Mack Avenue
Gut zwei Jahrzehnte ist das Jazzlabel Mack Avenue am Start. Und es prägt inzwischen nicht nur den Westcoast-sound, sondern auch die Idee eines perfekten Studioklangs. Ralf Dombrowski hat sich die Aufsteiger näher angesehen.
Gut zwei Jahrzehnte ist das Jazzlabel Mack Avenue am Start. Und es prägt inzwischen nicht nur den Westcoast-sound, sondern auch die Idee eines perfekten Studioklangs.
Gretchen Valade saß am Klavier, komponierte Lieder im Stile von Nat ‚King‘ Cole und überlegte sich, ob man solche Musik nicht öfter auch mal aufnehmen könnte. Das war Ende der 1990er-jahre in Detroit und da die Lady zum Kreise der Carhartt-familie gehört, die abseits der Musik mit
Textilien gut Geld verdient, konnte sie ein Label gründen, das unter dem Signum Mack Avenue bald Künstler wie George Shearing oder Terry Gibbs unter Vertrag nahm. Der Bedarf war groß, die neotraditionalistische Jazz-szene Amerikas florierte und so kamen zu den alten Meistern bald junge
Kollegen wie Christian Mcbride, Christian Sands oder Cécile Mclorin Salvant, außerdem reichlich große Namen wie Stanley Clarke, Kenny Garrett, Gary Burton hinzu. Im Jahr 2006 eröffnete Mack Avenue seine Dépendance in Los Angeles und entwickelte sich seitdem zu einer der zentralen
Anlaufstellen für anspruchsvoll modernen und zugleich traditionellen Jazz, mit klarer Stilvorstellung und ebenso präziser Soundidee. „Erstaunlich, dass sie mich auf die Klangqualität ansprechen“, meint Denny Stilwell, President of the Mack Avenue Music Group, „weil wir eigentlich kein festes Setting,
Equipment oder Personal haben, das wir für jede Aufnahme verwenden. Die Entscheidungen werden von den Künstlern getroffen. Das Resultat muss ihnen gefallen und das widerspiegeln, was sie beim Komponieren gehört haben.“
Musik an erster Stelle
Ein wenig Understatement schwingt dabei mit, denn so wenig sich Stilwell festlegen will, so klar hört man auf der anderen Seite ein ästhetisches Konzept hinter den Aufnahmen, das versucht, die überwiegend akustischen Settings der Studioarbeit mit möglichst volltönender, natürlicher und letztlich vinylnah warmer Opulenz umzusetzen. Will Wakefield, Direktor of A&R bei Mack Avenue, sieht das sehr pragmatisch: „Wir versuchen einfach, die besten Musiker in den besten Studios vor den besten Mikrophonen zu haben. Da sind Neve und Neumann dabei, ebenso Shure und zuweilen benützen wir Lynx und Dangerous Konverter. Aber das sind sehr allgemeine Vorgaben. Die Klangästhetik ergibt sich aus der Musik.“
Denny Stilwell fügt mit Blick auf Vinyl noch hinzu: „Die höchstauflösenden Vorlagen bekommen wir über Chris Muth bei Taloowa Corp. und hergestellt wird bei RTI oder Kindercore.
Um möglichst viel Dynamik zu ermöglichen, pressen wir nicht mehr als 18 Minuten auf eine Seite, meist auf 180 Gramm, wobei üblicherweise inzwischen 140 bis 150 Gramm genügen, die bereits deutlich gehaltvoller sind als die 120 Gramm von einst“. Die Technik, Stilwell schmunzelt. Denn sie ist nur ein Baustein. Was wirklich zählt, ist die Musik.
Und da hat Mack Avenue auch in Zukunft einiges zu bieten. Die Sängerin Cécile Mclorin Salvant ist bereits im Grammy-reigen präsent und gilt als eine der zunehmend maßgeblichen Stimmen der Jazz-gegenwart. Der Pianist Aaron Diehl könnte ein würdiger Nachfolger für John Lewis werden und der Vibraphonist Warren Wolf sein Vorbild Milt Jackson beerben. Sogar die WDR Big Band hat unlängst zusammen mit den Fusion-veteranen Yellowjackets den Weg in den Künstlerstamm des Labels gefunden. Das alles im feinsten Klanggewand.