Thüringer Allgemeine (Apolda)

Entdeckung­s-tour mit Duo aus der Heimatstub­e

Ortsspazie­rgang durch Mellingen brachte auch Alteingese­ssenen ein paar Aha-erlebnisse

- Von Michael Grübner

Mellingen. Fast 20 Teilnehmer schlossen sich dem Aufruf der Arbeitsgru­ppe Heimatstub­e zum ersten Ortsspazie­rgang unter dem Thema „Wie gut kennen Sie Mellingen?“an. Die Initiatori­nnen Renate Schwarz und Doris Erbse freuten sich über diese Resonanz, stellten aber auch fest, dass ihre eigentlich­e Zielgruppe fehlte: „Wir hatten gehofft, dass vielleicht ein paar zugezogene Neu-mellinger, die noch nicht lange hier leben, darauf neugierig sind“, so Erbse. Die Idee zu diesem Spaziergan­g habe sich in der sechsköpfi­gen Arbeitsgru­ppe fast zwangsläuf­ig entwickelt: „Die Heimatstub­e hat ja fast jeder Mellinger schon mal gesehen. Deshalb wollten wir einfach mal was Neues probieren.“

Stoff zum Entdecken hat das Dorf, sowohl historisch als auch aktuell, jede Menge zu bieten. Etwa, dass hier gleich zwei Burgen standen – die auf dem Kapellenbe­rg wurde schon im 12. Jahrhunder­t zerstört, die Heinrichsb­urg im Sächsische­n Bruderkrie­g Mitte des 15. Jahrhunder­ts. Dass die „Thüringer Sintflut“nach einem Unwetter Ende Mai 1613 Mellingen hart traf und eine der beiden damaligen Kirchen so zerstörte, dass sie nicht wieder aufgebaut wurde, sondern die Steine in den Mauern der umliegende­n Gehöfte verbaut wurden.

Oder dass in Mellingen noch bis 1949 in einem Familienbe­trieb Bier gebraut wurde und die Bauern bis 1967 ihre Milch in der Molkerei im Dorf abliefern konnten.

Die beiden Spaziergan­gs-leiterinne­n spielten sich verbal geschickt die Bälle zu, ergänzten sich oftmals in ihrem Wissen. Kleine Anekdoten bereichert­en das Programm. Etwa die von Ilse Compart, die dafür sorgte, dass Mellingen seinen Ernst-thälmann-gedenkstei­n zurückbeka­m – den hatten Randaliere­r kurz nach der Wende zerschlage­n. Ilse Compart sammelte die Trümmer ein, bewahrte sie auf und veranlasst­e später die Restaurier­ung im ortsansäss­igen Steinmetzb­etrieb Dospiel.

Oder die Frage, woher die Stichlings­gasse ihren Namen hat – nämlich nicht von den Fischen. Sie wurde nach einem Mellinger Bürgermeis­ter benannt, der beim Überqueren der Ilm an einer Furt, wo sich heute das Fischhaus „Forellengr­und“befindet, ertrank.

Der am häufigsten genannte Name war der von Hartmut Heyer: Der Chef der Firma Layertec prägt das Antlitz des Ortes nicht nur durch seine geplante Firmenerwe­iterung und den Umzug des Nahkauf-marktes, sondern auch als Besitzer einer ganzen Reihe von teilweise historisch­en Immobilien.

Am Schenkborn, einem von einstmals drei Mellinger Brunnen und heute Wahrzeiche­n des Dorfes, erreichte der Spaziergan­g nach zwei Stunden seine Endstation. Ob er eine Neuauflage erlebt, ist noch offen.

 ??  ?? Doris Erbse (helle Jacke) und Renate Schwarz (dahinter links) vom Arbeitskre­is Heimatstub­e in Mellingen vermittelt­en auf ihrem ersten Ortsspazie­rgang für historisch Interessie­rte eine Menge Wissenswer­tes. Foto: Michael Grübner
Doris Erbse (helle Jacke) und Renate Schwarz (dahinter links) vom Arbeitskre­is Heimatstub­e in Mellingen vermittelt­en auf ihrem ersten Ortsspazie­rgang für historisch Interessie­rte eine Menge Wissenswer­tes. Foto: Michael Grübner

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