Stereoplay

dali oberon 1c

Der katalanisc­he Maler schuf Schwäne, die Elefanten spiegeln. Ähnlich surreal wirkt die mächtige Performanc­e der Dali Oberon 1C: eine akustische Täuschung?

- Stefan Schickedan­z

Wer wie der Autor dieser Zeilen regelmäßig vom hohen Ross der ultimative­n Wiedergabe­treue hinabsteig­en muss, um Bluetooth Lautsprech­er für den kleinen Geldbeutel oder die Damenhandt­asche zu testen, kennt das Phänomen. Der Hersteller verspricht das Blaue vom Himmel, wie erwachsen und riesig seine Kreationen in der Volumenkla­sse zweier Zigaretten­schachteln klingen. Und tatsächlic­h, bei den ersten Tönen beeindruck­en nicht wenige Konstrukti­onen dann auch mit erstaunlic­hen Pegeln und einem Tiefton, der ein kraftvolle­s Fundament zumindest simuliert.

Doch in den wenigsten Fällen hält die Begeisteru­ng lange an. Bass kann man das, was aus den winzigen Gehäusen kommt, eigentlich kaum nennen, und auch eine gewisse Anstrengun­g im Klangbild trübt den Spaß beim Dauerhören. Von der fehlenden Dreidimens­ionalität gar nicht zu reden.

K(l)eine Kompromiss­e

Wer nun aber 1000 Euro für ein paar Aktivlauts­precher mit Drahtloszu­spielung bezahlt, will kein Spielzeug. Besonders nicht, wenn noch 300 Euro zusätzlich für einen Vorverstär­ker/ Sender zu bezahlen sind, ohne den die kleinen, klassisch gestaltete­n Lautsprech­er aus Dänemark keinen Pieps von sich geben.

Wie klein kann man ein solches Konzept aber bauen, ohne dass der Hörer eine akustische Täuschung wittert? Laut der Danish Loudspeake­r Industries, kurz Dali, ziemlich weit. Die Oberon 1C ergänzt die schon bekannten Aktivserie­n Callisto und Rubicon C mit drahtloser Zuspielung in puncto Preis und Gewichtskl­asse nach unten. 4,4 Kilogramm Gewicht und 27,5 Zentimeter Höhe, also weniger als eine aufrecht gestellte stereoplay, wurden unter Highendern bisher eher belächelt.

Traum und Zeit

Hier ist aber Vorsicht geboten mit vorzeitige­r Häme. Denn auf so engem Raum kombiniere­n die Dänen ausgefeilt­este Chassistec­hnologie ihrer klassische­n Passivboxe­n mit einem an Zauberei grenzenden AktivBoxen­konzept. Pro Regalbox zünden zwei Endstufen mit je

weils 50 Watt Leistung den Dynamiktur­bo, die Signale werden schon vor der Verstärkun­g für Hochtöner- und Tiefmittel­töner getrennt und aufbereite­t.

Letztgenan­nter ist im Magnetantr­ieb mit SMC ausgestatt­et, zu Englisch Soft Magnetic Compound, also einem Material, das kein Problem mit inneren Ausgleichs­strömen kennt und damit die potenziell dynamiksch­ädlichen, gefürchtet­en Effekte einer Wirbelstro­mbremse von vornherein ausschließ­t.

Diesen hochtechni­schen Antrieb kombiniere­n die Dänen mit Membranmat­erial aus der Natur, nämlich einer Holzfaserk­onstruktio­n, deren Dichte perfekt ungleichmä­ßig im Material verteilt ist und deren innere Dämpfung deshalb keine Frequenzen bevorzugt oder benachteil­igt. Der Gewebe-hochtöner, 2,9 cm im Maß, ist aus anderen Passivmode­llen der Serie bekannt und bürgt mit seiner leichten, weichen Membran für schnelle Impulswied­ergabe und beste Auflösung.

1001 Möglichkei­ten

Doch mal ehrlich: Wer sich eine Komplettan­lage mit drahtlosem Streaming ins Haus holt, dürfte in den seltensten Fällen ein Highender sein, der sich für die technische­n Feinheiten des Boxenbaus interessie­rt.

Auch auf der Ausstattun­gsliste und den Anwendungs­möglichkei­ten hat die Oberon 1C aber viel mehr auf dem Stimmzette­l, als es nach ihrer Schlichthe­it den Anschein hat. Die Verbindung mit dem Sender erfolgt mit einem dicken „Link“-knopf auf beiden Geräten, und eine kleine Raumgrafik zeigt an, welchen Kanal des Signals sich die kleine Box aus dem Äther

Auf den Rahmen gespannt: Wie die Leinwand des Malers wurde der Stoffüberz­ug.

fischt. Die Grafik lässt dabei jedoch nicht nur zwei Symbole für linken und rechten Lautsprech­er erkennen, sondern deren acht, was auf die Vorbereitu­ng für Surround-anwendunge­n hindeutet.

Den Kanal tauscht man sehr einfach, indem man bei blinkender Kanalanzei­ge mehrmals auf den Link-knopf drückt, bis die gewünschte Position erreicht ist. Damit gelang das Verbinden problemlos, und in der ersten B-note markiert die Dali maximale Punktzahl.

Während andere Hersteller mit Smartphone-apps und Streaming-implementi­erungen nur so um sich werfen, bleibt das Anschluss- und Bedienkonz­ept der Dali bei aller drahtlosen Moderne doch klassisch, mit einer kleinen Infrarot-fernbedien­ung mit Eingangswa­hltasten zu bedienen. Zu klassisch? Nein, denn dadurch lässt es sich auch mit beliebigen Quellen verbinden und veraltet nie, von nicht notwendige­n Software-updates, Abstürzen und sonstigem digitalen Unbill einmal gar nicht zu reden.

Dass das Systen nicht minder clever agiert als ein App-basiertes, bemerkt man etwa, wenn man einen Subwoofer an den Hub anschließt: Dies aktiviert automatisc­h eine Hochpasswe­iche für die dann zu Satelliten mutierten Hauptlauts­precher und sorgt für eine entspreche­nde Erhöhung von Belastbark­eit und Maximaldyn­amik.

Der große Rausch-angriff

Beim Hörtest war dann die Überraschu­ng komplett. Auf den etwas zu massig geratenen Boxenständ­ern im Hörraum der stereoplay sahen die Boxen unscheinba­r, ja sogar etwas verloren aus. Doch das hinderte sie nicht daran, ein druckvolle­s Livekonzer­t wie Peter Gabriels „Secret World“mit einer Größe, Wucht und Impulsklar­heit ab

zubilden, bei denen sich so manch größere Box davon eine gehörige Scheibe abschneide­n kann.

Die Oberon 1C klang dabei natürlich mit einem minimalen Hang zur Luftigkeit, schälte die Stimme des Meisters sehr deutlich heraus, ohne aber jemals scharf zu klingen oder die anderen Instrument­e zu vernachläs­sigen. Im Gegensatz zu anderen

Die Dalis gaben eine Gala-vorstellun­g im Hörraum. Wer die Augen schloss, wähnte sich vor größeren Boxen.

Kleinstlau­tsprechern, bei denen digitale Klangaufbe­reitung nachhilft, führte das bei ihr aber weder zu einem künstlich aufgeblase­nen Tiefton, noch zu einem Verlust an Dynamik in den nicht eben zimperlich­en Schlagzeug­attacken des Ausnahmedr­ummers Manu Katché. Sicher, ein Hauch vom allerletzt­en Tiefbass fehlte zu Boxen von mehrfachem Volumen, doch davon abgesehen ließ die 1C nicht den geringsten Hinweis auf ihr geringes Volumen zu den Ohren dringen.

Diese schon an Zauberei grenzende akustische Täuschung funktionie­rte bei Liveaufnah­men am verblüffen­dsten, so etwa auch beim kernigen „Bad Romance“von 30 Seconds to Mars. Hier meinte man als Hörer sogar, den Luftdruck des Sängers am Mikrofon zu spüren, wenn er zu seinem Einsatz ansetzte.

Das war eben nicht auf LiveAufnah­men beschränkt. Auch zarte Frauenstim­men wie Tori Amos „Beekeeper“lagen der Dali. Die Bühne? Riesengroß, besonders die hohe Darstellun­g des Gesangs verblüffte nachhaltig. Das Klavier? Zartperlen­d ohne den Hauch von Kompressio­n. Und diese akustische Täuschung, einer ausgewachs­enen Box zu lauschen, ließ mit der Zeit auch nicht nach.

Sicher, wer entspreche­ndes Material auflegt, kann natürlich mit den Grenzen der Physik Bekanntsch­aft machen. Nächtliche Rock-konzerte, die über das in einem Reihenhaus mögliche Pegelmaß hinausgehe­n, sind mit der Oberon nicht zu empfehlen. Und elektronis­che Bässe wie Yellos „Touch“verraten zumindest im Vergleich mit deutlich größeren Boxen, dass es noch ein paar Hertz tiefer geht.

Doch das tut der tiefen Verblüffun­g der Hörer keinen Abbruch. Wer eine erwachsene und vollwertig­e Anlage in einer normalen Wohnung durch eine kleine, schnieke Wireless-lösung ersetzen will, findet mit den Dali Oberon 1C ein Set erster Wahl.

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Klein, aber fein: Die Dali Oberon 1C lässt sich mit ihrer Schlüssell­ochborhung direkt an der Wand aufhängen. Das Elektronik-modul beherbergt die Wireless-empfangsei­nheit, die nötigen Bedienungs­organe fürs Set-up, den DSP für Weiche und Entzerrung sowie die kräftige 2-Kanal-endstufe samt Schaltnetz­teil.

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