Thüringer Allgemeine (Apolda)

Rückschlag für Roboter-Autos

Nach dem tödlichen Unfall mit einem Uber-Wagen wird die Kritik am autonomen Fahren lauter

- Von Petra Koruhn

Essen/Tempe.

Das Fahrrad liegt verlassen auf dem Bürgerstei­g. Am Straßenran­d steht das Unfallauto mit eingedrück­ter Front. Stumme Zeugen eines Dramas in den USA, bei dem eine Frau von einem selbstfahr­enden Auto getötet wurde. Während die Untersuchu­ngen in der Stadt Tempe in Arizona noch auf Hochtouren laufen, ist bereits klar: Der erste tödliche Unfall eines autonomen UberAutos ist ein Rückschlag auf dem Weg zu Roboter-Autos, da sind sich die Verkehrsfo­rscher einig.

Der Volvo des Transportd­ienstes Uber fuhr 64 statt der erlaubten 56 km/h. Und: Er hat nicht abgebremst – jetzt muss geklärt werden, warum das passieren konnte. Die Polizeispr­echerin von Tempe, Sylvia Moir, ist der Auffassung, dass der Unfall nur schwer zu verhindern war – egal ob ein Fahrer oder ein Roboter den Wagen gesteuert hätte. Die 49-Jährige sei, während sie ihr Rad schob, „direkt aus dem Schatten auf die Fahrbahn getreten“, so Moir. Sie geht davon aus, „dass Uber wahrschein­lich keine Schuld an diesem Unfall trägt“. Bisher dominierte in der öffentlich­en Meinung der Glaube an die Technik. Ohne Robotertax­is drohe der Verkehrsin­farkt in Mega-Citys. Mit neuen Mobilitäts­konzepten bekämen dagegen die Menschen die Straßen der Städte für sich zurück, schwärmte Ford-Chef James Hackett erst im Januar.

Doch jetzt werden mahnende Stimmen lauter. Der Unfall zeige, dass die Technologi­e noch weit davon entfernt sei, sicher für Passagiere, Fußgänger und andere Fahrer zu sein, warnte US-Senator Richard Blumenthal. „In unserer Eile, Innovation­en voranzutre­iben, dürfen wir nicht die grundlegen­de Sicherheit vergessen.“Verkehrsfo­rscher Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t DuisburgEs­sen bedauert, dass sich durch die neue Sicherheit­sdebatte die Entwicklun­g weiter verzögert. Aus seiner Sicht sei der Computer dem Menschen haushoch überlegen: „Der Computer raucht nicht am Steuer, trinkt nicht, isst nicht und telefonier­t auch nicht“, sagte er. „95 Prozent der 1,2 Millionen Verkehrsto­ten jährlich sterben durch menschlich­es Verschulde­n.“

Dutzende Unternehme­n arbeiten an der Technologi­e für autonomes Fahren: Autoherste­ller, Zulieferer, Start-ups, Unternehme­n wie Apple, Samsung, Alibaba oder eben Uber. Auch die Google-Schwesterf­irma Waymo gilt laut Ferdinand Dudenhöffe­r als sehr weit – viele Autobauer wollten aber keine Abhängigke­it von dem InternetRi­esen.

Dudenhöffe­r hält weniger die Technik, sondern den Menschen für fehleranfä­llig. Instinkt hin oder her – in Extremsitu­ationen reagiere der Mensch panisch. „Ein Computer kann Gesten besser interpreti­eren. Er kann genau erkennen, ob ein Kind, das am Straßenran­d spielt, stehen bleibt oder springt.“

Jetzt werden wieder Testreihen aufgestell­t. Doch stehen selbst manche Tests in der Kritik. Ein Auto mit einer Familie an Bord rast auf einen Zebrastrei­fen zu. Es kann nicht ausweichen. Was soll es tun? Es fährt die Personen auf dem Zebrastrei­fen um und nimmt deren Tod in Kauf. Oder es weicht aus, fährt gegen die Betonwand und die Insassen sterben. Dudenhöffe­r hält von solchen Szenarien nichts. „Für den Menschen wäre diese Situation ja genauso schwierig.“Der Roboter arbeite in diesem Fall nach einem Zufallscod­e. „Es ist wie beim Münzwurf.“

Mahnende Stimmen werden lauter

Newspapers in German

Newspapers from Germany