Suche nach Starkstromtrasse
50Hertz prüft Varianten: Ilmtal-weinstraße lehnt südlichen Alternativ-korridor ab. Stadt Bad Sulza pro Bestandsroute
Landkreis. Großprojekte erfordern eine frühe Beteiligung der Öffentlichkeit, um Verständnis zu wecken, Hinweise zu sammeln und um Probleme möglichst zeitig erkennen und lösen zu können. Von den durch den Stromnetzbetreiber 50Hertz angeschobenen Planungen – sie stecken in einer frühen Phase – zur Verstärkung des Stromnetzes im Hochspannungsbereich sind auch das Weimarer Land im Allgemeinen sowie die Landgemeinden Stadt Bad Sulza und Ilmtal-weinstraße im Besonderen betroffen. Und zwar durch die vom Umspannwerk Pulgar bei Leipzig gen Vieselbach verlaufende 380-kv-wechselstromfreileitung. Die soll mittelfristig verstärkt werden, um die Übertragungskapazität zu steigern.
Erreicht werden soll das durch einen Ersatzneubau, der die Bestandsleitung (Masten, Höhe 50 Meter, in der Regel von 1982) überflüssig macht, so dass sie zurückgebaut werden kann.
Eine der entscheidenden Fragen ist, wo die neue Trasse verlaufen könnte – entlang der alten Bestands-trasse – nördlich des Ettersberges durch den Kreis zwischen Bad Sulza und Schmiedehausen sowie zwischen Pfiffelbach und Oberreißen/willerstedt entlang – oder eben entlang einer neuen Strecke.
Im Wesentlichen liegen vier Korridorvarianten, die jeweils um die 1000 Meter breit sind, vor, die diskutiert werden. Mit Verwaltungen und Kreis geschah das.
Auf Nachfrage verweist Thomas Gottweiss (CDU), Bürgermeister der Landgemeinde Ilmtal-weinstraße, darauf, dass von der südlichen Trassen-alternative zur Bestands-trasse Belange des Landschaftsschutzes im Schutzgebiet Unteres Ilmtal und damit Oßmannstedt, Niederroßla, Goldbach und Wersdorf betroffen wären. So tangiere diese Alternativroute in Oßmannstedt die Weltkulturerbestätte des Wielandgrabes. In Richtung Osten würde zudem das Bodendenkmal um das Nonnenloch beeinträchtigt, warnt er.
Die Ortslage Wersdorf liege zudem vollständig in der Pufferzone. Für Pfiffelbach mit dem Ortsteil Wersdorf existiere ein rechtsgültiger Flächennutzungsplan von 2013. Und in Niederroßla bestünden das Planungsrecht für ein allgemeines Wohngebiet, ein Gewerbegebiet sowie ein rechtsgültiger Flächennutzungsplan. Dort bestünde ohnehin schon eine hohe Belastung durch die 110-kv-leitung am westlichen Rand des Wohngebietes, warnt der Bürgermeister vor einer weiteren Verdichtung zuungunsten dieser Siedlung.
Weiterhin verwies er darauf, dass unmittelbar in der Pufferzone – sie ist zwischen gegensätzlichen Nutzungsinteressen gelegen – das allgemeine Wohngebiet „Über der Mühle“in der Gemeinde Kromsdorf mit einem rechtskräftigen Bebauungsplan von 1994 liege. Obendrein gebe es dort ja in nordwestlicher und nordöstlicher Richtung ein neues Weinanbaugebiet. Trotz der Tatsache, dass es derzeit in diesem Bereich ein Flurbereinigungsverfahren zur Verbesserung der Bedingungen für die Landwirtschaft gebe, habe die Lage von Kromsdorf wegen der Nähe zu Weimar gleichwohl Auswirkungen auf die Einflussbereich des Umgebungsschutzes und Pufferzonen des Weltkulturerbes „Klassisches Weimar“, so Gottweiss.
Innerhalb der Pufferzone liege obendrein der einzige klassifizierte Vier-sterne Radweg Thüringens. Dieser werde touristisch stark vermarktet.
Kromsdorf jedenfalls lehne die alternative Trassenführung, die nördlich vom Stadtgebiet Weimar und eben südlich der Bestands-trasse entlang liefe. Zusammenfassend meint Bürgermeister Gottweiss, dass es aus Sicht der Landgemeinde sinnvoll sei, die südliche Variante durchs Ilmtal zu streichen – wegen der vielfältigen Konfliktpotenziale. Ergo: Die Alternativroute sei abzulehnen. Und zwar aus wirtschaftlichen, aber insbesondere aus ökologischen Gründen. Besser sei es also, den Ersatzneubau der Starkstromleitung an der vorhandenen Trassenführung entlang zu führen.
Gegenüber der TA plädierte auch Bad Sulzas Bürgermeister Johannes Hertwig (CDU) für eine Weiternutzung der Alttrasse. Die sei eh vorhanden, so dass sich die Firma langwierige Genehmigungen und Streit mit Anrainern sparen könne. Zudem seien etwa die Masten im Bereich Schmiedehausen, nachdem sie erst vor einigen Jahren bei einem Unwetter umgeknickt waren, ersetzt worden.
Ergänzung: Neben der insbesondere von Thomas Gottweiss kritisierten südlich der Bestandstrasse gelegenen Alternativroute gibt es eine weitere, die der neuen Ice-trasse folgt (3. Korridor-variante).
Zudem gibt es eine Variante 4, die in einem Bogen um den Nordkreis führt. Sie folgt in ihrem Verlauf bis Schlossvippach der Autobahn 71 und biegt dann gen Osten ab. Die Entscheidung über den Korridor wird voraussichtlich Ende 2019 fallen, heißt es. Gebaut wird dann wohl frühestens ab dem Jahre 2022.