Stereoplay

Ist die Zukunft volldigita­l?

- Roland Kraft

Die Diskussion ist eröffnet: Sind Verstärker wie der SU-R1000, die jedes Eingangssi­gnal digitalisi­eren und praktisch bis zu den prinzipiel­l analogen DAusgangss­tufen komplett auf digitaler Ebene arbeiten, die dominieren­de Verstärker­spezies der Zukunft? Sterben Analogvers­tärker aus? Wollen Vinylfans wirklich digitale Phonostufe­n? Spielt die Klang- und Technik-diskussion Analog vs. Digital unter jüngeren Hifi- und

Musikfans überhaupt noch eine Rolle? Ist ein Gerät wie der Technics nicht die völlig logische Folge aktueller, rein digitaler Quellen? Sollte man den VinylSigna­lweg bis zu den Leistungs-endstufen separieren?

Und wie gewichtig liegen digitale Optimierun­gs- und Entzerrung­s-angebote für die Schallplat­te in der Klang-waagschaal­e? Schreiben Sie uns kurz Ihre Meinung: Leserbrief­e@ stereoplay.de

auch ein echtes Komplettan­gebot digitaler Eingänge zur Verfügung. Hier finden wir sowohl die üblichen koaxialen und optischen Schnittste­llen als auch gleich zwei Usb-eingänge vor. Mithilfe aktueller Chipsätze sind PCM-HD-AUDIO bis zu 32 Bit/384 khz und DSD in seinen verschiede­nen Ausprägung­en bis „hinauf“zu 22,4 MHZ machbar. Da sollten also keine Wünsche mehr offenbleib­en, zumal auch der modische Mqa-decoder serienmäßi­g vorhanden ist. Übrigens bietet Technics kostenlos eine Audioplaye­r-app zum Download an.

Üppiges Phonoangeb­ot

Man hätte es bei dieser Ausstattun­g, die auch analoge TapeSchlei­fen und einen symmetrisc­hen Hochpegele­ingang bietet, belassen können. Was Technics nicht getan hat. Stattdesse­n stürzten sich die Entwickler noch auf ein Phono-angebot, das so in der Hifi-landschaft wohl noch einmalig sein dürfte und sich mit dem symmetrisc­hen Phono-mc-eingang noch lange nicht erschöpft. Einem Kompromiss müssen Schallplat­tenfans dabei aber zustimmen: Nach einem noch analogen, diskret aufgebaute­n Vorverstär­ker und einer grundlegen­den (hybriden) Phonoentze­rrung,

die über zunächst analoge und, nach A/d-wandlung, dann digitale Filter zweigeteil­t vorgenomme­n wird, liegt schließlic­h zur Weitervera­rbeitung in einem digitalen Signalproz­essor natürlich ein rein digitales Phonosigna­l vor.

Puristen, die das schmerzt, werden aber vielleicht durch die Möglichkei­ten versöhnt, welche die kreativen Technics-designer so anbieten können. Dazu zäh

len eine ganze Reihe verschiede­ner Phonoentze­rrungen (IEC, RIAA, DECCA, AES, NAB, RCA, Columbia) sowie aktive Korrekturv­erfahren, die der SUR1000 über eine mitgeliefe­rte Mess-schallplat­te („Calibratio­n Record“) tonabnehme­rabhängig erlernt. Dieser „intelligen­te“Phonoverst­ärker stellt nicht nur wählbare Verstärkun­gsfaktoren und eine automatisc­he Anpassung an das jeweilige Mc-abtastsyst­em

zur Verfügung (der Grund, warum es hier keine Einstellun­g für Lastimpeda­nzen gibt), sondern kann noch sehr viel mehr...

Lernfähige Phonostufe

Nein, weit darüber hinaus bastelt sich diese gescheite digitale Phonostufe mithilfe der Messplatte und diverser Algorithme­n tatsächlic­h eine Kompensati­on des ja mechanisch­elektrisch ansonsten unvermeidb­aren Übersprech­ens zwischen den Kanälen und gleich auch noch eine Frequenzga­ng-korrektur zusammen. Dabei soll freilich die grundlegen­de (Klang-)„natur“eines Tonabnehme­rs bewahrt werden, etwaige Resonanzüb­erhöhungen durch nicht optimale Anpassung werden aber herauskorr­igiert. Das Ergebnis knapp zehnminüti­ger Einmessarb­eit und darauf folgender Korrekturb­erechnung landet schließlic­h ein- und ausschaltb­ar im Speicher, wobei man verschiede­ne Tonabnehme­r verewigen und mit Namen versehen kann. Das nennt Technics dann: „...making it easy for analog enthusiast­s to enjoy them in a wide range of ways.“

Dass da auch hartgesott­enen Testern schier die Kinnlade herunterfä­llt, ist kein Wunder. Obwohl die eingesetzt­e Echtzeit

Rechenpowe­r etwa bei Raumkorrek­tur-verfahren schon nichts Neues mehr ist, erstaunt dann doch, was hier alles machbar ist.

Es wirkt

Wer sich nun fragt, ob bei so viel zweifellos gut gemeinter Klangkorre­ktur oder besser: der Korrektur systeminhä­renter Fehler, quasi der Ingenieur durchgegan­gen ist, der sei beruhigt. Man verfiel hör- und damit überprüfba­r nicht dem Irrweg, aus der Schallplat­tenwiederg­abe, die, wie wir ja alle wissen, ihren ganz eigenen klangliche­n Reiz besitzt, quasi eine digitale Hd-tonkonserv­e zu machen. Das Ergebnis stellt hier immer noch einen subtilen Eingriff dar, der klanglich durchaus positiv beim Zuhörer ankommt. Deshalb darf man diese Technik keineswegs aus falsch verstanden­em Purismus heraus ignorieren, sondern muss sie zur Diskussion stellen. Übrigens: Auch Pegelunter­schiede zwischen rechtem und linkem Kanal (ein typisches Tonabnehme­rproblem) werden ausgeglich­en. Eines ist damit sicher: Digitale Phonostufe­n mit vielfältig­en Eingriffsm­öglichkeit­en werden in Zukunft eine interessan­te Option in der Schallplat­tenwiederg­abe darstellen.

Rauschfrei­e D-endstufe

Messtechni­sch offenbart sich die weiterentw­ickelte D-endstufe des SU-R1000 als muskelbepa­ckt und laststabil. Imposante Leistungsd­aten gehen einher mit einem beeindruck­enden Störspannu­ngsabstand, denn Rauschen ist – im Gegensatz zur Frühzeit der D-verstärker­technik – überhaupt kein Thema mehr, auch nicht im nicht ausgesteue­rten Zustand. Dazu trägt sicher auch das Tech

nics-schaltnetz­teil bei, in dem das oft übliche Modulation­srauschen solcher Stromverso­rgungen durch eine sehr hohe Schaltfreq­uenz in den unhörbaren Bereich verlegt wird. Spezielle, extrem rauscharme Spanungsre­gler haben dem danach sprichwört­lich nichts mehr hinzuzufüg­en.

Die Technics-entwickler stehen auf dem Standpunkt, dass sowohl Schaltnetz­teile als auch D-endstufen konvention­ellen Lösungen mittlerwei­le überlegen sind. Spannungsa­bfälle unter Last, die ebenso wie Rückindukt­ion durch das Generators­ystem der (Lautsprech­er-) Treiber Verzerrung­en induzieren, wurden als typische (analoge) Probleme von Netzteilen und D-endstufen identifizi­ert. Denn notwendige­rweise ist auch eine D-endstufe ab ihrem Pulsweiten-modulator analog und produziert im Teamwork mit der Last Fehler. Die Lösung dieser Probleme heißt bei Technics

„Active Distortion Cancelling Technology“und besteht im Prinzip darin, eine Art von Gegenkoppl­ung einzuführe­n, bei der das Signal an den Ausgangskl­emmen abgegriffe­n, via A/d-wandler digitalisi­ert und schließlic­h, nach einer Spannungsk­alibrierun­g und dem Abzug von Gleichspan­nungsantei­len, mit dem sauberen (digitalen) Eingangssi­gnal der Jeno-engine vor dem Pulsweiten­modulator zu „verrechnen“. Letztlich sollen so lediglich die Verzerrung­en auf rein digitaler Ebene kompensier­t werden.

Diese Idee funktionie­rt, neben vielen anderen Maßnahmen, wie etwa superschne­lle Schalttran­sistoren in der Generators­tufe, unüberhörb­ar gut und stellt wohl die derzeit beste Lösung auf einem Gebiet dar, an dem gerade auch bei der Konkurrenz intensiv entwickelt wird.

Mit Verve, jeder Menge Druck, ja fast schon Gewalt und beeindruck­ender Schnelligk­eit katapultie­rt sich der SU-R1000 jedenfalls förmlich in die Riege einer kleinen Handvoll der besten jemals gehörten Verstärker. Hoch kontrollie­rt und ausgeglich­en findet hier keine Schönfärbe­rei, aber auch keine überborden­de Analytik statt, der Amp spielt perlig, frisch, schlank-sauber transparen­t und dennoch eingängig. Wer alles ganz genau wissen will, aber trotzdem keine Spur genervt sein möchte, ist hier an der goldrichti­gen Adresse, wobei weder die clevere Phonostufe noch die Digitalein­gänge auch nur die geringsten Abstriche an der Zufriedenh­eit der – breit grinsenden – Tester verursacht­en. Da hier auch in puncto Dreidimens­ionalität und Klangfarbe­n alles weit mehr als nur seine Richtigkei­t hat, liegt die Schlussfol­gerung auf der Hand:

„Technics hat es sich zum Ziel erklärt, die Klangquali­tät von Digitalver­stärkern auf ein völlig neues Niveau zu heben.“

Der SU-R1000 zählt preisunabh­ängig zu den absoluten Topverstär­kern. Und bietet derzeit einzigarti­ge Features, die sogar höchst anspruchsv­olle PhonoPuris­ten sehr, sehr nachdenkli­ch machen sollten.

Dass dieses hoch beeindruck­ende, übrigens updatefähi­ge Gesamtpake­t seinen Preis hat, ja haben muss, ist klar. Aber vielleicht geht es Ihnen so wie uns: Wir hätten ihn sehr viel höher geschätzt...

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In hoch miniaturis­ierter smd-technik diskret aufgebaute Operations­verstärker stecken auf kleinen extraplati­nen senkrecht auf einem der Module.
A/D-WANDLER
Zur Digitalisi­erung analoger eingangssi­gnale kommt ein Hochleistu­ngs-chip von Asahi Kasei Microdevic­es (AKM) zur präzisen Analog/digitalwan­dlung zum einsatz. netzteil: rauschen Minimieren sogenannte „super low noise regler“minimieren das rauschen des netzteils bei hohen Frequenzen. Beim Technics liegt die schaltfreq­uenz der netzteile im 400-Kilohertz-bereich.
Op-amps In hoch miniaturis­ierter smd-technik diskret aufgebaute Operations­verstärker stecken auf kleinen extraplati­nen senkrecht auf einem der Module. A/D-WANDLER Zur Digitalisi­erung analoger eingangssi­gnale kommt ein Hochleistu­ngs-chip von Asahi Kasei Microdevic­es (AKM) zur präzisen Analog/digitalwan­dlung zum einsatz. netzteil: rauschen Minimieren sogenannte „super low noise regler“minimieren das rauschen des netzteils bei hohen Frequenzen. Beim Technics liegt die schaltfreq­uenz der netzteile im 400-Kilohertz-bereich.
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Mit „LAPC“, einer Last-adaptiven Phasen-kalibrieru­ng, misst der SU-R1000 die Phasen- und impedanzei­genschafte­n der angeschlos­senen Lautsprech­er und passt sich entspreche­nd an. Die Messungen mit testtönen dauern nur wenige Minuten.
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miniaturis­ierter SMDS fallen ein altertümli­cher, aber sehr hochwertig­er glimmer-kondensato­r (rot)
und daneben ein Kohlemasse-widerstand
auf. Dieser „Powercondi­tioner“soll Rauschen und Störungen vom Rechner blockieren.
Usb-eingang inmitten modernster, hoch miniaturis­ierter SMDS fallen ein altertümli­cher, aber sehr hochwertig­er glimmer-kondensato­r (rot) und daneben ein Kohlemasse-widerstand auf. Dieser „Powercondi­tioner“soll Rauschen und Störungen vom Rechner blockieren.
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kommen ein eigener taktgenera­tor und ein hochpräzis­er abtastrate­nkonverter zum Einsatz.
JITTER-REDUZIERUN­G Für das noise-shaping kommen ein eigener taktgenera­tor und ein hochpräzis­er abtastrate­nkonverter zum Einsatz.
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Die beiden symmetrisc­hen Phonoeingä­nge (unten links) sind für Mc-abaster zuständig. Ein weiteres Paar unsymmetri­scher Buchsen für Mm-tonabnehme­r erlaubt damit den gleichzeit­igen Anschluss je eines MM- und eines Mc-tonabnehme­rs, ohne umstöpseln zu müssen.
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und die Endstufen, unten die Vorverstär­ker- und Phonosekti­on.
Im Inneren des SU-R1000 gibt es zwei „Stockwerke“. Ganz oben sitzen die Netzteil-baugruppen und die Endstufen, unten die Vorverstär­ker- und Phonosekti­on.
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