Thüringer Allgemeine (Apolda)

Hilfe, es klingelt!

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Elena Rauch über das Risiko männlicher Telefon-ignoranz

Sein Handy klingelt, eine unbekannte Nummer. Den folgenden Dialog protokolli­ere ich jetzt nur, weil er sich kürzlich beschwert hat, ich würde meine E-mails nie lesen. Er: Wer kann das sein? Sie: Geh doch einfach ran. Er: Ich weiß nicht, wer das ist. Sie: Wenn du rangehst, weißt du es. Er (schon leicht nervös): Wer weiß, was er von mir will. Sie: Probier es doch einfach. Er (jetzt hochgradig gereizt): Wenn ich einmal dran gehe, muss ich mit ihm reden.

Muss er nicht, denn spätestens an dieser Stelle hat der unbekannte Anrufer aufgegeben. So geht das ständig. Schon klar. Wenn ein Mann redet, dann effizient, kurz und lösungsori­entiert. So ein Gespräch mit unbekannte­m Thema von ungewisser Länge kann den sensiblen Gesamtkomp­lex „Mann“aus dem Gleichgewi­cht werfen. Der tägliche Vorrat an gesprochen­en Worten ist bei Männern erwiesener­maßen kleiner. Wahrschein­lich haben sie deshalb Handys erfunden, mit denen man sehr gut spielen kann, ohne sie zum Telefonier­en benutzen zu müssen. Wetter gucken, oder welches Flugzeug gerade über den heimischen Balkon fliegt.

Manchmal nach dem Sonntags-tatort, stelle ich mir folgendes Szenario vor: Ich werde entführt, der Geiselnehm­er will dem besorgten Gatten seine Forderunge­n mitteilen. Aber der geht nicht ans Telefon: Unbekannte Nummer. Das volle Risiko seiner kommunikat­iven Eigenheite­n trage allein ich. Er dagegen hätte in einem solchen Fall nichts zu befürchten: Entführer schreiben selten E-mails.

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