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in-akustik AC-4004 AIR

Wir müssen verrückt sein. Ein Stromkabel für 2800 Euro? Das kratzt an Sinn und Sittlichke­it. Und doch sind wir fasziniert. in-akustik will hier das ganz große Experiment wagen.

- Andreas Günther ■

Die meisten Kabelherst­eller gieren nach Umsätzen bei Lautsprech­erkabeln. Dann folgen die Cinch-verwandten. Aber vor echten Stromkabel­n scheuen die meisten Hersteller zurück. Weil kleine Signale in der Regel keine bösen Folgen haben. Aber ein Stromkabel – da sieht man bei einem Fehler explodiere­nde Endstufen oder kleine Kinderhänd­er in der Nähe des Kurzschlus­ses.

Vorsicht vor Elefanten

Da braucht es Mut und Knowhow. Genau beides bringt inakustik nun mit einer Stromkabel-serie im hauseigene­n „Air“-konzept auf. Wir erinnern uns, wir haben oft gejubelt: Das Air-konzept bedeutet, dass die Signale nicht von Kunststoff getrennt werden, sondern von reiner Luft. Ein Stecksyste­m von Abstandhal­tern wird aneinander geklickt, dann die rohen Kupfer- oder sogar Silberkabe­l eingefloch­ten. Das schlimmste, was hier passieren könnte: Ein Elefant läuft über das Kabel und es kommt zum Kurzschlus­s der Kleinstsig­nale. Das kann anderen Hersteller­n auch passieren, Elefant vorausgese­tzt. Aber bei 230 Volt sieht die Sache anders aus. Also geht in-akustik auf Nummer sicher. Zwischen den

Abstandhal­tern werden nur ummantelte Kupferkabe­l eingefloch­ten. Also keine Angst beim direkten Kontakt. Das magische Rätsel lautet: acht plus acht plus eins. Acht braune Strippen liegen acht blauen Strippen gegenüber für Plus und Minus. Ein einzelner grün-gelber Vertreter übernimmt den Sicherheit­skontakt. Kann man machen. Aber wo bleiben die Vorteile des AirAufbaus? Da gibt es gleich mehrere. Die Magnetfeld­er bekämpfen sich gegenseiti­g – in diesem Kontext ist das Kabel streng neutral. Zudem soll der Skin-effekt reduziert werden – also der unterschie­dlich starke Stromfluss zwischen Leiterober­fläche und Kern.

Aber da ist wieder einmal der Punkt der Sicherheit, zumal in-akustik seine Stromkabel für den Weltmarkt anbietet. Das bedeutet unterschie­dliche Stecker und die nötige Robustheit bei den Steckverbi­ndungen. So gibt es in der Firmenzent­rale eine Marterkamm­er. Da wurde der Ur-typ des Kabels eingespann­t – 5000 Biegungen nach links, 5000 nach rechts – am Schluss musste alles perfekt und sicher funktionie­ren. Das Kabel hielt stand.

Jetzt kommt die kritische Nachricht: Man sollte einen richtig fetten Elektronik-parcours besitzen. Dazu keinerlei Hemmung bei größeren Geldausgab­en. Das Kabel, das Sie hier auf der Seite sehen, hört auf das Kürzel AC-4004 AIR, liegt bei 1,5 Metern und kostet 2800 Euro. Arghh – als Normalverd­iener greift man sich da ans Herz. Als High-end-connaiseur erwartet man mittlere Wunder.

Vorsicht vor dem Raubtier

Jetzt kommt genau der Moment den ich gefürchtet habe. Jeder Leser hat das Recht, mir die Pistole auf die Brust zu setzen und zu fragen: Soll ich dieses Kabel kaufen, lohnt sich die Investitio­n? Klares Ja, vorausgese­tzt mein Geld sitzt locker. Klares Nein, vorausgese­tzt ich bin sparsam aber audiophil unterwegs. Unseren Test machten wir an einem großen T+A Vollverstä­rker. Klar legte er an Kraft und Drive zu. Da gelangte mehr Grip auf den Asphalt. Alles wirkte kantiger, schwärzer – ein Panther in der Nacht. Aber zugleich wuchs auch die Sehnsucht. Genau das gleiche Kabel würde ich auch für den Streamer brauchen. Ich könnte ein Vermögen für meinen Fuhrpark ausgeben. Da entsteht eine Sucht. Also die Doppelbots­chaft: komplett entsagen, nicht das Raubtier anfassen, oder sich komplett hingeben.

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