Ist die Zukunft volldigital?
Die Diskussion ist eröffnet: Sind Verstärker wie der SU-R1000, die jedes Eingangssignal digitalisieren und praktisch bis zu den prinzipiell analogen DAusgangsstufen komplett auf digitaler Ebene arbeiten, die dominierende Verstärkerspezies der Zukunft? Sterben Analogverstärker aus? Wollen Vinylfans wirklich digitale Phonostufen? Spielt die Klang- und Technik-diskussion Analog vs. Digital unter jüngeren Hifi- und
Musikfans überhaupt noch eine Rolle? Ist ein Gerät wie der Technics nicht die völlig logische Folge aktueller, rein digitaler Quellen? Sollte man den VinylSignalweg bis zu den Leistungs-endstufen separieren?
Und wie gewichtig liegen digitale Optimierungs- und Entzerrungs-angebote für die Schallplatte in der Klang-waagschaale? Schreiben Sie uns kurz Ihre Meinung: Leserbriefe@ stereoplay.de
auch ein echtes Komplettangebot digitaler Eingänge zur Verfügung. Hier finden wir sowohl die üblichen koaxialen und optischen Schnittstellen als auch gleich zwei Usb-eingänge vor. Mithilfe aktueller Chipsätze sind PCM-HD-AUDIO bis zu 32 Bit/384 khz und DSD in seinen verschiedenen Ausprägungen bis „hinauf“zu 22,4 MHZ machbar. Da sollten also keine Wünsche mehr offenbleiben, zumal auch der modische Mqa-decoder serienmäßig vorhanden ist. Übrigens bietet Technics kostenlos eine Audioplayer-app zum Download an.
Üppiges Phonoangebot
Man hätte es bei dieser Ausstattung, die auch analoge TapeSchleifen und einen symmetrischen Hochpegeleingang bietet, belassen können. Was Technics nicht getan hat. Stattdessen stürzten sich die Entwickler noch auf ein Phono-angebot, das so in der Hifi-landschaft wohl noch einmalig sein dürfte und sich mit dem symmetrischen Phono-mc-eingang noch lange nicht erschöpft. Einem Kompromiss müssen Schallplattenfans dabei aber zustimmen: Nach einem noch analogen, diskret aufgebauten Vorverstärker und einer grundlegenden (hybriden) Phonoentzerrung,
die über zunächst analoge und, nach A/d-wandlung, dann digitale Filter zweigeteilt vorgenommen wird, liegt schließlich zur Weiterverarbeitung in einem digitalen Signalprozessor natürlich ein rein digitales Phonosignal vor.
Puristen, die das schmerzt, werden aber vielleicht durch die Möglichkeiten versöhnt, welche die kreativen Technics-designer so anbieten können. Dazu zäh
len eine ganze Reihe verschiedener Phonoentzerrungen (IEC, RIAA, DECCA, AES, NAB, RCA, Columbia) sowie aktive Korrekturverfahren, die der SUR1000 über eine mitgelieferte Mess-schallplatte („Calibration Record“) tonabnehmerabhängig erlernt. Dieser „intelligente“Phonoverstärker stellt nicht nur wählbare Verstärkungsfaktoren und eine automatische Anpassung an das jeweilige Mc-abtastsystem
zur Verfügung (der Grund, warum es hier keine Einstellung für Lastimpedanzen gibt), sondern kann noch sehr viel mehr...
Lernfähige Phonostufe
Nein, weit darüber hinaus bastelt sich diese gescheite digitale Phonostufe mithilfe der Messplatte und diverser Algorithmen tatsächlich eine Kompensation des ja mechanischelektrisch ansonsten unvermeidbaren Übersprechens zwischen den Kanälen und gleich auch noch eine Frequenzgang-korrektur zusammen. Dabei soll freilich die grundlegende (Klang-)„natur“eines Tonabnehmers bewahrt werden, etwaige Resonanzüberhöhungen durch nicht optimale Anpassung werden aber herauskorrigiert. Das Ergebnis knapp zehnminütiger Einmessarbeit und darauf folgender Korrekturberechnung landet schließlich ein- und ausschaltbar im Speicher, wobei man verschiedene Tonabnehmer verewigen und mit Namen versehen kann. Das nennt Technics dann: „...making it easy for analog enthusiasts to enjoy them in a wide range of ways.“
Dass da auch hartgesottenen Testern schier die Kinnlade herunterfällt, ist kein Wunder. Obwohl die eingesetzte Echtzeit
Rechenpower etwa bei Raumkorrektur-verfahren schon nichts Neues mehr ist, erstaunt dann doch, was hier alles machbar ist.
Es wirkt
Wer sich nun fragt, ob bei so viel zweifellos gut gemeinter Klangkorrektur oder besser: der Korrektur systeminhärenter Fehler, quasi der Ingenieur durchgegangen ist, der sei beruhigt. Man verfiel hör- und damit überprüfbar nicht dem Irrweg, aus der Schallplattenwiedergabe, die, wie wir ja alle wissen, ihren ganz eigenen klanglichen Reiz besitzt, quasi eine digitale Hd-tonkonserve zu machen. Das Ergebnis stellt hier immer noch einen subtilen Eingriff dar, der klanglich durchaus positiv beim Zuhörer ankommt. Deshalb darf man diese Technik keineswegs aus falsch verstandenem Purismus heraus ignorieren, sondern muss sie zur Diskussion stellen. Übrigens: Auch Pegelunterschiede zwischen rechtem und linkem Kanal (ein typisches Tonabnehmerproblem) werden ausgeglichen. Eines ist damit sicher: Digitale Phonostufen mit vielfältigen Eingriffsmöglichkeiten werden in Zukunft eine interessante Option in der Schallplattenwiedergabe darstellen.
Rauschfreie D-endstufe
Messtechnisch offenbart sich die weiterentwickelte D-endstufe des SU-R1000 als muskelbepackt und laststabil. Imposante Leistungsdaten gehen einher mit einem beeindruckenden Störspannungsabstand, denn Rauschen ist – im Gegensatz zur Frühzeit der D-verstärkertechnik – überhaupt kein Thema mehr, auch nicht im nicht ausgesteuerten Zustand. Dazu trägt sicher auch das Tech
nics-schaltnetzteil bei, in dem das oft übliche Modulationsrauschen solcher Stromversorgungen durch eine sehr hohe Schaltfrequenz in den unhörbaren Bereich verlegt wird. Spezielle, extrem rauscharme Spanungsregler haben dem danach sprichwörtlich nichts mehr hinzuzufügen.
Die Technics-entwickler stehen auf dem Standpunkt, dass sowohl Schaltnetzteile als auch D-endstufen konventionellen Lösungen mittlerweile überlegen sind. Spannungsabfälle unter Last, die ebenso wie Rückinduktion durch das Generatorsystem der (Lautsprecher-) Treiber Verzerrungen induzieren, wurden als typische (analoge) Probleme von Netzteilen und D-endstufen identifiziert. Denn notwendigerweise ist auch eine D-endstufe ab ihrem Pulsweiten-modulator analog und produziert im Teamwork mit der Last Fehler. Die Lösung dieser Probleme heißt bei Technics
„Active Distortion Cancelling Technology“und besteht im Prinzip darin, eine Art von Gegenkopplung einzuführen, bei der das Signal an den Ausgangsklemmen abgegriffen, via A/d-wandler digitalisiert und schließlich, nach einer Spannungskalibrierung und dem Abzug von Gleichspannungsanteilen, mit dem sauberen (digitalen) Eingangssignal der Jeno-engine vor dem Pulsweitenmodulator zu „verrechnen“. Letztlich sollen so lediglich die Verzerrungen auf rein digitaler Ebene kompensiert werden.
Diese Idee funktioniert, neben vielen anderen Maßnahmen, wie etwa superschnelle Schalttransistoren in der Generatorstufe, unüberhörbar gut und stellt wohl die derzeit beste Lösung auf einem Gebiet dar, an dem gerade auch bei der Konkurrenz intensiv entwickelt wird.
Mit Verve, jeder Menge Druck, ja fast schon Gewalt und beeindruckender Schnelligkeit katapultiert sich der SU-R1000 jedenfalls förmlich in die Riege einer kleinen Handvoll der besten jemals gehörten Verstärker. Hoch kontrolliert und ausgeglichen findet hier keine Schönfärberei, aber auch keine überbordende Analytik statt, der Amp spielt perlig, frisch, schlank-sauber transparent und dennoch eingängig. Wer alles ganz genau wissen will, aber trotzdem keine Spur genervt sein möchte, ist hier an der goldrichtigen Adresse, wobei weder die clevere Phonostufe noch die Digitaleingänge auch nur die geringsten Abstriche an der Zufriedenheit der – breit grinsenden – Tester verursachten. Da hier auch in puncto Dreidimensionalität und Klangfarben alles weit mehr als nur seine Richtigkeit hat, liegt die Schlussfolgerung auf der Hand:
„Technics hat es sich zum Ziel erklärt, die Klangqualität von Digitalverstärkern auf ein völlig neues Niveau zu heben.“
Der SU-R1000 zählt preisunabhängig zu den absoluten Topverstärkern. Und bietet derzeit einzigartige Features, die sogar höchst anspruchsvolle PhonoPuristen sehr, sehr nachdenklich machen sollten.
Dass dieses hoch beeindruckende, übrigens updatefähige Gesamtpaket seinen Preis hat, ja haben muss, ist klar. Aber vielleicht geht es Ihnen so wie uns: Wir hätten ihn sehr viel höher geschätzt...