Jenseits der Erwartungen
Sie tun es also doch wieder. Kaum acht Monate sind nach ihrem Mammut-konzeptalbum „The All Is One“vergangen, da trumpft die norwegische Band Motorpsycho mit einem neuen Rundumschlag auf. Die Fahrtrichtung ist zu der des Vorgängers entgegengesetzt. Es gibt kein zentrales Thema, um das alle Songs kreisen würden, es wird auch nicht mit solcher Ausgiebigkeit in den Fluren des Jazz und der freien Improvisation geplündert, sondern bei „Kingdom Of Oblivion“handelt es sich um eine Sammlung handfester Rock-songs, die man genau so in einem Konzert spielen könnte.
Einige von ihnen waren noch von der vorherigen Produktion übrig, hätten aus dem Doppel- aber ein Drei- oder Vierfachalbum gemacht. Andere Tracks entstanden neu.während des Lockdowns hatte man ja auch in Norwegen mehr als genug Zeit. Um aus einem Dutzend Songs ein komplettes Album zu machen, verlieh man ihnen eine einheitliche Klanganmutung und feilte lange an der Reihenfolge, sodass es am Ende doch wieder wie ein Konzeptalbum klingt, nur eben ohne vorgefertigtes Konzept. Mit den ersten Tracks scheint die Band an ihre eigenen Anfänge zurückzukehren. Sie erinnern stark an Alben wie „Demon Box“oder „Timothy’s Monster“. In der Mitte von „Kingdom Of Oblivion“geben sich die drei Norweger dann einem Led-zeppelin-flash hin, den man fast als „Led Zeppelin V“bezeichnen könnte. Gegen Ende läuft alles auf ein Finale hinaus, das es mit den größten Momenten ihres vor neun Jahren veröffentlichten Opus Magnus „The Death Defying Unicorn“aufnehmen könnte. Der Output von Motorpsycho erscheint fast nicht mehr nachvollziehbar, und das nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Mit Hardrock-krachern und leisen Balladen, kurzen und langen Stücken, Retro-perspektiven und futuristischen Ausblicken übertrifft dieser Bund von Wahnsinnigen sich einmal mehr selbst.