Yamaha A-s1200
Dieser Vollverstärker vermag unser Herz zu umschmeicheln. Was ebenfalls erfreut: Er ist noch erschwinglich, dazu aber wundervoll gebaut – und das sowohl innen als auch außen. Eine Ode auf den neuen Yamaha A-S1200.
Wir werden nicht müde, stets zu sagen, dass ein High-end-mitspieler kein Musikinstrument sein kann. Ob Lautsprecher oder Verstärker – hier darf nichts von sich selbst heraus klingen, oder gar klingeln. Nun belehrt uns der Yamaha A-S1200 eines anderen. Er musiziert – ganz früh am Anfang, es ist Musik in unseren Ohren, wenn wir den Schalter unten links umlegen. Dann rattern die Relais im Inneren: „Tacktacktack“. Das hört sich in etwa so an, als würde in alten Tagen der Dirigent rhythmisch auf das Notenpult klopfen. Eine Vorinszenierung – gleich geht es los. Der Yamaha A-S1200 folgt der großen Show. Und noch mehr: Das ist ein Brocken mit massiven
Der Yamaha A-S1200 kann wunderbar wuchtig und auf Volumen getrimmt musizieren.
Holzwangen. Wie ein Vollverstärker aus den 1960er- oder 70er-jahren. Wie ein Tresor, in dem wir alle unsere Reichtümer versammelt haben. Als klassischer Tresorknacker würde ich genau jetzt den Röntgenstrahl anwerfen – was geschieht wirklich im Inneren?
Ehe wir uns verirren: Der 1200 mag eine Wuchtbrumme sein, aber er ist der kleinste Vollverstärker im neuen Trio, es gibt noch einen 2200 und einen 3200. Wir sind fasziniert vom Anblick eines kleinen Bruders. Wobei auch der Preis stimmt. 2.000 Euro sollten wir parat haben. Das finde ich fair. Schon das Gewicht und die Verarbeitung sind formidabel.
Als ich jung war, so ungefähr um das Abitur, da habe ich mir die Nase am Schaufenster unseres regionalen Hifi-händlers platt gedrückt. Der mächtige Yamaha-verstärker war mein Fetisch. Den wollte ich haben. Allein, das Geld fehlte. Ich musste lange sparen. Aber schließlich war er mein Eigen. Was ich mochte: Yamaha konnte wunderbar stringente Schal
tungen zaubern. Dazu gab es damals noch den Ausspruch vom „Natural Sound“. Den Claim hat Yamaha heute ein wenig schleifen lassen, allein es gibt ihn im Subtext noch immer. Der A-S1200 kann wunderbar wuchtig und auf Volumen getrimmt musizieren. Aber der Kern des Klangs ist smart, samtig, fast süffig – als ob die Wiener Philharmoniker spielen würden, verführerisch, wie ein Wundertier und dennoch mächtig, wenn es die Partitur erfordert. Die Wiener und Yamaha, das wäre ein Team der Eleganz.
Die Wiener sind natürlich älter, als alle je gesehenen HifiGeräte. Aber auch Yamaha ist ein alter Hase, die ersten legendären Verstärker schickten die Japaner bereits vor 66 Jahren in den Handel. An der Design-sprache hat sich erstaunlich wenig geändert. Der aktuelle Yamaha A-S1200 sieht aus wie ein Wiedergänger. Auf der Front zucken zwei Zeiger zu den anliegenden Signalen. Bli
cken wir unter die Haube: Auch hier setzen die Entwickler darauf, pro Kanal zwei SingleEnded-ausgangsstufen parallel zu schalten. Zwei galvanisch getrennte Stromversorgungen pro Kanal sorgen schließlich für einen erdfreien Einsatz. Die Japaner nennen das „FloatingPrinzip“. Zu diesem klassischen Prinzip passt, dass der A-S1200 „nur“ein (analoger) Vollverstärker ist. Hier findet sich kein D/a-wandler unter der Haube. Streamen kann der Yamaha auch nicht. Stattdessen konzentriert sich alles auf die bestmögliche Wiedergabe von Musik, die auf analogem Wege in den Verstärker gelangt. Der klassischen Klangregelung jedoch bleiben die Japaner treu. Die Rückseite bietet ebenfalls viel, zum Beispiel Vorstufenaus- und Endstufeneingänge. Beides zusammen ist selten. Die Phonosektion versteht sich mit MMS wie mit MCS – auch das keine Selbstverständlichkeit in dieser Preisklasse. Im Labor fiel der Yamaha mit hervorragenden Messwerten auf. Die Rauschabstände etwa sind spitze, die
Leistung, die der 1200er erbringt, ist enorm: Die Musikleistungsmessung ergibt 112 Watt an 8 und 188 Watt an 4 Ohm. An 2 Ohm liefert der Amp sogar 279 Watt! Auch die Laststabilität ist nahezu makellos, der Yamaha treibt so gut wie jeden Lautsprecher.
Mächtig und schlüssig
Noch haben wir keinen Takt gehört. Zeit, das zu ändern. Der A-S1200 spielt mächtig auf: Man hört ihm seine Kraft an, er ist nicht aus der Ruhe zu bringen und hat die Lautsprecher jederzeit voll im Griff. Das führt zu sauberen Bässen und schnell ausschwingenden Tönen. Tipp: zwei schöne Standboxen um 4.000 Euro hinzu – und wir haben fast das Maximum der sinnvollen Klangausbeute. Ab hier würde es aberwitzig teuer.
Gerade wurden die Grammys frisch verteilt. Den goldenen Trichter für das beste Popalbum des Jahres heimste Taylor Swift für „Folklore“ein. Der Song „Invisible String“könnte ein Klassiker werden. Die Bässe tief und kraftvoll, die Stimme authentisch, dazu ein herrliches Timing und immer dieses Gefühl von gezähmter Kraft, die jederzeit zuschlagen könnte. Das ist der Yamaha-klang der Gegenwart, tendenziell warm, mächtig im Antritt, stets elegant. Fast so kalorienreich, aber genau so befriedigend wie eine Süßspeise.