Es geht los bei der Frage: Petit Fours oder Currywurst?
Am Beispiel von besonderen Sitzgelegenheiten beraten Ausstellungsmacher in einer Arbeitssitzung in Weimar die praktischen Möglichkeiten von Inklusion im Museum
Weimar. Aus fast dem gesamten Bundesgebiet, von Freiburg bis Hamburg, haben sich in diesen Tagen Ausstellungsverantwortliche in Weimar zu einer Arbeitssitzung des Projektes „Pilot Inklusion“versammelt. Sie besprechen einen Entwurf von ineinander versenkbaren Hockern, die seit Mitte April im Stadtschloss zu finden sind.
Wie bei einer Matrjoschkapuppe steckt in jedem Würfel stets ein kleinerer. Insgesamt sind es je fünf, die mit unterschiedlichen Materialien bespannt sind. Von kostbarem Samt bis zur einfachen Holzplatte reicht das Sitzflächenspektrum. „Wir denken im Projekt darüber nach, wie Inklusion bei der Haus- und Ausstellungsplanung einbezogen werden muss“, erklärt Elke Kollar, Klassik Stiftung Weimar. Währenddessen betrachtet die Gruppe um Projektleiterin Birgit Tellmann zum ersten Mal die Entwürfe aus der Nähe. Besonders das mittelgroße Rosshaar-möbel hat es ihnen angetan. Beteiligt an dem Projekt sind die Stiftung, drei Museen und Ausstellungshäuser, der Verein Blinde und Kunst sowie der Bundesverband Museumspädagogik. Ziel sei es, neben der Barrierefreiheit von Gebäuden auch über die Gestaltung von Inhalten nachzudenken. „Ein Angebot soll möglichst viele Menschen erreichen können“, sagt Kollar und legt besonderen Wert darauf, festzuhalten, dass auch soziale Inklusion wichtig sei. Um Menschen aus allen Schichten anzusprechen, müsse man die gesamte Museumsgestaltung mitdenken: „Das fängt etwa schon bei der Verpflegung im Museumsrestaurant an: Gibt es Currywurst oder Petit Fours?“
Die zurückhaltend weiß gestalteten Hocker, denen sich die Sitzung in Weimar widmet, sollen dabei dem Benutzer eine vielfältige Erfahrung ermöglichen. Sie sind Sitzgelegenheit zur Erholung, bieten aber durch verschiedene Größen auch unterschiedliche Perspektiven auf Räume und Objekte. Hinzu komme die Erfahrung beim Sitzen: Bei den größeren Würfeln erreiche manch Besucher mit den Füßen nicht den Boden, bei den kleinen fühle man sich, als warte man vor dem Audienzzimmer auf Einlass beim Herzog. „Hierarchie, Macht und Warten – Es macht einen Unterschied, ob man aufeinander hoch- oder hinunterschaut“, sagt Kollar.
Für diese Erfahrung seien die Sitzflächen von besonderer Bedeutung. Eine Restauratorin habe Materialien empfohlen, die für die Zeit um 1800 typisch waren. Der Samt sei ein Höhepunkt, sagt Gestalter Andreas Wolter und zeigt auf einen rot bespannten Hocker, den Siegfried Saerberg vom Verein Blinde und Kunst gerade erprobt.
Kunst und Geschichte, auch zum Anfassen