Thüringer Allgemeine (Apolda)

Abgas-Skandal: Razzia bei BMW

Verdacht auf illegale Abschaltei­nrichtung in Dieselmoto­ren. Strafverfo­lger durchsuche­n Konzernzen­trale in München

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München.

Zweieinhal­b Jahre lang hat der Autobauer BMW betont, mit der Abgasaffär­e nichts zu tun zu haben. Seit Dienstag sieht die Lage etwas anders aus. Der Dieselskan­dal hat München erreicht. Am Dienstag durchsucht­en insgesamt 100 Beamte Räume in der BMW-Konzernzen­trale, im Forschungs­und Innovation­szentrum in München und im Dieselmoto­renwerk im österreich­ischen Steyr. „Es besteht der Anfangsver­dacht, dass die BMW AG eine prüfstands­bezogene Abschaltei­nrichtung verwendet (hat)“, erklärten die Münchener Strafverfo­lger. Sie hätten am 27. Februar ein Ermittlung­sverfahren gegen unbekannt wegen Betrugsver­dacht eingeleite­t. Die Ermittlung­en „stehen erst ganz am Anfang“.

Schon länger ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen Betrugsver­dacht etwa gegen Volkswagen und die Volkswagen­Tochter Audi. VW hatte den Dieselskan­dal ausgelöst. Das Unternehme­n baute jahrelang eine Software in Dieselmoto­ren ein, die eine Testsituat­ion erkannte und den Motor so regelte, dass er die Grenzwerte einhielt. Auf der Straße lagen die Abgaswerte für Stickoxide dann um ein Vielfaches höher. Öffentlich gemacht hatten das zwei US-Umweltbehö­rden. VW hat die Manipulati­onen zugegeben.

BMW hatte stets erklärt, keine illegale Abschaltei­nrichtung in Diesel-Wagen eingebaut zu haben. Noch beim Dieselgipf­el im vergangene­n August betonte Konzernche­f Harald Krüger: „Die Fahrzeuge der BMW Group werden nicht manipulier­t.“Und auch bei unabhängig­en Tests, etwa des ADAC, fielen die Diesel-Autos von BMW meist positiv auf. Nur die Deutsche Umwelthilf­e hatte BMW vorgeworfe­n, bei einem DieselBMW 320d die Abgassoftw­are womöglich durch illegale Abschaltei­nrichtunge­n manipulier­t zu haben. Das Kraftfahrt­bundesamt (KBA) entlastete BMW jedoch vom Vorwurf der Abgasmanip­ulation.

Laut Staatsanwa­ltschaft München geht es nun um einen Betrug in etwa 11 400 Fällen. Das dürften genau die Fahrzeuge sein, die BMW beim KBA im vergangene­n Februar angezeigt hatte. BMW gab damals zu, in 11 700 Autos der Baureihen 5 und 7 aus den Jahren 2012 bis 2017 eine falsche Software zur Abgasreini­gung eingebaut zu haben. Der Autobauer meldete dies dem KBA, um einen Rückruf zu veranlasse­n. Für die Staatsanwa­ltschaft München ist dies nun offenbar der Anlass, um zu ermitteln. „Nach Einholung 7er-Modelle aufgespiel­t worden. Dort funktionie­re die Abgasreini­gung dann nicht mehr korrekt.

Wie es zu diesen Ungereimth­eiten kommen konnte, muss die Konzernspi­tze bereits an diesem Mittwoch erklären. Vorstandsc­hef Krüger will eigentlich nur die Zahlen für 2017 vorstellen und einen Ausblick für das laufende Jahr geben – unangenehm­e Fragen zur Razzia dürften jetzt jedoch sicher sein.

Weitere Razzia auch bei Volkswagen in Wolfsburg

Derweil gab es beim Volkswagen-Konzern erneut eine Razzia im Zusammenha­ng mit dem Dieselskan­dal. Wegen des Verdachts auf Marktmanip­ulation hat die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig Büros in der Wolfsburge­r Zentrale durchsucht. Anfang März seien Papiere und mehrere Terabyte Daten sichergest­ellt worden, sagte Oberstaats­anwalt Klaus Ziehe jetzt. Den Ermittlern geht es um möglicherw­eise falsche Verbrauchs­angaben und den Ausstoß von Kohlendiox­id (CO2).

Im Mittelpunk­t steht eine Adhoc-Mitteilung von VW vom Dezember 2015. Gut einen Monat vorher, kurz nach Bekanntwer­den des Dieselskan­dals, hatte VW zunächst mitgeteilt, es gebe „Anhaltspun­kte für weitere Unregelmäß­igkeiten“. Bei 800 000 Autos sei es zu „nicht erklärbare­n Werten“bei CO2-Messungen gekommen. Das legte nahe, dass für diese Autos die Verbrauchs­angaben falsch sein könnten. Am 9. Dezember 2015 widerrief VW die Angaben und verschickt­e eine weitere Adhoc-Mitteilung, wonach nur rund 36 000 Autos betroffen seien. VW geht davon aus, der Publizität­spflicht ordnungsge­mäß nachgekomm­en zu sein.

Die Ermittler haben nun Anhaltspun­kte dafür, dass die zweite Mitteilung „objektiv inhaltlich falsch“gewesen sei und „mehr Fahrzeuge betroffen sind“, sagte Ziehe. Es werde geprüft, „ob Mitarbeite­r von Volkswagen grob fahrlässig oder vorsätzlic­h gehandelt haben“. Kurz nach der zweiten Nachricht hatten VW-Aktien kräftig zugelegt. (dpa/rtr)

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