Kühle Eleganz, gleißende Ekstase
Ein konservativer Schnarchsack oder eine Art Brahms geteilt durch Gounod: So oder so ähnlich klingt Saint-saëns im Tal der musikalisch Ahnungslosen – und zwar reproduktiv wie rezeptiv, auf Interpreten- wie Hörerseite. Und fürwahr: Seine vom kinetischen Impuls belebte, von kühler Eleganz perlende, aber auch in gleißender Ekstase leuchtende Musik ist empfindlich gegen Mangel an Esprit, fordert eine spezifische Sensibilität aus kognitivem Spürsinn und feinmotorischer Delikatesse.tugenden, die exakt das Spiel der hochkarätigen Dreifaltigkeit auf dieser CD umschreiben. Die Akkordpyramiden im Zwölfachteltakt zu Beginn des d-moll-trios etwa sind beim Pianisten Bertrand Chamayou dank exakter Pedalisierung und differenzierender Artikulation eine Klanggestalt und kein Kulissenqualm. Und wie Renaud Capuçon sein Instrument im Allegro-molto-finale der d-moll-violinsonate in hoher Lage jubilieren lässt, ist genau einer jener ekstatischen Momente: glühend ohne himmelhängende Schmachtgeige. Zugleich wird im Perpetuum-mobile-getriebe dieses Satzes der heiße Reifen vom Geiger wie vom Pianisten mit einer Rasanz und Prägnanz gefahren, dass dem „alten“Saint-saëns eine völlig plausible Vorahnung von Modern-times-motorik in die Knochen fährt. Überhaupt stehen in den Highspeed-passagen die interpretatorische Zuverlässigkeit eines beschleunigten Schweizer Präzisionsuhrwerks in keinem Widerspruch zu leidenschaftlicher Expressivität.vielmehr beflügelt sich beides gegenseitig, in typischem Saint-saëns-stil. In der c-moll-cellosonate bringt Edgar Moreau die Dramaturgie von sonorer Kantilene, charakteristisch akzentuierter Tongebung und rhythmischem Brio in bewegende Spannung, bis hin zu den vulkanischen Siedegraden des Finales.vergleichbares gilt fürs ganze Interpretentrio: Klarheit und phrasierender Feinschliff, Temperament und superbe Technik berühren sich, den Hörer – und kongenial die Werke.
Erato / Warner 0190295167103 (75:51)