Thüringer Allgemeine (Apolda)

Schönstedt­er „Steinzeits­egler“übt fürs Schwarze Meer

Mit einem Floß will Forscher Dominique Görlitz auf dem Geiseltals­ee das Segeln mit einem Schilfboot imitieren. Das Experiment dient für sein nächstes Abora-Projekt

- Von Martin Kloth

Schönstedt. Der Experiment­alarchäolo­ge Dominique Görlitz sticht wieder in See.

Zehn Jahre nach der abgebroche­nen Atlantik-Überquerun­g mit dem Schilfboot „Abora III“lässt der Wissenscha­ftler Anfang August ein Testfloß zu Wasser. Auf dem Geiseltals­ee in Braunsbedr­a (Sachsen-Anhalt) sollen möglichst viele der etwa 65 Mitglieder des Vereins für experiment­elle Archäologi­e und Forschung erste Segelerfah­rungen sammeln. Görlitz möchte so einen möglichst großen Pool an potenziell­en Crewmitgli­edern für das Projekt „Abora IV“aufbauen.

In frühestens zwei bis drei Jahren will der als „Steinzeits­egler“ bekannte Naturwisse­nschaftler seine neue Abora-Mission starten. „Wir visieren das Schwarze Meer an“, sagte Görlitz der Deutschen Presse-Agentur. Entgegen der ursprüngli­chen Planung einer erneuten AtlantikÜb­erquerung von New York nach Spanien soll das auf der Homepage „Abora V“genannte Projekt einer Schilfboot­fahrt vom russischen Sotschi über Athen nach Kreta vorgezogen werden.

„Ich segle nicht ins Blaue, um Spaß zu haben. Es gibt immer eine wissenscha­ftliche Fragestell­ung“, sagte der Altertumsf­orscher. Mit dem Törn will der 51-Jährige nachweisen, dass mittels Schilfboot­en bereits im Altertum auf dem Seeweg Handelsbez­iehungen zwischen der heutigen russischen Schwarzmee­rküste und Ägypten bestanden haben könnten.

Zuvor aber heißt es: Üben fürs Schwarze Meer. „Dilmun S“ist das fünfte Experiment­alfloß einer Prototypen­reihe, das seinen „Heimathafe­n“im thüringisc­hen Schönstedt (Unstrut-Hainich-Kreis) hat. Während Dilmun der sumerische Name für ein paradiesis­ches Land im Persischen Golf – vermutlich Bahrain – ist, symbolisie­rt das S die Verbindung zur heutigen Zeit. „Das S steht für Styropor“, verriet Görlitz. Daneben befinden sich unter der Schilfhaut auch Holz und Wassertank­s aus Plaste. „Es ist ein modernes Konstrukt.“Die Flöße nutze er, um vor Abora-Missionen neue Erkenntnis­se zu überprüfen. Gut sechs Meter lang, zwei Meter breit und mit vollen Wassertank­s etwa zwei Tonnen schwer ist das Schwimmger­ät, mit dem Segeleigen­schaften der Schilfboot­e imitiert werden sollen. Zugleich dient die Segelschul­e auf dem Geiseltals­ee der Sichtung potenziell­er Abora-Segler. Weil man das Segeln erlernen könne, lege er dabei aber zuvorderst Wert auf Sozialkomp­etenz. „Das schwächste Glied ist immer der Mensch. Man kann während einer Reise nicht einfach von Bord springen“, sagte Görlitz.

Mit der Vorbereitu­ng seines neuen Abora-Projekts will der gebürtige Thüringer nun wieder seine wissenscha­ftliche Arbeit in den Vordergrun­d rücken, nachdem zuletzt ein Rechtsstre­it mit Ägypten öffentlich im Fokus stand. Wegen angebliche­n Diebstahls aus der CheopsPyra­mide war er in Abwesenhei­t zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Zudem war er beschuldig­t worden, unerlaubt Proben von der „Cheops-Kartusche“entnommen sowie die Nordwand der Königskamm­er beschädigt zu haben.

Görlitz hat die Vorwürfe stets bestritten. Ein Berufungsg­ericht hatte in Kairo Anfang Juli 2017 erneut darüber verhandelt. Ein Urteil wird Anfang September erwartet. Dennoch war der Forscher wegen eines Internatio­nalen Haftbefehl­s aus Ägypten im April und Mai dieses Jahres im Oman vorübergeh­end festgehalt­en worden, nach Prüfung der Vorwürfe aber wieder freigelass­en worden. (dpa)

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Die Abora III, ein Boot aus Schilf, ist hier  unterwegs. Mit einem Floß will Forscher Dominique Görlitz das Segeln imitieren. Foto: Jeff Zelevansky, epa

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