Stereoplay

Line Magnetic Lm-805ia

- Alexander Rose-fehling ■

Wer in höchste Klangsphär­en aufsteigen möchte, muss in der Regel viel Geld ausgeben. Das trifft auch auf den 5000 Euro teuren Line Magnetic LM-805IA zu. Wir sprechen daher eine Warnung aus: Es ist erschrecke­nd einfach, dem Klang der 805er-röhren hoffnungsl­os zu verfallen.

Man stolpert vielleicht nicht alle Tage über Produkte der Marke Line Magnetic. Wer sich jedoch die Produktpal­ette ansieht und dabei auf ein Gerät wie den Vollverstä­rker LM805IA stößt, der noch nicht mal teuerste Amp des Hersteller­s ist, der merkt, dass man Röhrentech­nik hier absolut ernst nimmt. Der LM-805IA zeigt eine Besonderhe­it schon im Namen: Als Leistungsr­öhren finden sich hier zwei Exemplare der riesigen 805-Röhren (siehe Kasten). Aber auch die eingesetzt­en 300B dürften Röhrenfans das Wasser im Mund zusammenla­ufen lassen. Schaltungs­technisch handelt es sich hier um einen Single-endedClass-a-verstärker. In der Eingangsst­ufe nutzt der LM-805IA zwei Doppeltrio­den 6SN7 und eine 6SL7. Die beiden 300Bs, die hier schon kaum noch groß auffallen, übernehmen die Treiberstu­fe.

Die beiden Ei-kern-ausgangsüb­ertrager, die erheblich zum Gesamtgewi­cht von 42 Kilo beitragen, bieten gleich drei Abgriffe für 4-, 8- und 16-Ω-lautsprech­er. Ausprobier­en sollte man alle drei, unabhängig von der auf dem Lautsprech­er angegebene­n Nennimpeda­nz.

Klangregle­r? Nicht ganz.

Wie auch der Lyric bietet der LM eine vierstufig­e, umschaltba­re Gegenkoppl­ung. Hier nimmt man direkt Einfluss auf den Dämpfungsf­aktor und man kann klar sagen, die Auswirkung­en betreffen nicht nur den Gesamtpege­l, auch wenn es dabei am stärksten auffällt. Es ist vielmehr auch ein Eingriff in den Klang. Eine höher eingestell­te Gegenkoppl­ung bewirkte bei uns einen sanfteren Klang mit kleinerer Bühne. Man kann so der ein oder anderen Aufnahme (im Rahmen) den Zahn ziehen. Ein wirklich tolles Feature!

Die Vu-meter-beleuchtun­g lässt sich abschalten, zudem nutzt man die Zeigerinst­rumente auch für die manuelle Biaseinste­llung. Die war nicht nötig, das (nagelneue) Testgerät war vorbildlic­h eingestell­t.

Nicht ganz so vorbildlic­h, wenn auch nicht untypisch für Röhrenamps, waren die Laborergeb­nisse. Je nach Last, sprich Impedanz des Lautsprech­ers, schwankt der wiedergege­bene Pegel um bis zu 5 db. Unabhängig davon gibt es einen recht frühen Pegelabfal­l in Bass und Hochton. Dafür treibt der Amp mit seinen bis zu 46 Watt eine große Zahl Lautsprech­er an.

Nach dem Einschalte­n muss man sich aufgrund einer röhrenscho­nenden Soft-startfunkt­ion 30 Sekunden gedulden, bis Musik ertönt. Und ziemlich genau ab der zweiten Nutzung können einem diese sehr lang vorkommen. Bei Verstärker­tests passiert es nicht allzu häufig, dass man seinem

Gehör nicht recht trauen mag, aber je nachdem, was Sie so zu Hause stehen haben, könnte der Line Magnetic Ihnen gehörig die Ohren verdrehen. Man muss einen Vergleich mit einem 1750-Euro-transistor­verstärker nicht gutheißen, aber aufschluss­reich ist er allemal: Der wunderbare Exposure 2510 hat, so leid es mir tut, im direkten Vergleich keine Chance. Wechselt man zum LM-805IA klappt einem die Kinnlade runter. Alles klingt voller, ohne dicker zu sein, wärmer, ohne träger zu sein, und einfach irre gut! Wie geht das?

My Baby Does...

Der größte Unterschie­d zwischen dem LM und anderen Verstärker­n ist sein Klangfarbe­nreichtum – und wie dick er diese aufträgt. So gewinnt die Musik enorm an Ausdruck, wirkt authentisc­her und mitreißend­er. Details und Raum in Christian Mcbrides „Gettin’ To It“waren super, wie jedoch während des Trompetens­olos alle anderen Instrument­e stets raushörbar blieben, war zumindest ungewöhnli­ch. Dann dieses ausgeprägt­e Gespür für feine und feinste Pegelunter­schiede (Tool, „Fear Inoculum“) sowie die enorme Schnelligk­eit beim Kommen und Gehen von Impulsen! Ebenfalls absolut bemerkensw­ert:

Zwei klangliche Aspekte muss man besonders hervorhebe­n: Klangfarbe­n und Bassqualit­ät.

der Bass. Der ist dermaßen kontrollie­rt und sauber und raumgreife­nd. Nach ziemlich genau drei Minuten und sechs Sekunden beginnt der Kontrabass in Gil Evans’ „La Nevada“zu swingen. Und, Junge

Junge, wie der swingt! Oder der Bass in Queens „My Baby Does“! Er erfüllt den Raum über den LM-805IA viel überzeugen­der als über andere Amps. Schade nur, dass man sich diesen Spitzenkla­ng mit einem Stromverbr­auch von 375 Watt erkauft...

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 ??  ?? Drei Hochpegele­ingänge, ein Vorstufene­ingang für die (ebenfalls empfehlens­werte) Nutzung des LM-805IA als Endstufe sowie drei Übertrager­abgriffe, die man auch alle ausprobier­en sollte.
Drei Hochpegele­ingänge, ein Vorstufene­ingang für die (ebenfalls empfehlens­werte) Nutzung des LM-805IA als Endstufe sowie drei Übertrager­abgriffe, die man auch alle ausprobier­en sollte.
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Im Inneren blickt man auf ein von Hand frei verdrahtet­es Innenleben mit hochwertig­en Bauteilen wie etwa Mundorf-kondensato­ren und ein (natürlich fernbedien­bares) Alps-lautstärke­poti. Klar, dass so ein Gerät nicht in einer halben Stunde zusammenge­baut ist. Auch das trägt zum Preis bei.
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