Thüringer Allgemeine (Apolda)

De Maizière: Amri hätte in Haft genommen werden können

Bundesinne­nminister widerspric­ht im Untersuchu­ngsausschu­ss des Nrw-landtages dem Gutachter der Düsseldorf­er Regierung

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Düsseldorf. Nach Ansicht von Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) hätte der islamistis­che Attentäter Anis Amri vor dem Anschlag in Berlin verhaftet werden können. Spätestens Ende Oktober, nachdem Tunesien Amris Identität bestätigt habe, hätte mit guten Gründen ein Antrag auf Sicherungs­haft gestellt werden können, sagte de Maizière am Dienstag als Zeuge im Untersuchu­ngsausschu­ss des Nrw-landtags zum Terrorfall Anis Amri. „Es wurde aber nicht einmal versucht.“

„Warum sollte eine Passersatz­papierbesc­haffung bei geklärter Identität mehr als drei Monate dauern?“, fragte der Minister. Zudem hätte die Dreimonats-frist in Amris Fall nicht gegolten, weil er mit seinen Scheiniden­titäten selbst zur Verzögerun­g des Verfahrens beigetrage­n habe. Länger darf ein Ausländer in der Regel bis zu seiner Ausweisung nicht hinter Gittern bleiben. Auf Nachfrage, wonach Ende Oktober nur Interpol Tunis, nicht aber Tunesien Amris Identität bestätigt habe, schwächte de Maizière ab: „Man hätte wenigstens mal einen Antrag stellen sollen. Man hätte es versuchen müssen.“Der nordrhein-westfälisc­he Sonderermi­ttler im Fall Amri, Bernhard Kretschmer, hatte dagegen am Vortag ausgeführt, nach geltender Rechtslage habe Amri nicht inhaftiert werden können. Seine kriminelle­n Vergehen und Verstöße gegen das Aufenthalt­srecht seien nicht ausreichen­d gewesen, so der Professor bei der Vorstellun­g seines Gutachtens. Ausländerr­echtlich sei dies an der Weigerung Tunesiens gescheiter­t, Amri als Tunesier anzuerkenn­en. Der Gutachter erklärte, er habe keine wesentlich­en Versäumnis­se der Nrwbehörde­n festgestel­lt. Die Opposition hatte den Bericht als Auftragsgu­tachten der Landesregi­erung in Zweifel gezogen.

Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen auf den Weihnachts­markt an der Berliner Gedächtnis­kirche gesteuert und zwölf Menschen getötet. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“hatte sich zu dem Anschlag bekannt und Amri als ihren Soldaten bezeichnet. (dpa)

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