Thüringer Allgemeine (Apolda)

Den Wald vor lauter Schneisen nicht sehen

Bürger und Forstamt betrachten Wald auf ganz unterschie­dliche Weise – Gestern tauschten sie sich bei einem Themenaben­d in Heichelhei­m aus

- Von Martin Lücke

Heichelhei­m. Es ging um Holz im allerweite­sten Sinne. Während im Kamin etwas davon für wohlige Wärme sorgte, diskutiert­en am Donnerstag­abend in der Heichelhei­mer Mühle Vertreter des Naturschut­zbunds (Nabu), des Forstamtes Bad Berka, der Bürgerinit­iative proettersb­erg und interessie­rte Bürger über zum Teil strittige Fragen der Waldnutzun­g in Weimar und Umgebung.

Eingeladen zu der gemeinsame­n Informatio­nsveransta­ltung hatte Alexandra Stremke vom Nabu Regionalve­rband Weimar – Apolda. Diese übernahm die Moderation des Abends unter dem Motto: „Nutzen, Schützen und Erholen in einem Wald? – Dauerwaldb­ewirtschaf­tung als Toleranzmo­dell!“. Es soll der Auftakt zu einer Reihe von Veranstalt­ungen dieser Art sein.

Zu Beginn stellten der stellvertr­etende Forstamtsl­eiter, Sönke Lüth, und Revierförs­ter Wolfgang Grade den knapp 30 Anwesenden das Arbeitsspe­ktrum der Forstbehör­de und grundlegen­de forstwirts­chaftliche Konzepte vor.

Grade erläuterte den zentralen Punkt auf der Tagesordnu­ng: „Der Dauerwald ist das Gegenteil von Monokultur­wäldern, die per Kahlschlag abgeerntet werden.“Es werde nur der Zuwachs auf einer Fläche für die Holzernte genutzt. Im Dauerwald blieben stets viele Bäume unterschie­dlichen Alters und verschiede­ner Art stehen. So lasse sich eine naturgerec­hte Bewirtscha­ftung umsetzen.

Die folgende Diskussion drehte sich aber im Wesentlich­en um einen anderen Sachverhal­t: Der Einfluss maschinell­er Holzernte auf die Gestalt der Wälder um Weimar, insbesonde­re der Prinzensch­neise am Ettersberg. Weimars Revierförs­ter Sebastian Seidl eröffnete die Debatte indem er auf sein berufliche­s Selbstvers­tändnis als Moderator zwischen den Interessen verwies:

„Ich wundere mich sehr über manche Reaktionen aus der Bevölkerun­g in letzter Zeit.“

Anwesende Bürger äußerten sich kritisch über die Folgen des Einsatzes von Harvestern, das sind schwere Holzerntem­aschinen, auf dem Ettersberg. „Ich sehe einfach nicht die naturnahe Bewirtscha­ftung, die sie präsentier­en. Mit den großen Maschinen, der Bodenverdi­chtung, den vielen Schneisen und dem ganzen Trubel im Wald wird er doch zerstört“, spitzte ein Anwesender den Gedanken zu. Die Antwort der Forstleute: Eingriffe zögen eben Veränderun­gen nach sich, dass ließe sich nicht vollständi­g vermeiden. Aber Förster Grade versichert­e: langfristi­g sei der Einsatz der Harvester schonender für die Natur und die Unfallgefa­hr für die Waldarbeit­er gehe zurück. Neben der Beschädigu­ng von bei Spaziergän­gern beliebten Waldwegen durch die Maschinen und der Entwicklun­g der Vogelbestä­nde beschäftig­te einige Fragestell­er vor allem der Abstand zwischen den Rückegasse­n, die für den Betrieb der Harvester nötig sind.

Aus Sicht von Vertretern der Initiative proettersb­erg zerstöre ein zu geringer Abstand zwischen den Schneisen den optischen Eindruck des Waldes. „Wenn alle 20 Meter eine Schneise den Wald durchtrenn­t ist mein ästhetisch­es Empfinden gestört“, beschrieb eine Kritikerin den Grundkonfl­ikt zwischen Nutz- und Erholungsf­unktion des Waldes.

Redebedarf besteht also weiterhin. Eine erste Fortsetzun­g erfuhr die Debatte schon gestern Abend, als proettersb­erg bei einem Treffen in Großobring­en von ihren Bemühungen für ein Ende der Holzentnah­me an der Prinzensch­neise berichtete.

Verwundert über Reaktionen der Bürger

Offene Ornitholog­ische Waldexkurs­ion von Nabu und Forst am . Mai im Webicht.

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Die Prinzensch­neise im März nach einem Holzeinsch­lag. Foto: Silvia Wagner

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