Virtuose Poesie
Vor sieben Jahren veröffentlichte Zlata Chochieva eine sensationelle Aufnahme der Etüden Chopins, die kaum Beachtung fand; 2016 ließ sie einen weiteren Geniestreich mit den „Etudes-tableaux“Rachmaninows folgen. Jetzt hat die 36-jährige Moskauerin eine sehr persönliche Auswahl von Klaviertranskriptionen unter dem Titel „(re)creations“eingespielt, die Franz Liszt, Sergej Rachmaninow und Ignaz Friedman von Instrumentalwerken von Bach, Bizet, Mahler,tschaikowsky und anderen sowie Liedern von Schubert und Mendelssohn angefertigt hatten, um die damalige „Weltmacht“ihres Instruments spektakulär zu unterstreichen.
Und wieder gelingt es der in Berlin lebenden Pianistin, hinter aller technischen Bravour völlig neue Einblicke zu geben in die Feinstrukturen und in die inneren Seelenregionen dieser meist großformatigen Werke, und so auch den tieferen Sinn solcher „Transformationen“zu enthüllen: Denn es handelt sich ausnahmslos um hochmusikalische Neuschöpfungen, die den Geist des Originals aus dem Blickwinkel des Bearbeiters neu ausleuchten. Den größten Eindruck hinterlassen
Liszts Klavierfassungen von Liedern Schuberts und Mendelssohns, in denen Chochieva den vokalen Gestus der Melodie mit berückendem, stets strömendem Legato aufs Klavier überträgt, und so echte „Lieder ohne Worte“kreiiert. Das klingt überzeugender, schöner und poetisch stimmiger als so manche manierierte Vokalaufnahme. In Rachmaninows kongenialer Übertragung des Scherzos aus dem „Sommernachtstraum“aber lässt die Pianistin ihrer stupenden Virtuosität freien Lauf: Eine ungemein suggestive Hommage an die größten Pianisten der Vergangenheit und zugleich eine grandiose Vorstellung pianistischer Souveränität.