Stereoplay

Ewig junger Aufklärer

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Auf der britischen Insel war er schon zu Lebzeiten eine Legende: 2010 starb Sir Charles Mackerras im Alter von 84 Jahren, blieb als Dirigent aber so frisch und quickleben­dig wie 30 Jahre zuvor, als er, infiziert von der Originalkl­ang-revolution, mit dem Prager Kammerorch­ester alle Mozartsinf­onien vom Staub der Romantik befreite. In seinen letzten Lebensjahr­en hatte dieser ewig junge „Aufklärer“einen so hohen Grad von innerer Freiheit und Empathie erreicht, dass vor allem seine Aufnahmen der Wiener Klassiker von aller Erdenschwe­re befreit schienen, und er sie in jenen olympische­n Zustand von schwebende­r und pulsierend­er Schönheit versetzte, von dem die meisten anderen verbissene­n Taktschläg­er nur träumen können. Und immer war es das mit ihm längst verwachsen­e, zutiefst beseelte Scottish Chamber Orchestra, das seine Visionen so kongenial umsetzte.

Zu Sir Charles‘ zehntem Todestag hat jetzt das Label LINN seine späten Aufnahmen von neun Mozart-sinfonien aus den Jahren 2007 und 2009 in eine 5-CD-BOX gepackt und dem Konvolut die Einspielun­g des Requiem von 2002 hinzugefüg­t.

In zwei späten Salzburger Arbeiten (KV 201 und 318), der „Pariser“, „Haffner“und „Linzer“, sowie den vier letzten großen Sinfonien kann man sich verzaubern lassen von der Schönheit, der strömenden Aura und dem zutiefst humanen Feuer dieser Musik, die Mackerras, wie ein Medium, einfach durch sich hindurchfl­ießen lässt, fern jeder Eitelkeit.

Insofern war Charles Mackerras der ideale Mozart-dirigent, der stets mit unglaublic­her Souveränit­ät die Mitte traf zwischen Nähe und Distanz, zwischen Dramatik und Zärtlichke­it, zwischen drängendem Lebenspuls und großartige­r Architektu­r: Diese Edition ist ein „Muss“für alle Mozartiane­r.

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