technics ottawa s sc-c30
Ein Keil in der Wohnlandschaft: Technics konzipierte den Ottava S SC-C30 als virtuellen Klangfluter für den Raum. Doch im Stereo-modus wird ein Paar davon zu einer kleinen, feinen und erstaunlich spielfreudigen Hifi-anlage der Zukunft.
Manche Leute wollen nur ein Onebox-system für die Musikwiedergabe. Schwärmen vom großen Raum und raumfüllenden Klang. Da befinden wir uns bereits halb im Märchen, halb in der zukunftsgewandten Wirklichkeit. Als wir das Testmuster des „Technics S SC-C30“von seiner Verpackung befreiten, kam uns das bekannt vor. Zwei sanfte, eine große Rundung. Die Formsprache erinnert an einen Holländischen Käse – ein gutes Drittel aus einem mittelalten Gouda.
Wir wollen hier nicht HighEnd mit Käse vergleichen. Aber kaum ein anderer Hersteller dieser Welt hat sich für diese Form entschieden. Doch das alles kommt uns bekannt vor – im Jahre 2019 bereits beehrte uns diese auch unter dem Namen Ottava vermarktete Konstruktion. Ein Klangfluter mit vielen schlauen Optionen. Das liegt genau im Trend. Apple bedient ihn, ein gutes Dutzend weiterer Hersteller hinzu. Die Quader sollen in der Regel allein spielen. Also eher akustische Luftbefeuchter als echte Stereo-kombi sein. Doch obwohl sich an der Hardware seit dem Test nichts geändert hat, soll der C30 im Doppelpack ein
Ein spannendes Gesamtkonzept – Technics zeigt sich hier als mächtiger Erneuerer.
komplett anderes Produkt sein. Nicht nur, dass hier zwei Wandler drahtlos zu einem echten Stereo-paar inklusive vollem Panorama verkoppelt werden.
Auch die akustische Beschickung der einzelnen Chassis ist, wenn man den entsprechenden Modus aktiviert, auf echten, highendigen Stereobetrieb umgeleitet.
Schauen wir hinein. Zur Front strahlt ein Basstreiber mit zwölf Zentimetern in der Diagonale. Links und rechts davon liegt je ein Mitteltöner und ein Hochtöner mit Lamellen. Technics holt die große Formulierung heraus und nennt es „akustische Linse“. Faktisch entsteht aus einem einzelnen S SC-C30 kein wirklicher Stereo-sound. Der räumliche Eindruck ist be
grenzt, der dahinterliegende Räumlichkeits-virtualisierer lässt sich per App dosieren. Im Labor führte das zu Auslöschungen. Will man unverfälscht von solchen Tricks hören, ist das Doppel gefragt.
Zwang zu Google
Tipp: Auf seiner Webseite hat Technics allerlei Videos versammelt, die gemeinsam eine komplette Bedienungsanleitung ersetzen. Aber Technics färbt schön. Die Erstinstallation ist nicht so einfach, wie das Video uns vermitteln will. Strom an den Klangwandler, dann die App herunterladen und den Lautsprecher mit dem Heimnetzwerk verbinden. Schön gesagt, doch mitten in der Installation sollen wir plötzlich einen Account einrichten – für Google Home. Ohne diese Subsoftware geht nichts. Nicht elegant. Technics wirft uns unvorbereitet in den Rachen von Google. Fortan weiß Google, welche Musik wir hören und wie wir akustisch gepolt sind.
Wer diesen kritischen Punkt überschreitet, wird aber von einer starken Software-architektur belohnt. So teilt man den Technics-wandlern ganz einfach mit, wer links und wer rechts aufspielt. Wenn mir danach ist, baue ich das ganze Haus aus und definiere Küche wie Badezimmer. Alles ohne Kabel, nur der Stromzugang muss sein. Dann die Zugabe für die Audiophilen unter uns: Wir können über drei Vorgaben dem Lautsprecher sagen, wo er aufspielt – frei, nahe der Wand, in einer Ecke. Noch eine Schicht tiefer können wir auch einen Testton in den Raum fluten – und die S SC-C30 messen sich selbst über interne Mikrofone auf ihre Position und die realen Reflexionen ein. Noch ein Wunderwerk darüber – wir halten unser Smartphone in die Höhe, und die Kleinen passen sich maximal auf unseren Hörplatz auf dem Wohnzimmersofa an.
Welche Quellen können wir herbeizaubern? Eigentlich das komplette Repertoire des modernen Netzwerks. Über einen Ethernet-stecker könnten wir unsere Nas-festplatte anschließen. Zugleich tönen Tausende von Internet-radio-stationen. Wer ein Abo unterhält, beamt auch die High-resStreams von Tidal, Spotify und Deezer herbei. Ganz simpel kann ich auch nach Hause kommen und die Playlist meines Smartphones an die TechnicsLautsprecher per Bluetooth weiterleiten. Da entwickelt sich ein Nutzerbild der Zukunft – alles kann, nichts muss, wie mir halt danach ist.
Harmonisch, weit
Das hat auch den Beigeschmack des Willkürlichen. Hier geht es nicht mehr darum, in einer Teezeremonie eine Schallplatte aufzulegen und sich in den Sweetspot zu begeben. So gibt uns der Technics S SC-C30 auch mehr Flutlicht als den Spot. Das klingt harmonisch, weit, aber nicht so highendig präzise, was ein guter Vollverstärker und zwei Kompaktlautsprecher erreichen könnten. Aber dieser Vergleich hinkt. In diesem Segment würde der kleine Technics bestraft werden. Doch daran liegt uns nichts. In der Menge seiner Optionen, seiner Quellen, seiner Feinjustage auf den Hörplatz ist er ohne Konkurrenz. Ein schlau erfundenes Gesamtkonzept, Technics zeigt sich hier als mächtiger Erneuerer. ■