Des Tangos reine Seele
Astor Piazzolla (1921-1992) ist der Schöpfer des „Tango nuevo“. Bereits in den 1950er-jahren befreite er den argentinischen Tanz aus der „Unterwelt“der Bordelle und Kaffeehäuser und verwandelte ihn in eine seriöse Musikgattung.
Der 39-jährige Bandoneon-virtuose und Komponist Omar Massa führt seit Jahren Piazzollas Erbe fort und hat dem klassischen Tango ganz neue, aufregende Perspektiven geöffnet. Er hat jetzt in seiner Wahlheimat Berlin eine neue Trioformation gegründet und zu Piazzollas 100. Geburtstag seine tiefe künstlerische Verbundenheit mit dessen modernem Tango in einem 17-teiligen Album verewigt, das einen großen Bogen zieht von den Ursprüngen der Gattung bis zu ganz neuen, eigenen Beiträgen, die sich auch der europäischen Moderne öffnen.
Massa ist ein tiefschürfender Tango-poet, der sich wie Piazzolla weit entfernt hat von den aggressiven Gesten und dem krachenden Charme des alten Stils. So bildet in seinem Arde-trio das von ihm unglaublich virtuos und suggestiv gespielte Bandoneon das harmonische Fundament eines durch den Geiger Markus Däunert und die Bratschistin Danusha Waskiewicz kunstvoll und mit großem Einsatz überhöhten, ätherisch schönen Dreiergesprächs mit ständig wechselnden Farben, Stimmungen und Rhythmen, die das eigentliche, tiefe Seelenpotenzial und die sanfte Melancholie des Tangos völlig neu und nachhaltig ausleuchten. Es bleibt Massas Geheimnis, wie er durch seine hochartifiziellen Arrangements selbst den bekannten Tango-hits Piazzollas neues Leben, Zärtlichkeit und Magie einhaucht, unterstützt von zwei ähnlich charismatischen Top-solisten. Auf die Fortsetzung dieses wunderbaren Tango-abenteuers darf man gespannt sein.