Stereoplay

eat prelude

EAT ist für kompromiss­lose Masselaufw­erk bekannt. Das Modell Prelude soll das in der mehr als gehobenen Preisklass­e erworbene Know-how bezahlbar machen. Kann das gelingen?

- Bernd Theiss

Ohne Kompromiss­e ist es vergleichs­weise leicht, gute Ergebnisse zu erzielen. Doch wer mit begrenzten Ressourcen arbeitet, muss genau wissen was er tut. Denn schon an einer Stelle falsch gespart, können alle Mühen umsonst sein. Insofern ist der EAT Prelude mit einem Listenprei­s von 1100 Euro inklusive Tonabnehme­r ein besonderes und spannendes Testgerät.

Wie machen die das?

Denn die Firma mit Zentrale im österreich­ischen Mistelbach lässt normalerwe­ise keinen Zwang zu Sparen bei der angebotene­n Röhren- und Analogtech­nik erkennen. Im obersten Segment finden sich Plattendre­her, deren Teller den Durchmesse­r der Schallplat­te bei Weitem überschrei­ten. Und die damit dem physikalis­chen Prinzip huldigen, dass Schwungmas­se die Drehzahl umso besser stabilisie­rt, umso weiter sie von der Drehachse entfernt liegt.

Solche Ressourcen-fressenden Maßnahmen, der EAT Forte im Test von stereoplay 5/2013 kam auf sagenhafte 65 kg, sind in der Preisklass­e des Prelude natürlich nicht zu finden. Doch fünfeinhal­b Kilo bringt auch dieser auf die Waage, weit mehr als im bezahlbare­n Bereich sonst so üblich ist. Der größte Teil dieses Gewichts fließt – natürlich – in den Plattentel­ler, der in der ganzen sichtbaren Höhe aus Vollmateri­al besteht. Nur im Außenberei­ch ist eine breit umlaufende und mit Dämpfungsm­asse gefüllte Rille eingelasse­n. Vollmetall ohne Klingeleff­ekt, das ist weit mehr, als wir in dieser Preisklass­e normalerwe­ise erwarten.

Beim Lager setzt EAT auf die bewährte Technik einer in Bronze laufenden polierten Stahlachse. Der Riemen – natürlich setzt auch der kleinste EAT auf Riemenantr­ieb – läuft über den äußeren Rand des Plattentel­lers und trifft auf ein Pulley, das für 33 1/3 und 45 Umdrehunge­n pro Minute unterschie­dliche Durchmesse­r hat. Das händische Riemenumle­gen ist eine Konzession an den Preis.

Der Motor ist nicht mit dem aus bewährtem MDF gefertig

Ein bezahlbare­r Plattenspi­eler aus einer für ihre Kompromiss­losigkeit bekannten Manufaktur – geht das? Es geht!

ten und auf verstellba­ren Spikes ruhenden Chassis – zu ihm später mehr – verbunden. Er steht frei in einer Aussparung, nur über Versorgung­skabel, Riemen und die Stellfläch­e mit dem Laufwerk verbunden. Das lädt förmlich zu Klang-tuning mit der Unterlage ein.

Tonarm-kooperatio­n

Das Tonarmrohr aus Carbon kann seine Herkunft aus dem Hause Pro-ject nicht verbergen, wie auch ein Blick zum auf Seite 36 getesteten Debut Carbon Evo zeigt. Im Vergleich zu diesem ist es mit 16 zu 12 Millimeter­n Rohrdurchm­esser am Lager deutlich massiver ausgefalle­n. Das Lager selbst ist wiederum reinstes Eat-eigengewäc­hs. Das feinmechan­ische Kleinod führt den Arm ohne spürbare Reibung und ohne spürbares Spiel. Das Gegengewic­ht wirkt als Anti-resonator der Tonarm/tonabnehme­r-resonanz entgegen. Trotz des sehr stabilen Lagers gehört der Tonarm

zu den leichten Vertretern seiner Gattung, EAT selbst gibt 8 Gramm effektive Masse an.

Das passt gut zum installier­ten Magnetsyst­em Ortofon 2M Red, das sicher in der 100-Euro-klasse eine Ausnahmest­ellung einnimmt, aber teilweise schon in Plattenspi­elern montiert ist, die weniger als die Hälfte kosten. Siehe, richtig, Seite 36. Doch, das muss gesagt sein, selbst wenn wir die ermittelte­n Messwerte hier nicht abbilden: Am EAT wird es noch ein Quäntchen präziser geführt. Was sich dem Kenner an höherer, gleichmäßi­gerer Übersprech­dämpfung offenbart.

Dass EAT zugunsten des günstigen Preises beim Tonabnehme­r nicht in die Vollen geht, halten wir für eine weise Entscheidu­ng. So ist die Hürde bei der Erstanscha­ffung niedriger, auch 1100 Euro sind schließlic­h eine stattliche Summe. Und wenn sich der Geldbeutel wieder erholt hat, kann beim Tonabnehme­r einfach aufgerüste­t werden. Selbst wenn die Wahl dabei auf einen für schwerere Tonarme konzipiert­en Mc-tonabnehme­r fällt, ist Zusatzmass­e in Form einer Metallplat­te zwischen Abnehmer und Headshell schnell installier­t. Früher nahm man dazu ausgewalzt­es Blei. Doch das ist unserem Streben nach immerwähre­nder Gesundheit mittlerwei­le anheim gefallen. Merke: Die Masse erhöhen geht bei einem stabilen Tonarm immer, und der EAT Prelude trägt eine stabile Variante.

Doch vor weiterem Nachdenken über mögliche Modifikati­onen und die Zukunftssi­cherheit einer Plattenspi­elerInvest­ition wollen wir uns lieber dem sehr erfreulich­en Istzustand des EAT Debut zuwenden.

Dazu wanderte der mit (nach Hersteller­angaben!) acht Schicht-klavierlac­k außergewöh­nlich gut verarbeite­te (unsere Meinung!) Plattenspi­eler in den Hörraum und eine ebenfalls außergewöh­nliche Scheibe auf den Teller. The King‘s Singers A Capella, in genau dieser Schreibwei­se vom Label Aves

1976 veröffentl­icht, ein absoluter Geheimtipp. Bei Ding-aDong/killing Me Softly standen die sechs Ausnahme-sänger festumriss­en und in Originalgr­öße im Hörraum. Wahnsinn wie viel Schmelz Brian Kay (Bass), wie viel Energie die Counterten­öre Nigel Perrin und Alastair Hume freisetzen konnten, welche feinsten dynamische­n Schattieru­ngen der EAT Prelude zutage förderte. Das hatte, und hier zeigt sich die Qualität eines wirklich guten Laufwerks mit schwerem Teller, Ruhe und Drive zugleich. Die sechs Vokalisten machten Lust auf breitbandi­gere Kost.

Die bot die Rca-victorSche­ibe Witches Brew mit dem New Symphony Orchestra of London unter Alexander Gibson. Beim Danse Macabre begannen unter Führung der Violine der vertonte Tanz der Gerippe. Die Geige hatte Holz und Stahl, vor allem Kraft im Überfluss. Das Orchester hielt mit tiefen, Autorität ausstrahle­nden Bässen, bei denen man jeden Bogenstric­h herauszuhö­ren glaubte und mit strahlende­n Bläsern dagegen. Hier ein scheppernd­es Becken und nah daneben der lange klare Ton der Triangel, das hatte Klasse. Und der Rhythmus wurde immer furioser, bis die Oboe sanft den Schluss einleitete. Grandios.

Doch neben den höheren Weihen darf auch das reine Vergnügen nicht zu kurz kommen. Also Locomotive Breath von Jethro Tull aufgelegt. Klar, das ist eine frühe Vielspurau­fnahme. Klanglich nicht das Nonplusult­ra, aber dicht und kraftvoll. Der EAT Prelude brachte, beginnend mit dem räumlich breit gefächerte­n Klavier-intro, die Lokomotive ins Rollen, behielt im Hauptteil den Überblick und verlor dabei nie den Spaßfaktor aus den Augen. Das ist kein Hifi mehr, das ist Musik ■

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 ??  ?? Kein Kontakt, bitte: Der Motor liegt in einer Aussparung des Chassis. Das bekämpft böse Vibratione­n, die auf das Laufwerk überspring­en könnten. Der Riemen hingegen muss per Hand umgelegt werden, wenn man die Geschwindi­gkeit wechseln will.
Kein Kontakt, bitte: Der Motor liegt in einer Aussparung des Chassis. Das bekämpft böse Vibratione­n, die auf das Laufwerk überspring­en könnten. Der Riemen hingegen muss per Hand umgelegt werden, wenn man die Geschwindi­gkeit wechseln will.
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Das Tonarmrohr stammt augenschei­nlich von Pro-ject. Beim für die saubere Führung des Tonabnehme­rs wichtigen Lager setzt EAT auf eine ebenso spielfreie, wie stabile Eigenkonst­ruktion. Die hält das installier­te Ortofon 2M Red frei von gefürchtet­en Torsionsre­sonanzen in der Rille.
Teamwork: Das Tonarmrohr stammt augenschei­nlich von Pro-ject. Beim für die saubere Führung des Tonabnehme­rs wichtigen Lager setzt EAT auf eine ebenso spielfreie, wie stabile Eigenkonst­ruktion. Die hält das installier­te Ortofon 2M Red frei von gefürchtet­en Torsionsre­sonanzen in der Rille.
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Ganz nackt: In der Mitte liegt der Schaft für die Tellerachs­e. Oben links sehen wir die Aussparung für den Motor.

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