„Wir brauchen eine Vernunftehe“
Rot-weiß-trainer Stefan Krämer und Ehrenpräsident Klaus Neumann diskutieren beim Fernsehtalk im Steigerwaldstadion nicht nur über die sportliche Zukunft des Klubs
Erfurt. Zum Schluss bietet Klaus Neumann Erfurts Trainer Stefan Krämer neue Klamotten an – und lacht herzlich. „Stefan, ich kann dir mal einen Anzug schenken“, sagt der Ehrenpräsident des FC Rot-weiß. Zuvor hatte Krämer, der im legeren Trainingsanzug zum Termin gekommen ist und daheim weder einen Anzug noch Krawatten besitzt, gewitzelt, in der Champions League müsse man als Trainer Anzug und Krawatte tragen. „Das dauert aber noch ein wenig, bis es hier so weit ist“, sagte der 50-Jährige schmunzelnd.
Die Stimmung in der gemütlichen Bergmann-loge im Erfurter Steigerwaldstadion ist über weite Strecken recht locker. Neumann und Krämer zeigen sich bei der Premiere des Talkshow-duells „Im Steigerwaldstadion“, einer Co-produktion der Thüringer Allgemeinen mit Salve TV und dem Online-portal Thüringen24, offen und redegewandt. Die erste aufgezeichnete Sendung wird heute per Kabel und im Internet ausgestrahlt (Empfangsmöglichkeiten: Siehe Infokasten).
Und zu sehen ist dann auch, dass aus Spaß Ernst wird. Dann nämlich, wenn es um die Zukunft des FC Rot-weiß Erfurt geht. Die beiden Protagonisten, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereinen, heben sich in den Meinungen mitunter voneinander ab. So etwa bei der Einschätzung des 0:0 gegen Mainz II am vergangenen Wochenende. „Für meine Begriffe war das Remis gegen den Tabellenletzten Mainz zu wenig. Hier hätten wir drei Punkte holen müssen. Das war verschenkt“, sagt Neumann, der versucht, jedes Heimspiel live mitzuverfolgen. Krämer hakt ein: „Das sehe ich ein wenig anders, aber das ist ja okay.“
Man merkt: Auf der einen Seite spricht der Wunsch des bekennenden Fans, der seine Mannschaft am liebsten immer siegen sehen will. Auf der anderen Seite steht der Übungsleiter, der um die Schwere der Liga weiß und den Punkt als wertvoll betrachtet. Der könne, so Krämer, in der Endabrechnung noch ganz wichtig sein, wenn es um das Ziel geht, die Klasse zu halten. Sobald dieses Thema angesprochen wird, sind die beiden in ihrer Meinung wieder vereint.
Der 71-jährige Neumann gibt in der von den beiden Ta-redakteuren Gerald Müller und Marco Alles moderierten Talkrunde den Fußball-romantiker, einen, der in guten wie in schlechten Zeiten zu seinem Klub steht und alles versucht, damit es ihm gut geht. Das ist fast wie auf dem Dorf, wo man seinem Verein von den Bambini bis zu den Alten Herren treu bleibt.
Der Ehrenpräsident der Rotweißen, der den Klub einst vor der Insolvenz rettete, hat auch lange nach seiner Amtszeit (1997 bis 2000) das Interesse nie verloren. 110 000 Euro kostet ihn eine Loge pro Saison. Er zahlt diesen Preis gern. „Es ist für einen guten Zweck. Die Logen sollen dazu beitragen, Geld in den Verein zu spülen. Deshalb ist der Preis auch gerechtfertigt.“Wohlklingende Worte eines Mannes, der mit seiner Firma zum Millionär wurde, vom Gewinn aber dem Sport etwas zurückgeben will.
Die Gesprächsrunde tendiert Richtung Geld und schnell treten die Probleme der diesjährigen Saison in den Vordergrund – wirtschaftlich wie sportlich. Man merkt Krämer an, dass er dieses Thema gern außen vor lassen würde. Viel wurde von allen Seiten bisher über das Stadion, die Mieten oder die Streitigkeiten zwischen Stadt, Land und Verein gesprochen und geschrieben.
In diese Debatte will sich der 50-Jährige ungern einmischen, und er lässt sich deshalb auch Zeit, die Fragen zu beantworten. Ob sich dies auf seine Mannschaft auswirkt? „Ich glaube, nicht so sehr. Wir tun gut daran, unsere Sachen zu machen. Wir halten das von der Mannschaft weg. Wir müssen sicherstellen, dass wir es sportlich schaffen, die Klasse zu halten.“
Wirtschaftliche Fragen müssten andere Leute entscheiden. Was wiederum Neumann auf den Plan bringt. Ihn ärgert vor allem, dass die Debatte ums Stadion fast ausschließlich über die Medien geführt wurde. „Es wäre wichtig, dass der Verein die Konflikte nicht öffentlich austrägt. Ich tendiere eher dazu, das im stillen Kämmerchen zu bereden. Ich habe schon oft gesagt: Kommt, wir gehen zusammen alle mal einen saufen.“
Der Satz sitzt, sorgt im Publikum für manchen Schmunzler. Wenn es nur immer so einfach