Formel 1 verliert an Schönheit
Mit 18 Neuerungen geht die Königsklasse am Sonntag in ihre neue Saison – die beliebten „Grid Girls“an der Strecke werden jedoch fehlen
Melbourne.
Die Formel 1 startet in Melbourne neu durch, zumindest, was die Vermarktung angeht. Künftig gilt der Werbeslogan „engineered insanity“, übersetzt: Konstruierter Wahnsinn. Es gibt aber beginnend mit dem Großen Preis von Australien am Sonntagmorgen auch ganz real einige Neuerungen für Fahrer und Fans. Achtung: das Rennen startet bereits um 7.10 Uhr.
Noch nie sind zwei Favoriten gegeneinander angetreten, die jeder vier WM-Titel haben: Lewis Hamilton und Sebastian Vettel könnten am Ende des Jahres auf das Level von JuanManuel Fangio kommen, der in den Fünfzigern übrigens jeweils für Mercedes und Ferrari siegte.
Auf den ersten Blick erkennt man die neue Rennwagen-Generation, denn die Cockpits haben jetzt einen Bügel, der aussieht wie bei Flip-Flops. Halo heißt dieser Kopfschutz, übersetzt: Heiligenschein.
Ein Monegasse ist einer von zwei Neulingen im Feld: Nachwuchsmann Charles Leclerc, 20, soll sich als Ferrari-Junior beim Sauber-Team bewähren, um dann möglichst schnell ins Cockpit neben Sebastian Vettel aufzurücken. Noch eine Traditionsmarke ist zurück: Alfa Romeo. Vorerst allerdings nur als Aufkleber auf den Ferrari-Leihmotoren für Sauber.
Der Große Preis von Frankreich ist nach zehn Jahren Pause wieder zurück im WMKalender, er wird (wie zuletzt 1990) in Le Castellet gefahren. Achtung, Zeitverschiebung: Start ist – bei europäischen Rennen – nicht mehr um 14 Uhr, sondern jetzt immer zehn Minuten nach 15 Uhr. Ausnahme Frankreich, wegen der FußballWM erst um 16.10 Uhr.
Zweiter Neuling im Feld ist Sergej Sirotkin. Der 22 Jahre alte Russe unterstützt das Williams-Team – vor allem mit Millionen eines Ölkonsortiums.
Red Bull bringt seine rasende Dose künftig unter dem Namen Aston Martin an den Start. Die Verbindung zu der James-Bond-Marke: Rennwagendesigner hat einen Red-BullStraßensportwagen namens 001 konstruiert.
Ausdauer wird belohnt: Künftig sind nur noch drei Hybrid-Motoren pro Fahrer erlaubt, macht mehr als 2100 Rennkilometer Laufleistung.
Eine Frau gibt es auch hinterm Steuer – Tatiana Calderón, 25, ist aber nur Entwicklungsfahrerin bei Sauber. Einen Einsatz der Kolumbianerin schließt Teamchef Frédéric Vasseur aus.
Alain Prost hatte seine größten Erfolge mit McLaren, jetzt zittert der französische Renault-Botschafter um das so lange erfolglose britische Team, das künftig mit Leihaggregaten des Staatskonzerns unterwegs ist.
Robert Kubica ist sieben Jahre nach seinem dramatischen Rallye-Unfall zurück. Der Pole ist 33 und bei Williams in der Hinterhand, falls die Bezahlfahrer nicht klarkommen.
Von der Seite betrachtet fehlt den Rennwagen etwas – das langgezogene Leitblech hinter dem Cockpit. Der Finne trauern vor allem die Sponsoren nach, es war die ideale Litfaßsäule.
Der Große Preis von Deutschland ist zurück im Kalender, der damit auf 21 WM-Läufe anwächst. Gefahren wird am 22. Juli auf dem traditionellen Kurs in Hockenheim (Baden-Württemberg).
Nico Rosberg, der Champion von 2016, hat die Pause genau ein Jahr lang ausgehalten. Jetzt wird der 32-Jährige Gastkommentator bei RTL. Weil aber Niki Lauda nicht so einfach zu ersetzen ist, teilt er sich den Job mit Ex-Rennfahrer Timo Glock.
Toro Rosso ist nicht nur der Talentschuppen von Red Bull Racing, sondern auch das technische Testlabor – die Italiener müssen das bislang so schwächelnde Honda-Aggregat ausprobieren.
Formel 1 gibt es künftig nicht mehr bei Sky, man kann aber trotzdem dafür bezahlen – im Livestream von Liberty Media. (Infos im Internet unter www.formula1.com)
Und das, was vielen fehlen wird, politisch korrekt aber keiner zugeben darf: die „Grid Girls“in der Startaufstellung sind Geschichte. Stattdessen kommen jetzt die „Grid Kids“, die Startnummern und Nationalität anzeigen. Willkommen in der neuen Formel Familienfreundlich.