Line Magnetic Lm-805ia
Wer in höchste Klangsphären aufsteigen möchte, muss in der Regel viel Geld ausgeben. Das trifft auch auf den 5000 Euro teuren Line Magnetic LM-805IA zu. Wir sprechen daher eine Warnung aus: Es ist erschreckend einfach, dem Klang der 805er-röhren hoffnungslos zu verfallen.
Man stolpert vielleicht nicht alle Tage über Produkte der Marke Line Magnetic. Wer sich jedoch die Produktpalette ansieht und dabei auf ein Gerät wie den Vollverstärker LM805IA stößt, der noch nicht mal teuerste Amp des Herstellers ist, der merkt, dass man Röhrentechnik hier absolut ernst nimmt. Der LM-805IA zeigt eine Besonderheit schon im Namen: Als Leistungsröhren finden sich hier zwei Exemplare der riesigen 805-Röhren (siehe Kasten). Aber auch die eingesetzten 300B dürften Röhrenfans das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Schaltungstechnisch handelt es sich hier um einen Single-endedClass-a-verstärker. In der Eingangsstufe nutzt der LM-805IA zwei Doppeltrioden 6SN7 und eine 6SL7. Die beiden 300Bs, die hier schon kaum noch groß auffallen, übernehmen die Treiberstufe.
Die beiden Ei-kern-ausgangsübertrager, die erheblich zum Gesamtgewicht von 42 Kilo beitragen, bieten gleich drei Abgriffe für 4-, 8- und 16-Ω-lautsprecher. Ausprobieren sollte man alle drei, unabhängig von der auf dem Lautsprecher angegebenen Nennimpedanz.
Klangregler? Nicht ganz.
Wie auch der Lyric bietet der LM eine vierstufige, umschaltbare Gegenkopplung. Hier nimmt man direkt Einfluss auf den Dämpfungsfaktor und man kann klar sagen, die Auswirkungen betreffen nicht nur den Gesamtpegel, auch wenn es dabei am stärksten auffällt. Es ist vielmehr auch ein Eingriff in den Klang. Eine höher eingestellte Gegenkopplung bewirkte bei uns einen sanfteren Klang mit kleinerer Bühne. Man kann so der ein oder anderen Aufnahme (im Rahmen) den Zahn ziehen. Ein wirklich tolles Feature!
Die Vu-meter-beleuchtung lässt sich abschalten, zudem nutzt man die Zeigerinstrumente auch für die manuelle Biaseinstellung. Die war nicht nötig, das (nagelneue) Testgerät war vorbildlich eingestellt.
Nicht ganz so vorbildlich, wenn auch nicht untypisch für Röhrenamps, waren die Laborergebnisse. Je nach Last, sprich Impedanz des Lautsprechers, schwankt der wiedergegebene Pegel um bis zu 5 db. Unabhängig davon gibt es einen recht frühen Pegelabfall in Bass und Hochton. Dafür treibt der Amp mit seinen bis zu 46 Watt eine große Zahl Lautsprecher an.
Nach dem Einschalten muss man sich aufgrund einer röhrenschonenden Soft-startfunktion 30 Sekunden gedulden, bis Musik ertönt. Und ziemlich genau ab der zweiten Nutzung können einem diese sehr lang vorkommen. Bei Verstärkertests passiert es nicht allzu häufig, dass man seinem
Gehör nicht recht trauen mag, aber je nachdem, was Sie so zu Hause stehen haben, könnte der Line Magnetic Ihnen gehörig die Ohren verdrehen. Man muss einen Vergleich mit einem 1750-Euro-transistorverstärker nicht gutheißen, aber aufschlussreich ist er allemal: Der wunderbare Exposure 2510 hat, so leid es mir tut, im direkten Vergleich keine Chance. Wechselt man zum LM-805IA klappt einem die Kinnlade runter. Alles klingt voller, ohne dicker zu sein, wärmer, ohne träger zu sein, und einfach irre gut! Wie geht das?
My Baby Does...
Der größte Unterschied zwischen dem LM und anderen Verstärkern ist sein Klangfarbenreichtum – und wie dick er diese aufträgt. So gewinnt die Musik enorm an Ausdruck, wirkt authentischer und mitreißender. Details und Raum in Christian Mcbrides „Gettin’ To It“waren super, wie jedoch während des Trompetensolos alle anderen Instrumente stets raushörbar blieben, war zumindest ungewöhnlich. Dann dieses ausgeprägte Gespür für feine und feinste Pegelunterschiede (Tool, „Fear Inoculum“) sowie die enorme Schnelligkeit beim Kommen und Gehen von Impulsen! Ebenfalls absolut bemerkenswert:
Zwei klangliche Aspekte muss man besonders hervorheben: Klangfarben und Bassqualität.
der Bass. Der ist dermaßen kontrolliert und sauber und raumgreifend. Nach ziemlich genau drei Minuten und sechs Sekunden beginnt der Kontrabass in Gil Evans’ „La Nevada“zu swingen. Und, Junge
Junge, wie der swingt! Oder der Bass in Queens „My Baby Does“! Er erfüllt den Raum über den LM-805IA viel überzeugender als über andere Amps. Schade nur, dass man sich diesen Spitzenklang mit einem Stromverbrauch von 375 Watt erkauft...