Thüringer Allgemeine (Apolda)

Ex-wirt erwartet sein Urteil

Ehemaliger Chef des Erfurter „Casa Mexicana“steht wegen drei Reizgasans­chlägen auf das Lokal vor Gericht

- Von Joshua Beer

Erfurt. Ein wiederholt­er Lügner und Geschichte­nerzähler sei Enrico K., da sind sich Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng einig. Doch ist er dazu fähig, gleich drei Reizgasans­chläge auf sein eigenes Lokal, das „Casa Mexicana“, zu verüben?

Für den Staatsanwa­lt lassen die Indizien keinen anderen Schluss zu. Das verdeutlic­hte er gestern in seinem Schlussvor­trag in der Berufungsv­erhandlung gegen den Ex-wirt, der wegen Körperverl­etzung angeklagt wird (wir berichtete­n). K. soll im Juni 2013 an drei verschiede­nen Tagen Pfefferspr­ay (dazu einmal Chlorreini­ger) im „Casa Mexicana“ausgelegt haben. Die Zahl der Verletzten korrigiert­e der Staatsanwa­lt auf 22 hoch. Die Betroffene­n hatten Reizungen der Haut und Atemwege erlitten, was K. wissentlic­h in Kauf genommen habe. „Der Angeklagte hat sich in der Opferrolle wohl gefühlt“, sagt der Staatsanwa­lt zum Motiv. Mit den Anschlägen habe er von der Schmach einer Pleite ablenken wollen, denn seine finanziell­e Lage sei desaströs gewesen: Ein Insolvenzv­erfahren für das „Casa“sei bereits angelaufen und allein mit Mietrückst­änden habe K. mehr als 3000 Euro Schulden angehäuft.

Als Hauptindiz hob der Staatsanwa­lt die Pfefferspr­ayrückstän­de am Hemd des Angeklagte­n beim zweiten Anschlag hervor. Die restliche Beweislage belege stimmig die Täterschaf­t des Enrico K., weshalb die Staatsanwa­ltschaft eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und zehn Monaten fordert.

Die Verteidigu­ng hält dagegen. Es gebe keine Zeugen und die Indizien seien nicht stichhalti­g genug. Den Pfefferspr­ayfleck könne er sich auch anderweiti­g zugezogen haben. „Mein Mandat denkt kurz, aber zielgerich­tet, sein Lügengebil­de dient dazu, um Geld oder Liebe von den Damen zu bekommen“, so der Verteidige­r.

Das Motiv der Geltungssu­cht greife im Falle der Anschläge nicht.

„Aus dem Stand fallen mir eine Hand voll Personen ein, die Anlass genug gehabt hätten, K. zu schaden“, führt der Anwalt aus. Er verweist auf diverse betrogene Liebschaft­en und Gläubiger des Angeklagte­n. In seinem Vortrag beantragt er den Freispruch für den Ex-wirt.

Staatsanwa­ltschaft fordert Freiheitss­trafe

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Der ehemalige Chef des „Casa Mexicana“in der Gerichtsve­rhandlung. Foto: Marcus Scheidel

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