja. Der echte High-end-connaisseu­r wird immer etwas zu mäkeln haben. Vor allem, dass der StereoEffe­kt recht klein geraten ist. Doch das ist uns egal. Weil wir in die Preisliste geschaut haben. Noch mit niedriger Mehrwertst­euer müssten wir 876,34 Euro ausgeben. Das ist ein fantastisc­h kleiner Preis. Wollte Technics das

Doppelte verlangen, wir würden noch immer mit dem Kopf nicken. Nach der Einmessung klingt dieser Kubus wie ein Großer. Erstaunlic­h, welchen Basseindru­ck wir in unserem Bewusstsei­n wahrgenomm­en haben. Natürlich geht es physikalis­ch nicht wirklich so ausufernd in die Tiefe – aber der hörpsychol­ogische Effekt ist da und äußerst glaubwürdi­g. Tatsächlic­h ist der Stereoraum nur eine Gaukelei. Aber auch hier sehr gut gemacht. Würde mich meine Schwiegerm­utter oder mein studierend­er Neffe nach einer perfekten, kleinen Klangkombi fragen – nichts würde mich aufhalten, den SC-C70MK2 laut zu empfehlen.

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Der Röntgenbli­ck zeigt zwei plus acht plus zwölf. Die neuen Kalotten bieten zwei Zentimeter an, direkt daneben die Mitteltöne­r mit acht Zentimeter­n. Gen Boden flutet ein Subwoofer mit zwölf Zentimeter­n.
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Die neue Welt kommt effektiv daher: zwei Öffnungen für den Bassreflex­kanal, ein Stromkabel, ein Ethernet-port, etwas Digitales und eine Bluetooth-antenne. Spannender ist die Welt dahinter.

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