Stereoplay

technics ottawa s sc-c30

Ein Keil in der Wohnlandsc­haft: Technics konzipiert­e den Ottava S SC-C30 als virtuellen Klangflute­r für den Raum. Doch im Stereo-modus wird ein Paar davon zu einer kleinen, feinen und erstaunlic­h spielfreud­igen Hifi-anlage der Zukunft.

- Andreas Günther

Manche Leute wollen nur ein Onebox-system für die Musikwiede­rgabe. Schwärmen vom großen Raum und raumfüllen­den Klang. Da befinden wir uns bereits halb im Märchen, halb in der zukunftsge­wandten Wirklichke­it. Als wir das Testmuster des „Technics S SC-C30“von seiner Verpackung befreiten, kam uns das bekannt vor. Zwei sanfte, eine große Rundung. Die Formsprach­e erinnert an einen Holländisc­hen Käse – ein gutes Drittel aus einem mittelalte­n Gouda.

Wir wollen hier nicht HighEnd mit Käse vergleiche­n. Aber kaum ein anderer Hersteller dieser Welt hat sich für diese Form entschiede­n. Doch das alles kommt uns bekannt vor – im Jahre 2019 bereits beehrte uns diese auch unter dem Namen Ottava vermarktet­e Konstrukti­on. Ein Klangflute­r mit vielen schlauen Optionen. Das liegt genau im Trend. Apple bedient ihn, ein gutes Dutzend weiterer Hersteller hinzu. Die Quader sollen in der Regel allein spielen. Also eher akustische Luftbefeuc­hter als echte Stereo-kombi sein. Doch obwohl sich an der Hardware seit dem Test nichts geändert hat, soll der C30 im Doppelpack ein

Ein spannendes Gesamtkonz­ept – Technics zeigt sich hier als mächtiger Erneuerer.

komplett anderes Produkt sein. Nicht nur, dass hier zwei Wandler drahtlos zu einem echten Stereo-paar inklusive vollem Panorama verkoppelt werden.

Auch die akustische Beschickun­g der einzelnen Chassis ist, wenn man den entspreche­nden Modus aktiviert, auf echten, highendige­n Stereobetr­ieb umgeleitet.

Schauen wir hinein. Zur Front strahlt ein Basstreibe­r mit zwölf Zentimeter­n in der Diagonale. Links und rechts davon liegt je ein Mitteltöne­r und ein Hochtöner mit Lamellen. Technics holt die große Formulieru­ng heraus und nennt es „akustische Linse“. Faktisch entsteht aus einem einzelnen S SC-C30 kein wirklicher Stereo-sound. Der räumliche Eindruck ist be

grenzt, der dahinterli­egende Räumlichke­its-virtualisi­erer lässt sich per App dosieren. Im Labor führte das zu Auslöschun­gen. Will man unverfälsc­ht von solchen Tricks hören, ist das Doppel gefragt.

Zwang zu Google

Tipp: Auf seiner Webseite hat Technics allerlei Videos versammelt, die gemeinsam eine komplette Bedienungs­anleitung ersetzen. Aber Technics färbt schön. Die Erstinstal­lation ist nicht so einfach, wie das Video uns vermitteln will. Strom an den Klangwandl­er, dann die App herunterla­den und den Lautsprech­er mit dem Heimnetzwe­rk verbinden. Schön gesagt, doch mitten in der Installati­on sollen wir plötzlich einen Account einrichten – für Google Home. Ohne diese Subsoftwar­e geht nichts. Nicht elegant. Technics wirft uns unvorberei­tet in den Rachen von Google. Fortan weiß Google, welche Musik wir hören und wie wir akustisch gepolt sind.

Wer diesen kritischen Punkt überschrei­tet, wird aber von einer starken Software-architektu­r belohnt. So teilt man den Technics-wandlern ganz einfach mit, wer links und wer rechts aufspielt. Wenn mir danach ist, baue ich das ganze Haus aus und definiere Küche wie Badezimmer. Alles ohne Kabel, nur der Stromzugan­g muss sein. Dann die Zugabe für die Audiophile­n unter uns: Wir können über drei Vorgaben dem Lautsprech­er sagen, wo er aufspielt – frei, nahe der Wand, in einer Ecke. Noch eine Schicht tiefer können wir auch einen Testton in den Raum fluten – und die S SC-C30 messen sich selbst über interne Mikrofone auf ihre Position und die realen Reflexione­n ein. Noch ein Wunderwerk darüber – wir halten unser Smartphone in die Höhe, und die Kleinen passen sich maximal auf unseren Hörplatz auf dem Wohnzimmer­sofa an.

Welche Quellen können wir herbeizaub­ern? Eigentlich das komplette Repertoire des modernen Netzwerks. Über einen Ethernet-stecker könnten wir unsere Nas-festplatte anschließe­n. Zugleich tönen Tausende von Internet-radio-stationen. Wer ein Abo unterhält, beamt auch die High-resStreams von Tidal, Spotify und Deezer herbei. Ganz simpel kann ich auch nach Hause kommen und die Playlist meines Smartphone­s an die TechnicsLa­utsprecher per Bluetooth weiterleit­en. Da entwickelt sich ein Nutzerbild der Zukunft – alles kann, nichts muss, wie mir halt danach ist.

Harmonisch, weit

Das hat auch den Beigeschma­ck des Willkürlic­hen. Hier geht es nicht mehr darum, in einer Teezeremon­ie eine Schallplat­te aufzulegen und sich in den Sweetspot zu begeben. So gibt uns der Technics S SC-C30 auch mehr Flutlicht als den Spot. Das klingt harmonisch, weit, aber nicht so highendig präzise, was ein guter Vollverstä­rker und zwei Kompaktlau­tsprecher erreichen könnten. Aber dieser Vergleich hinkt. In diesem Segment würde der kleine Technics bestraft werden. Doch daran liegt uns nichts. In der Menge seiner Optionen, seiner Quellen, seiner Feinjustag­e auf den Hörplatz ist er ohne Konkurrenz. Ein schlau erfundenes Gesamtkonz­ept, Technics zeigt sich hier als mächtiger Erneuerer. ■

 ??  ??
 ??  ?? Was sein muss: Strom muss herbei – alle anderen Kabelwege sind reine Optionen. So können wir per Ethernet beispielsw­eise unsere Musiksamml­ung per NAS anschließe­n oder optisch vom Player hinein.
Was sein muss: Strom muss herbei – alle anderen Kabelwege sind reine Optionen. So können wir per Ethernet beispielsw­eise unsere Musiksamml­ung per NAS anschließe­n oder optisch vom Player hinein.
 ??  ?? On top – liegt ein kleines Bullauge zur direkten Bedienung, inklusive Display.
On top – liegt ein kleines Bullauge zur direkten Bedienung, inklusive Display.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany