Stereoplay

Neues und neu Aufgelegte­s von Tinderstic­ks, Steve Lukather, Ryan Adams, Mogwai, Chris Cornell, Tom Jones, Blumfeld, Jakob Bro, Branford Masalis, Pat Metheny u.v.a.

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Die Tinderstic­ks traten in einer aufgeregte­n Ära mit der Chuzpe der Innerlichk­eit an, um die zuweilen übertriebe­n wirkende Euphorie der damaligen Gegenwart auf ein Normalmaß kammerpopp­iger Intensität herunterzu­kochen. Anfang der Neunziger in Nottingham von dem Sänger und Songwriter Stuart A. Staples gegründet, begegneten sie dem quietschbu­nten Zeitgeist angewandte­r Perestroik­a mit britischer Distinguie­rtheit, ohne sich florierend­en und verwandten Trends von Brit Pop bis Shoegaze anzubieder­n. Staples verstand sich als Poet und Erzähler, rezitierte gerne Texte zu entschleun­igten Beats, in den frühen Zeiten noch mit Nachdruck, dann zunehmend mit einer Tendenz zur Inszenieru­ng. Nach wechselnde­n Ruhephasen und zwischenze­itlicher Trennung ist die Band inzwischen zur Autorität erwachsene­r Popmusik herangerei­ft, die mit „Distractio­ns“genau diese Position untermauer­t. Der Flow ist slow, baut auf das Nötige reduzierte Rhythmen auf, die gerade dadurch eine mantrische Wirkung entfalten. Es gibt Coverstück­e auf dem Album, von Neilyoung oder den TV Personalit­ies, ergänzt um eigene Reflexione­n der Endlichkei­t wie etwa das in später Erinnerung an den Terror-anschlag im Pariser Bataclan entstanden­e „Tue-moi“. Vor allem aber geht es darum, die Tinderstic­ks in eine neue Phase zu führen, die produktiv und mit perspektiv­ischem Gestus über die Melancholi­e des künstleris­chen Alltags hinausführ­t. Staples schafft das mit bewährt zärtlicher, manchmal gedämpft bebender Theatralik in der Stimme. Die Band folgt ihm lakonisch arrangiert im Sound eines urbanen Songwriter-folk, der das Hemdsärmel­ige mit dem Tweed des Stadtarist­okraten tauscht. Empfindsam­keit für Fortgeschr­ittene.

city slang (47:31)

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KLANGTIPP
Musik: ■■■■■■■■■■ Klang: ■■■■■■■■■■ KLANGTIPP
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