technics sc-c70mk2
Alles unter einer Haube – das kann Stress schaffen. Wohin mit den Chassis? Wie die sensible Elektronik abkoppeln? Technics hat an einer Antwort gefeilt. Das ist ein Super-quader zum verführerisch kleinen Preis.
Mein Vater war Radio- und Fernsehtechniker. So nannte man das dereinst. Ein ausgestorbener Beruf. Neben dem Lötkolben auf seinem Schreibtisch standen oft „Musiktruhen“. Den Begriff kennt man heute kaum noch. War aber in den 60er-jahren ungemein populär. Links und rechts rackerten zwei große Papierchassis in einem Sideboard. Oft als Breitbänder, nur manchmal gab es noch einen Hochtöner hinzu. Als Quelle konnten wir rechts eine Klappe öffnen und ein Plattenspieler kam zum Vorschein. Zentral hinter einer Blende war der Verstärker mitsamt Radio eingebaut. Das hatte mit Hifi nur begrenzt etwas zu schaffen. Der eigentliche Flair kam erst in den 70er-jahren mit Einzelbausteinen auf.
Wie auch immer. Um was geht es hier? Um die kleinstmögliche, potenteste Musiktruhe der Geschichte. Technics will sie erschaffen. Mit dem Kürzel SC-C70MK2. Würden wir die Musiktruhe meines Vaters und den Technics-künstler nebeneinanderstellen – sofort wäre uns klar, wie sich die Zeiten geändert haben. Ein Monstrum steht neben einem doppel
ten Brikett. Unfassbar, was Ingenieure heute vermögen, um Technik zu komprimieren. Vielleicht haben wir irgendwann die voll tönende Zigarettenschachtel. Doch noch immer setzt die Physik ihre Grenzen.
Was kann der Technics-quader? Erstaunlich viel. Offensichtlich ist das Cd-laufwerk auf der Oberfläche. Doch im Inneren gibt es auch eine mächtige Kombination mehrerer Rechenchips. Hier wird gewandelt, hier wird verfeinert. Technics listet die Optionen auf der passenden Webseite auf. Würden wir jeder Möglichkeit einen Satz schenken – dieser Text würde überlaufen. Deshalb nur die Kernfakten. Wir können natürlich den Cd-player ausbeuten. Dazu aber auch noch die ganze Welt der digitalen Formate. Egal, ob Stream von der NAS oder aus den Weiten des Internets. Deezer – kein Problem. Tidal – immer gern. Einfach
einen Stick in den Rücken docken – und die Technics Komponente liest ihn aus. Bis zu sagenhaften Datenraten. Faktisch liegt alles über dem aktuellen Streamingstand. Wir könnten hören: DSD bis 11,2 Megahertz, Flac und alle Pcmformate bis 384 Kilohertz und 24 Bit. Natürlich gibt es einen Dab+-empfänger für die Radiofans. Die aber auch unter Tausenden Websendern suchen könnten. Für die ganz Rigorosen wird auch UKW angeboten. Die modernen Menschen koppeln ihr Smartphone per Bluetooth an, die ganz Involvierten dürfen sich sogar über Airplay und Chromecast freuen.
Subtext: Hier gibt es mehr, als sich mancher Audio-freund überhaupt vorzustellen vermag. Die Botschaft dahinter: Für all’ diese Optionen hat Technics eigene Bausteine ankaufen müssen – und Softwarelizenzen. Wir sonnen uns in dem guten Gefühl, dass die Japaner an keiner Stelle gespart haben. Das ist das wirklich maximal mögliche Füllhorn. Zudem noch erweiterbar per Multiroom auf das gesamte Heim.
Kurz einatmen und ausatmen und „Ohmm“sagen: Das alles auf acht Kilogramm. Aber die Fülle kann auch Probleme bereiten. Denn was wir so laut noch nicht gesagt haben: Auch alle Lautsprecher sind in diesem Gehäuse. Jetzt wird es kritisch. Wenn der Subwoofer heftig vibriert, könnte er die Auslese des
Das alles auf acht Kilogramm. Ein Großaufgebot an Chancen und möglichen Problemen. Der Mut gewinnt.
Cd-lasers beeinflussen. Technics hat also auch einen unangreifbaren Tresor entworfen. Was für ein Meisterwerk. Ein Geheimnis ist natürlich eine physikalisch stabile Ebene. Aber es kommt auch ein cleveres DSP hinzu. Der SC-C70MK2 hört sich selbst zu. Er erkennt seinen Arbeitsplatz, ob nah an der Wand, in der Ecke, im Regal. Einfach die passgenaue App herunterladen, den Testton aktivieren und die Spielregeln vorgeben. So muss es sein.
Jetzt haben die ganz wachen Leser natürlich das Trio „MK2“gelesen. Tatsächlich stehen wir vor der komplett runderneuerten Version. Es gibt neue Mitteltöner zur Front mit acht Zentimetern und ebenfalls neue Kalotten mit Akustiklinse. Je ein Paar links, ein weiteres rechts. Links neben dem Laufwerk wurde noch ein Subwoofer mit zwölf Zentimetern eingepflanzt. Etliche Chips und Programmierungen wachen über die fünf Chassis.
Fantastisch und schlau
Greifen wir uns ans Herz? Nun ja. Der echte High-end-connaisseur wird immer etwas zu mäkeln haben. Vor allem, dass der StereoEffekt recht klein geraten ist. Doch das ist uns egal. Weil wir in die Preisliste geschaut haben. Noch mit niedriger Mehrwertsteuer müssten wir 876,34 Euro ausgeben. Das ist ein fantastisch kleiner Preis. Wollte Technics das
Doppelte verlangen, wir würden noch immer mit dem Kopf nicken. Nach der Einmessung klingt dieser Kubus wie ein Großer. Erstaunlich, welchen Basseindruck wir in unserem Bewusstsein wahrgenommen haben. Natürlich geht es physikalisch nicht wirklich so ausufernd in die Tiefe – aber der hörpsychologische Effekt ist da und äußerst glaubwürdig. Tatsächlich ist der Stereoraum nur eine Gaukelei. Aber auch hier sehr gut gemacht. Würde mich meine Schwiegermutter oder mein studierender Neffe nach einer perfekten, kleinen Klangkombi fragen – nichts würde mich aufhalten, den SC-C70MK2 laut zu empfehlen.
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