Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Eine beeindruckende Geschichtsstunde
Freya Klier nahm sich für Arnstädter Gymnasiasten fünf Stunden Zeit
Arnstadt.
„Nein, an und in der DDR gab es nichts Gutes, an und in keiner Diktatur gibt es etwas Gutes“, so die Antwort von Freya Klier auf die Fragen eines Zehntklässers bei ihrer fast fünfstündigen Geschichtsstunde am Melissantes Gymnasium in Arnstadt.
Wer Kliers Biografie kennt, der weiß, was sie meint. Klier wurde 1950 in Dresden geboren, lebte sei 1953 im Kinderheim im Zusammenhang mit der Verhaftung des Vaters, machte 1968 Abitur und ihren ersten Fluchtversuch (Urteil:16 Monate Haft), absolvierte von 1970 bis 1975 ein Schauspielstudium in Leipzig und Dresden.
Sie arbeitete danach als Schauspielerin am Theater Senftenberg, war 1980 Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung, arbeite als Regisseurin am Theater und erhielt 1984 den DDR-Regiepreis für Uraufführung von Plenzdorfs „Legende vom Glück ohne Ende“.
Im gleichen Jahr ereilte sie das Berufsverbot. Ab 1985 gab es dann gemeinsame Auftritte mit Stephan Krawczyk in evangelischen Kirchen der DDR und seit der Arbeit an einem Buch über „Jugend und Erziehungswesen in der DDR“auch die zunehmende Verfolgung durch staatliche Stellen. 1988 wurde sie verhaftet, Manuskripte wurde beschlagnahmt – es folgte die Ausbürgerung. Seitdem lebt Klier als freischaffende Autorin und Dokumentarfilmerin in West-Berlin.
„Freya Klier vermittelt den Schülern aufgrund ihrer eigenen Biografie anschaulich, wie die DDR als Diktatur funktionierte und in das Leben von Menschen eingriff“, sagt Wieland Koch von der Landeszentrale für politische Bildung in Erfurt, die diese besondere Geschichtsstunde von 8 bis kurz nach 13 Uhr ermöglichte. Klier machte den Zehntklässlern zudem deutlich, wie viel Zivilcourage dazu gehörte, sich in der DDR zu behaupten, aber auch welche Konsequenzen unangepasstes Verhalten und Widerstand haben konnten – vom Schulverweis über Haftstrafen bis hin zum Tod an der Grenze bei Fluchtversuchen, von denen sie auch in Arnstadt berichtete.
Klier gelang es, die Schüler zum Nachdenken zu bringen, was auch Geschichtslehrer Rene Triebel imponierte. Und: Eigentlich hätten noch mehr Schüler des Melissantes-Gymnasiums an dieser Veranstaltung teilnehmen wollen – Klier versprach, im nächsten Jahr wieder zu kommen, bevor sie sich nach dem Mittag schnell auf den Weg zur nächsten Veranstaltung nach Gera machte. In diesem Jahr ist sie schon ausgebucht.
Koch und Triebel wiederum fänden es gut, wenn nun auch weitere Gespräche in der Schule, aber auch und vor allem in den Familien über dieses Thema zustande kämen, „damit sich junge Leute darüber klar werden können, was es bedeutet hat, in einer Diktatur zu leben, wie Anpassung funktioniert und warum es wichtig ist, sich auch heute für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit zu engagieren“, gibt Rene Triebel zu bedenken.