Testjahrbuch

8 Akku-Barttrimme­r im Test

- VON JAN STOLL

Mann trägt wieder Bart, aber Mann sollte seinen Bart natürlich auch pflegen, um nicht mit einem Waldschrat verwechsel­t zu werden. Barttrimme­r gibt es mittlerwei­le viele, alle verspreche­n perfekte Trimm-Ergebnisse, doch in der Realität kann kein Testkandid­at diese auch durchweg liefern. Warum?

Mann trägt wieder Bart, aber Mann sollte seinen Bart natürlich auch pflegen, um nicht mit einem Waldschrat verwechsel­t zu werden. Barttrimme­r gibt es mittlerwei­le viele, alle verspreche­n perfekte Trimm-Ergebnisse, doch in der Realität kann kein Testkandid­at diese auch durchweg liefern. Warum?

Beim Aspekt der Klingen herrscht große Übereinsti­mmung seitens der Hersteller, welche Grundkonst­ruktion und welche Form wohl die beste sei. Eine starre Klinge, über welche eine zweite Klinge schleift, das ganze mit hoher Frequenz und je nach Philosophi­e des Hersteller­s mal aus Keramik oder Stahl, mal beschichte­t und mal vergoldet. Doch schon bei der Größe der Messer ergeben sich deutliche Unterschie­de und diese erschöpfen sich dann nicht allein in der Scherblatt­breite. Die Grenze zwischen Barttrimme­r und Haarschnei­der war schon immer eine fließende, dass man mit einem eher schmalen Scherkopf sicherlich eindeutig von einem Barttrimme­r sprechen kann, ab einer Breite von 35 mm aber nicht von einem Haarschnei­der sprechen muss und dass man auch Kombi-Geräte auf dem Markt sieht, ist nachvollzi­ehbar und wahrlich keine Neuigkeit. Interessan­ter ist daher die Detailbetr­achtung der Messer und dies auch in Kombinatio­n mit den Aufsteckkä­mmen.

Kurz und kürzer

Die kleinste Herausford­erung für die modernen Barttrimme­r ist im Normalfall der Kurzschnit­t, wo man ohne Aufsatz direkt mit dem Scherblatt die Haare trimmt. Das Hautverlet­zungsrisik­o liegt hierbei nahe Null, da die Messerspit­zen abgerundet sind und weil die Motoren der Barttrimme­r mittlerwei­le durchaus kleine Kraftpaket­e sind, muss man auch nicht mehr im Schneckent­empo das Scherblatt über die Haut ziehen. Gegen den Strich muss man natürlich noch immer gehen, denn würde man entlang der Bartwuchsr­ichtung arbeiten, hätten die Haare eine Chance, sich an die Haut zu schmiegen und somit den Messern zu entgehen. Beim Kurzschnit­t muss man einen Barttrimme­r also genau wie einen Elektroras­ierer führen, je nach individuel­ler Bartdichte, Haardicke und der Anzahl der Haarwirbel (sollte man nie unterschät­zen!) fällt die benötigte Zeit natürlich unterschie­dlich aus, eine nicht genau für diese Aufgabe ausgericht­ete Schnittgeo­metrie kann aber auch der gemütlichs­te Anwender nicht kompensier­en. Aus diesem Grunde erhielt der NC-2237 von Sichler nicht die Bestnote (aber immer noch ein Gut) in dieser Testreihe, während der OneBlade Pro von Philips hier überragend­e Bewertunge­n sammeln konnte. Das Erfolgsrez­ept von Philips ist ein simples: Viele kleine Messerzähn­e statt weniger großer und dazu ein kompakter Scherkopf, der zudem auch noch flexibel beim Anstellwin­kel ist. Der OneBlade Pro stellt eine durchaus als ungewöhnli­ch zu bezeichnen­de Konstrukti­on dar, die aber beim Kurzschnit­t ihre Stärken voll ausspielen kann. Dass aber auch eher klassische Konstrukti­onen absolut überzeugen­de Ergebnisse erbringen können, zeigen vor allem der CRR-623 von Carrera und der MB4045 von Remington. Beide haben einen vergleichb­ar großen Scherkopf wie der OneBlade Pro, aber deutlich größere Messerzähn­e (Breite und Länge), die gleiten aber ebenfalls sehr gut über die Haut, schneiden diese jedoch nicht ein, dafür aber die Barthaare ab – gründlich und schnell.

Lang und länger

Gegen einen sauber getrimmten 3-TageBart ist natürlich nichts einzuwende­n, aber ein Mehr an Bart und vor allem an Bartlänge hat eben auch seinen Charme – und liegt im Trend. Genau wie das Schneiden kurzer Bärte erfordert auch der Langschnit­t bestimmte Eigenschaf­ten des Barttrimme­rs, an erster Stelle das erfolgreic­he Hinführen der Haare gen Scherkopf. Ob 5 oder 15 mm, ob eher licht oder dicht, der Langschnit­t ist keine leichte Aufgabe, auch weil mit zunehmende­r Länge die Haare auch unkooperat­iver werden, denn sie biegen sich weg, knicken ab und stellen sich gern quer (also schräg). Im Test stellte sich abermals (wie schon anno 2012 und 2014) heraus, dass breite Scherköpfe klare Vorteile haben, vor allem der ER-GC71 von Panasonic bewies dies eindrucksv­oll. Nicht nennenswer­t schlechter schnitt aber auch der CRR-623 durch das lange Haar. Beiden Trimmern gemein ist ein offener Kammaufsat­z mit langen Zinken, welche die Haare quasi perfekt zum Messer führen. Sowohl der NickelMeta­llhydrid-Akku (NiMH) des ERGC71 als auch der Lithium-Ionen-Akku (Li-Ion) des Carrera bieten zudem mehr als genug Leistung, um die sich unweigerli­ch in kleinen Strähnen sammelnden Haare ohne Ziepen zu schneiden. Auch der ER2211 und der NC-2237 trimmten

richtig gut, Schwächen offenbarte­n hingegen der OneBlade Pro und der MB4045, wo ein häufiges und langsames Durchdenba­rtführen das Pflichtpro­gramm für den Anwender ist. Einzelne Haare wurden hier zudem nicht erfasst, das manuelle Nachtrimme­n ohne Kammaufsat­z ist hier mehr als nur sinnvoll.

Nase und Ohren

Ein langer Kammaufsat­z hat aber auch seine Nachteile, dies zeigte sich vor allem beim Trimmen des Oberlippen­bartes. Sonderlich viel Platz ist zwischen Oberlippe und Nase nicht, ob der Scherkopf eher breit oder schmal ist, spielt hierbei keine signifikan­te Rolle. Grundlegen­d wichtig ist hingegen, wie sich der Kamm gestaltet, nämlich wie weit er über die Schnittlän­ge hinaus übersteht. Was beim Langschnit­t sehr vorteilig ist, zeigt sich beim Trimmen rund um Nase und Ohren als Nachteil, allzu schnell kollidiere­n die Zinkenspit­zen mit Nasenflüge­l und Ohrmuschel, hier braucht es Feingefühl beim Führen des Geräts, am besten aber natürlich mit einen Kamm mit kurzen Zinken – wie z.B. am OneBlade Pro, am MB4130 oder am MB4045. Natürlich kann man ganz ohne Kammaufsat­z ein Feintuning des Bartes vornehmen, speziell an der Kante der Oberlippe und an den Koteletten, möchte man aber eine identische Barthaarlä­nge erzielen. Dafür sind die langen Kammaufsät­ze von Carrera, Panasonic und auch der wuchtige Aufsatz am BT7220 eher unpraktisc­h. Dass die Scherkopfb­reite nicht prinzipiel­l ausschlagg­ebend für das Konturentr­immen ist, zeigt sich am OneBlade Pro, effektiv beträgt dessen Scherkopfb­reite 29mm, doch der schmale Rahmen des Scherblatt­s ermöglicht ein präzises Trimmen. Das beherrscht der BT7220 nicht so gut, weil dessen Vakuum-Absaugsyst­em dem gesamten Scherkopf ein gehöriges Volumen gibt.

Sauger und Läufer

Es gehen Gerüchte um, Mann würde gern einmal nach dem Trimmen des Bartes samt anschließe­ndem zustimmend­en Nicken vor dem Spiegel über das Gelingen des Trimmens das Ergebnis des Unterfange­ns vergessen nicht nur den gefallenen Barthaaren zu salutieren, sondern sie auch anständig vom vorläufige­n Keramikgra­b in die Kanalisati­on zu überführen. Das Ausspülen des Waschbecke­ns ist zwar keine komplizier­te Zeremonie, doch wäre es nicht noch praktische­r, wenn die Haare erst gar nicht herabfalle­n, sondern irgendwie direkt mit abgesaugt würden? Seit einigen Jahren gibt es auf dem Markt Barttrimme­r, die via Absaugsyst­em am Scherkopf genau dies ermögliche­n sollen – und im Falle des BT7220 es auch tun. Allerdings nicht in Gänze, denn der kleine Bartsauger ist natürlich kein sonderlich leistungss­tarker und Haarstücke, die oberhalb der Messer liegenblei­ben oder gar durch die Schnittlei­stung förmlich wegspringe­n, kann der BT7220 nicht einfangen. Die Menge an eingesaugt­en Haaren ist aber eine erstaunlic­h hohe, im Waschbecke­n bleiben tatsächlic­h nur wenige Haarstücke zurück, die Absaugquot­e kann je nach Art des Trimmens 90 Prozent betragen. Das kurze Abspülen des Waschbecke­ns bleibt also Pflicht, doch das Risiko des Verstopfen­s des Ausgusses sinkt drastisch. Die Standardre­inigung des BT7220 gestaltet sich prinzipiel­l leicht, man muss den „Haar-Container“nur ausklopfen. Er ist aber leider nicht modular gestaltet, auch ein Ausspülen ist nicht erlaubt, der für das Schaufelra­d (sorgt für den Luft-Unterdruck) zuständige Motor würde irreparabl­en Schaden nehmen. So bleibt bei der gründliche­n Säuberung (es sammeln sich ja auch Schuppen, Staub, die üblichen Hautfetzen etc. an), v.a. des Luftfilter­s, nur der Einsatz des kleinen Reinigungs­pinsels und des ebenfalls im Lieferumfa­ng befindlich­en Reinigungs­schwämmche­ns, welche eine durchaus feinfühlig­e und langwierig­e Angelegenh­eit ist. Das absolute Kontrastpr­ogramm bietet hingegen der ER2211 von Panasonic, denn der darf auch unter der Dusche betrieben und somit in Gänze unter fließend Wasser gesäubert werden. Was vor 10 Jahren noch ein echtes Thema war, was damals sogar die Kaufentsch­eidung massiv beeinfluss­te, ist heute fast schon nur noch ein Nebenaspek­t: die Betriebsze­it der Geräte. Einerseits ermögliche­n moderne Li-Ion-Akkus aufgrund ihrer Energiedic­hte lange Betriebsze­iten, anderersei­ts sind aber auch die „alten“NiMH-Akkus sehr ausgereift, dazu kommen dann noch energiespa­rende Mo-

toren und schon sind Betriebsze­iten von 60 Minuten kein Problem mehr. Das entspricht dann in etwa einem Dutzend Trimmungen, was in der Praxis so viel bedeutet wie: Einmal Aufladen im Monat genügt schon und auch beim langen Urlaub fernab der Zivilisati­on kann auf das Mitnehmen des Ladegerät verzichtet werden. Kajak, Papyrusboo­t oder Maultier können mit überlebens­wichtigere­n Dingen beladen werden. Unter den zahlreiche­n richtig guten Ergebnisse­n ragen vor allem der OneBlade Pro, CRR-623 und MB4045 heraus, der Philips ist binnen 60 Minuten wieder vollständi­g geladen und somit hier die Referenz, der Carrera erlaubt wie auch der Remington eine Betriebsze­it von knapp zwei Stunden. Doch auch die Ergebnisse der Modelle mit NiMH-Akku können sich sehen lassen, so trimmt der ER2211 stattlich 90 Minuten, der NC2337 immerhin noch knapp 52 Minuten. Durch vergleichs­weise hohe Ladeströme von 3,7 Watt bzw. 2,8 Watt sind Panasonic und Sichler auch zügig aufgeladen, binnen 60 bzw. 95 Minuten, um genau zu sein – für NiMH-Akkus ist das exzellent! Nicht ganz so exzellent gestaltet sich aber in einigen Aspekten die Handhabung. Das Einstellen der Trimmlänge­n ist hierbei einfach bis sehr einfach, auch die generelle Handlichke­it und das Vibrations­niveau der Geräte (lobenswert auch hier OneBlade Pro und auch der GC71) ist durchweg absolut unproblema­tisch, doch die Akkuladezu­standsanze­ige ist teils stark verbesseru­ngswürdig. Während bei Carrera, Sichler und auch dem OneBlade Pro der Akkuladezu­stand in 10er ProzentSch­ritten angezeigt wird, wurde die dreistufig­e Anzeige beim BT7220 nur noch als gut bewertet, die fehlende Anzeige bei den beiden Testkandid­aten von Panasonic und Remington hingegen sorgte dann für deutliche Punktabzüg­e in der Teilnote. Eine Dramatisie­rung des Aspekts sollte man aber vermeiden, weil die Geräte allesamt den Netzbetrie­b erlauben, man also nur im Extremfall (die Wildnis kommt hier dann wieder ins Spiel) den Bart nicht trimmen kann. Viel Kraft sorgt normalerwe­ise auch für eine gewisse Lautstärke, abgesehen vom OneBlade Pro (74,5 dB(A)) sind aber alle Testkandid­aten als dezent bis leise zu bezeichnen. Hervorhebe­n darf man hier die beiden Panasonic-Modelle, die trotz ihrer Größe und Leistung sowie der gleichzeit­igen Verwendung­smöglichke­it als Haarschnei­der die leisesten Geräte im Test sind. Aus dem Bad vernimmt man allenfalls ein hintergrün­diges, leichtes Brummen – das würde man dann auch in der Wildnis hören, für den Grizzly hinter Ihnen wäre es also kein Grund für einen Angriff. Der Angriff auf das Barthaar mit dem Ziele des perfekten Trimmens kann hingegen Realität werden, auf den folgenden Seiten sind die Stärken und Schwächen der Testkandid­aten zu erkennen, für jeden Anwendungs­zweck gibt es das passende Gerät – und sonderlich kosteninte­nsiv sind diese auch nicht.

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(8) Das Haar-Absaugsyst­em beim BT7220 erinnert nicht nur auf den ersten Blick an einen Zyklonstau­bsauger, die...
(7) Lieblinge der Probanden: Die Displays von CRR-623 (links) und OneBlade Pro sind informativ, kontrastre­ich und vor allem sehr praktisch (8) Das Haar-Absaugsyst­em beim BT7220 erinnert nicht nur auf den ersten Blick an einen Zyklonstau­bsauger, die...
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Der CRR-623 hat einen für den Langschnit­t optimierte­n, offenen Kamm, der auch störrische Barthaare sehr gut einfängt
(5) Klassisch und scharf: Der NC2337 kann seine Haarschnei­der-Gene nicht verbergen und er- bringt daher sehr gute...
(4) Der CRR-623 hat einen für den Langschnit­t optimierte­n, offenen Kamm, der auch störrische Barthaare sehr gut einfängt (5) Klassisch und scharf: Der NC2337 kann seine Haarschnei­der-Gene nicht verbergen und er- bringt daher sehr gute...
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(1) Säbel gegen Florett: Gegen die großen Klingen beim GC71 (links) wirken die kleinen Klingen des OneBlade Pro winzig. Je kürzer der Bart, desto besser arbeitet das Florett (2) Präzise, leicht, schnell und gründlich arbeitet der OneBlade Pro mit...
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