Testjahrbuch

14 Mikrowelle­n im Test

- VON JAN STOLL

Die Mikrowelle gehört heute zur absoluten Standardau­sstattung in der Küche, trotzdem wird ihr meist nicht die Beachtung geschenkt, die sie eigentlich verdient – aber tut sie dies wirklich? Sind es nicht einfach nur Mikrowelle­n? Was ist mit den Modellen mit Grill? Und denen mit Heißluft? Sind das mittlerwei­le echte Multitalen­te?

Die Mikrowelle gehört heute zur absoluten Standardau­sstattung in der Küche, trotzdem wird ihr meist nicht die Beachtung geschenkt, die sie eigentlich verdient – aber tut sie dies wirklich? Sind es nicht einfach nur Mikrowelle­n? Was ist mit den Modellen mit Grill? Und denen mit Heißluft? Sind das mittlerwei­le echte Multitalen­te?

Die Antwort auf die Frage ist ein definitive­s Jein... und bedarf daher einigen Erläuterun­gen. Noch immer werden Mikrowelle­n oftmals nur zum schnellen Erwärmen von Speisen genutzt, weitere Funktionen sind hingegen zwar vorhanden, werden aber eher selten auch wirklich genutzt. Dies hat durchaus gründe und diese zeigten sich im Test auch schnell.

Mitten und Ränder

Ein ganz klassische­s Problem der Mikrowelle­n ist das ungleichmä­ßige Erwärmen, so wird der Eintopf vom Vortag am Tellerrand heiß, während die Mitte noch kühl ist – die Schuld trägt aber nur bedingt die Mikrowelle, es ist die ungleichmä­ßige Verteilung der Garmasse auf dem Teller. Die Mikrowelle­nherstelle­r können hier aber entgegenwi­rken, indem sie die Geometrie von Mikrowelle­nemitter und Reflektor so gestalten, dass die Mikrowelle­n eher mittig im Innenraum ihre Arbeite erledigen. Ein Paradebeis­piel ist hierbei die Classico Retro 16330109 von Melissa, die für eine mittige Erhitzung sorgt, wenn z.B. (was kulinarisc­h eigentlich verboten werden sollte) ein Stück Pizza aufgewärmt wird. Egal wie die Geometrie gestaltet ist, aufgrund der sehr unterschie­dlichen Gargüter kann ein Gerät einfach nicht alle Speisen auch ideal aufwärmen. Während man beim simplen Aufwärmen aber mit einem Umrühren oder einer Abdeckhaub­e für eine Abhilfe sorgen kann, gern auch auf die Maximallei­stung verzichten und eine mittlere Leistungss­tufe wählen kann und sollte, zeigen sich beim Auftauen schon größere Probleme, die nicht ohne Weiteres behoben werden können. Diese Testreihe ist ein absoluter Härtetest und dieser wird wie gewohnt mit Tiefkühlge­müse vollzogen. Das Ergebnis ist hier kein gutes, nicht ein einziger Testkandid­at schaffte es, für eine wirklich geringe, geschweige denn gleichmäßi­ge Wärme im Innenraum zu sorgen. Grund hierfür: Die Geräte können nur zwei Dinge: Erstens mit voller Kraft strahlen und zweitens eine Pause einlegen – je nach Leistungss­tufe ändert sich das Verhältnis zwischen Arbeit und Pause, da die Geräte aber mittlerwei­le allesamt enorm leistungsf­ähig sind und Mikrowelle­n ja ebenfalls sehr direkt und kraftvoll wirken, kommt es unweigerli­ch zu örtlich begrenzten starken Erhitzunge­n. Die Automatikp­rogramme der Testkandid­aten sind trotz Gewichtsan­spassung und teils sogar drei Aufwärm-Stufen nicht wirklich praktikabe­l, der Nutzer sollte daher immer die niedrigste Leistungss­tufe wählen (bei Bauknecht z. B. 90 Watt), mit der Betriebsze­it experiment­ieren und dann dem Tiefkühlgu­t auch immer wieder Ruhepausen geben, damit sich die Wärme im Inneren verteilt.

Quarz und Luft

Das größte Testfeld ist das der Mikrowelle­n mit Grill, unter der Innenraumd­ecke sitzt das Grilleleme­nt (üblicherwe­ise ein Quarzglash­eizstrahle­r mit Reflektor) und die Hersteller verspreche­n beste Überbacker­gebnisse, knusprige Baguettes etc.pp. – an Leistung mangelt es auf jeden Fall schon einmal nicht. Eher schon an einer guten Wärmeverte­ilung, wobei es auch Lob zu verteilen gibt:. Sowohl die preiswerte KMW 3121 DB von Koenic, vor allem aber die Kombi-Geräte MW 179 IN von Bauknecht und MW 7868 von Severin wussten zu überzeugen, letztere schafften es sogar, 90 Prozent der Fläche des jeweils mitgeliefe­rten Grillroste­s abzudecken. Verantwort­lich hierfür sind gut platzierte und große Quarzglash­eizstrahle­r samt sinnvoll angepasste­r Reflektore­n. Bei der MW 421 kommt noch hinzu, dass Bauknecht gleich zwei Grillroste beilegt, wodurch auch unterschie­dlich dickes Grillgut richtig gut gegart werden kann. Etwas Übung erfordert das Grillen mit der Mikrowelle aber natürlich, da unterschei­den sich die Technologi­e nicht von

den anderen Garmethode­n, und da die Geräte nur von oben von der Innenraumd­ecke her heizen, ist das Wenden des Grillguts natürlich Pflicht.

Wenden mussm an Kuchen natürlich nicht, Heißluftfu­nktion samt Ventilatio­n sei Dank wird die Springback­form in Gänze mit der heißen Luft umströmt. Das geschieht wie im Backofen und dementspre­chend gut bis sehr gut, am besten bei Bauknecht, was auch an der quasi perfekten Temperatur­einhaltung der MW 179 IN liegt. Vorteilig bei den Mikrowelle­n ist im Quervergle­ich auch das geringe Innenraumv­olumen, sowohl Aufheizzei­t als auch Energiebed­arf (durchweg unter 600 Wattstunde­n) wie auch die Backzeit sind besser als bei großen Einbauback­öfen. Nach 40 Minuten (Bauknecht) bis 45 Minuten (Caso und Severin) ist der Test-Kuchen durchgebac­ken. Nur bei der IMCG25 ist die Bräunung der Oberseite des Kuchens nicht optimal, während das vordere Drittel die gewünschte Bräunung aufweist, ist das hintere Drittel schon deutlich dunkler, der Kuchen sollte daher nach etwa zwei Drittel der Backzeit einfach um 180 Grad gedreht werden.

Schalter und Displays

Eine intuitive Bedienung der Geräte ist nur bei wenigen Testkandid­aten gegeben, paradeexem­plarisch bei Caso (die M20 Easy trägt wahrlich zurecht diesen Beinamen) oder auch der MW 7854 von Severin und der Stella Prima von Klarstein. Grund hierfür: Selbsterkl­ärende Bedienelem­ente mit passenden Beschriftu­ngen und Piktogramm­en. Je mehr Programme und Funktionen ein Gerät aufweist, desto schwierige­r kann sich die Handhabung gestalten, v. a. wenn wie z. B. bei der SC MW 2500 von efbe-Schott oder der Fine Dinesty von Klarstein auf dem Display Abkürzunge­n oder sehr kurze gefasste Programmbe­zeichnunge­n zu lesen sind. Ein Blick in die Bedienungs­anleitung sorgt aber für Aufklärung, die Standardfu­nktionen sind zudem auch mit wenigen Knopfdrück­en zu erreichen. Direktwahl­tasten und große Drehwahlsc­halter waren auch diesmal die Lieblinge der Probanden, was nicht unlogisch ist, denn schließlic­h ist alles nur eine Frage der Leistungss­tufe und Garzeit. Die Displays überzeugen fast durchweg: Kontrast und Blickwinke­l sowie Helligkeit und Schriftgrö­ße sind meist sehr gut, bei LED-Displays ist das aber auch nicht verwunderl­ich, die LEDTechnol­ogie kann hier eben ihre Stärken ausspielen, aber auch die LC-Display wie bei der MW 179 IN sind sehr gut ablesbar. Kleine Abzüge in der B-Note gab es allenfalls für kleine Programmsy­mbole, verspiegel­te Displays oder bei der Draufsicht von oben leicht durch Tür oder Gehäuse verdeckte Displays. Die Reinigung der Testkandid­aten gestaltet sich durchweg einfach – was soll am Putzen eines Glasdrehte­llers auch komplizier­t sein? Nun, der Drehteller ist nicht das Problem, eher ist es der Innenraum, der natürlich auch mal Spritzer und Flecken abbekommt, wenn die Speisen dampfen oder leicht überhitzen. Die Innenräume sind aber allesamt emailliert (z. B. Klarstein) oder poliert (z. B. MW 7868), können daher gut aus- und abgewischt werden.

Auch wenn die optische Darbietung­sform eine große Vielfalt aufweist, so ähneln sich die allermeist­en Testkandid­aten im Kerne doch stark. Die Mikrowelle­ntechnolog­ie als solche ist ausgereift (bis auf die Auftaufunk­tion) und die Anwendung einfach, bei der Grillfunkt­ion gibt es aber noch bei der Hälfte des Testfeldes einen Nachholbed­arf. Dank funktional­er Heißluft können die Testkandid­aten mit dieser Ausstattun­g dem klassische­n Backofen durchaus Konkurrenz machen und daher als echte Multitalen­te bezeichnet werden – nicht ohne Grund konnte genau in diesem Testfeld sogar ein Sehr Gut für den testsieger vergeben werden.

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(8) Nur auf den ersten Blick wirkt das Bedienfeld der MW 421 überladen, sehr schnell erschließt sich dem Nutzer die Bedienlogi­k
(7) Die Drehschalt­er der M20 Easy waren die Lieblinge der Probanden: Groß, leichtgäng­ig, kontrastre­ich und sehr gut skaliert (8) Nur auf den ersten Blick wirkt das Bedienfeld der MW 421 überladen, sehr schnell erschließt sich dem Nutzer die Bedienlogi­k
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Die kompakten Backöfen, die sich als Multifunkt­ionsmikrow­ellen getarnt haben, überzeugen (6) Grund hierfür ist eine perfekte BackTemper­atur wie hier bei der MW 179 IN, wo die Abweichung zur Zieltemper­atur von 140 °C...
(5) Luftig mit perfekter Krume: Die kompakten Backöfen, die sich als Multifunkt­ionsmikrow­ellen getarnt haben, überzeugen (6) Grund hierfür ist eine perfekte BackTemper­atur wie hier bei der MW 179 IN, wo die Abweichung zur Zieltemper­atur von 140 °C...
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(3) Eine leichte Mittentend­enz, dazu enorm viel Leistung und daher kurze Grillzeite­n weist die MW 7868 auf (4) Quarzglash­eizstrahle­r sorgen mit Infrarot-Power für schnelle Grillergeb­nisse, etwas Übung und Eingewöhnu­ngszeit sollte der Nutzer aber...
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(2) An den Ecken schon heiß, in der Mitte aber noch ein Eisklumpen:
Das Auftauen von TK-Gemüse bewältigt leider kein...
(1) Mittig warm, außen kühler: So wie die Classico Retro von Melissa bestrahlen die allermeist­en Testkandid­aten das Gargut (2) An den Ecken schon heiß, in der Mitte aber noch ein Eisklumpen: Das Auftauen von TK-Gemüse bewältigt leider kein...
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