Stereoplay

Raumklang aus nur zwei Lautsprech­ern

Hochklassi­ge Musik großer Künstler in fasziniere­ndem Raumklang, aber ohne komplizier­tes und teures Setup? The Audiophile Society macht’s möglich, und zwar mit Aufnahmen in ihrem beeindruck­enden Mega-dimensiona­l Sound.

- David Chesky

Seit ich denken kann, spiele und schreibe ich Musik und mache Aufnahmen. Und ich hatte schon immer eine tiefe Liebe für High Fidelity. Bei meiner ursprüngli­chen Plattenfir­ma, Chesky Records, habe ich mit einem Single-point-mikrofon begonnen, um das einzufange­n, was der Dirigent hörte. Dann waren wir Pioniere des Oversampli­ngs, dann 96/24 und 192/24 und DSD. Dann gingen wir dazu über, binaurale Aufnahmen zu machen.

Bei Stereoaufn­ahmen sind wir seit den Anfängen in diesem 60-Grad-dreieck steckengeb­lieben. Jetzt, wo ich älter bin und einen Großteil meiner Zeit damit verbringe, klassische Musik zu komponiere­n und Jazz zu spielen, wollte ich etwas anderes ausprobier­en. Wie kann ich Aufnahmen machen, die eindringli­cher sind und die der Hörer erleben kann, ohne dass er sich dafür weitere Lautsprech­er oder Prozessore­n kaufen müsste?

Ich fing an, darüber nachzudenk­en, wie wir hören, warum wir wissen, dass wir uns in einem bestimmten Raum befinden und welche Audiohinwe­ise uns diese Informatio­nen geben. Und dann sagte ich mir: „Ich möchte versuchen, Aufnahmen zu machen, die über das 60-Grad-dreieck hinausgehe­n und dem Hörer eine massive Wall of Sound inklusive Tiefen- und Höheninfor­mationen bieten.“Also gründete ich The Audiophile Society als Hobby, um Spaß zu haben und zu sehen, ob ich das würde erreichen können, um einfach zu experiment­ieren und neue Dinge auszuprobi­eren, egal wie albern oder verrückt diese auch erscheinen mögen.

Lassen Sie uns also zunächst ganz offen und ehrlich sein. Bei Chesky Records ging es immer um Reinheit, um einen einfachen Mikrofonwe­g und um einen Stereo-mikrofonvo­rverstärke­r mit A/d-wandler – das war’s. Aber das war vor 30 Jahren, und das hat uns auf die Art von Musik beschränkt, die wir auf diese Weise aufnehmen konnten: akustische Musik, die sich von selbst ausbalanci­erte.

Akustische Landschaft­en

Jetzt haben wir mit DSPS und anderen Dingen die Möglichkei­t, akustische Landschaft­en zu schaffen und diese fein abzustimme­n. Eines der wichtigste­n Dinge ist für mich der Klang – er ist die Poesie der Musik. Ein großartige­r Geiger oder Saxofonist arbeitet sein ganzes Leben lang daran, einen schönen Ton zu erzeugen. Rockgitarr­isten tauschen Röhren, Saiten und Tonabnehme­r aus, um den gewünschte­n Ton hinzubekom­men.

Viele der klassische­n Alben, die Audiophile mögen, klingen überhaupt nicht wie echte Musik, denn sie bieten zwar eine schöne räumliche Abbildung und eine gute Klangbühne, aber der Ton ist für meinen Geschmack unpassend, meist zu hell. Es scheint, dass Hifi heutzutage hyperreal ist, fast wie ein fluoreszie­rendes Gemälde eines Naturereig­nisses. Wenn Sie diesen Klang wollen, ist das in Ordnung, denn jeder hat das Recht, sich seinen eigenen Klang mit seiner Hifi-anlage zu erzeugen, so wie jeder das Recht hat, zwischen Ketchup und Mayonnaise auf den Pommes frites zu wählen. Und ich bin sogar für Klangregle­r und EQ in Vorverstär­kern für Leute, die ihren eigenen Sound schaffen möchten. Mit The Audiophile Society ist es mein Ziel, dem Hörer eine massive 3D-klangwand mit einem angenehmen, natürliche­n Klang anzubieten.

Da die Heft-cd ein Sampler ist, geben wir Ihnen damit einen Vorgeschma­ck auf unsere Arbeit. Wenn sich jemand bei The Audiophile Society ein Album herunterlä­dt, fügen wir einen separaten KopfhörerM­ix bei. Warum? Weil die HRTF (die komplexe Filterwirk­ung von Kopf, Außenohr und Rumpf) für Kopfhörer und Lautsprech­er völlig unterschie­dlich ist. Und weil ich glaube, dass jemand, der nur den Lautsprech­er-mix gehört hat, das volle

Potenzial einer Kopfhörer-abmischung überhaupt nicht erahnen kann.

Darum bieten wir dies an, und es ist eine völlig andere Perspektiv­e, da wir eine viel größere „akustische Leinwand“verwenden können: Wir schwenken über 180 Grad hinaus, um einen besseren Raumklang zu vermitteln und die musikalisc­hen Linien besser hörbar zu machen.

Was ist nun besser, PCM oder DSD? Ich weiß es nicht, denn jeder mag, was er mag. Aber wir fügen der Pcm-datei auch eine Dsd-datei bei, damit jeder vergleiche­n und sich selbst ein Bild machen kann. Im Hifi gibt es so viele Vorlieben und Ansichten. Was ist besser, der Klang der Berliner Philharmon­ie oder der des Musikverei­ns in Wien? Aus diesem Grund gibt es so viele Lautsprech­er, Verstärker und DACS, weil jeder einen anderen Geschmack hat, und so ist es schließlic­h auch mit den Audio-codecs.

Kommen wir zur Musik. Alle Künstler auf The Audiophile Society sind nicht nur hervorrage­nde Musiker, sondern auch persönlich­e Bekannte von mir. Die meisten von ihnen leben in New York City und sind offen dafür, neue Dinge in Sachen Aufnahme auszuprobi­eren.

Unsere Aufnahmete­chniken

Wie arbeiten wir im Studio? Einige der Alben, zum Beispiel die klassische­n, werden mit einem Paar omnidirekt­ionaler Mikrofone über dem Kopf des Dirigenten aufgenomme­n. Bei Jazzaufnah­men arbeiten wir teils mit einer Mischung aus Bändchen- und Omni-mikrofonen. Palomas Stimme haben wir mit einem Bändchenmi­krofon eingefange­n.

Ich vergleiche eine Aufnahme gerne mit dem Besuch in einem schönen Restaurant. Wenn man dort Fisch bestellt und diesen dann roh vorgesetzt bekommt, ist man als Gast vielleicht nicht glücklich. Man möchte, dass der Koch den Fisch zubereitet und würzt. Denken Sie immer daran: Wer in ein Konzert geht, hört dort mit dem Auge. Es sagt einem, wo die akustische Bildgebung ist. Zu Hause ist das gänzlich anders: Vor Ihnen stehen nur zwei Boxen, und wir Tontechnik­er müssen wie Zauberer die Illusion erzeugen, dass sich eine Band, ein Sänger oder ein ganzes Orchester in Ihrem Haus befindet. Und jeder Tontechnik­er hat seine eigenen geheimen Methoden, um das zu erreichen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Hören der HeftCD. Und besuchen Sie uns gerne unter www.theaudioph­ilesociety.com. ■

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KOMPONIST, PRODUZENT, MUSIKER: David Chesky am Piano.

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