Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
43 Verstöße gegen Arbeitsverbot
Gewerkschaft rechnet mit einer hohen Dunkelziffer bei Beschäftigung von Mitarbeitern an Sonn- und Feiertagen
Erfurt.
Die Wochenenden und Feiertage sind für Arbeitnehmer besonders geschützt. Dennoch tauchen immer wieder Verstöße gegen das Arbeitsverbot auf. Die Gewerkschaft rechnet mit einer hohen Dunkelziffer.
Die Zahl der Fälle illegaler Arbeit an Wochenenden und Feiertagen ist in Thüringen gesunken. Dem Arbeitsministerium seien im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen 43 Verstöße gemeldet worden, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Das waren seinen Angaben zufolge 57 weniger als 2015. Sie betrafen das Recht von Beschäftigten auf zwei freie Samstage im Monat und das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit. Diese ist nur mit einer Genehmigung erlaubt. 2016 habe es 25 Verstöße gegen die Samstags-Regelung gegeben. Sie gilt seit 2012. Vor drei Jahren hatten die Behörden 35 Verstöße registriert.
„Die übergroße Zahl der Unternehmen in Thüringen hält sich an die Bestimmungen“, ordnete die Staatssekretärin im Arbeitsministerium, Ines Feierabend, ein. „Das ist eine gute Botschaft, denn die Regelungen schützen das Familienleben und sie fördern die Erholung der Beschäftigten.“Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sieht die Zahlen kritischer. Sie spiegelten nicht die reale Situation wider, erklärte Gewerkschaftssekretärin Bettina Penz.
„Ich bin sicher, dass die Dunkelziffer der Verstöße wesentlich höher ist, insbesondere bei dem Anspruch auf zwei freie Samstage“, sagte sie. Die Zahl der Läden ohne Betriebsrat sei sehr hoch in Thüringen. Ein „einfacher Mitarbeiter“kenne zwar seine Rechte, fordere sie aber aus Angst um seinen Arbeitsplatz nicht immer ein. „Es gibt immer wieder Hinweise auf Verstöße“, erklärte Penz. Nach ihren Angaben werden sie dann an die zuständigen Behör- den weitergeleitet. „Wir bekommen kaum Informationen, ob tatsächlich kontrolliert wurde.“
Die Staatssekretärin verwies auf einen Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom September vergangenen Jahres, wonach Beschäftigte zwei Samstage im Monat frei haben müssen. Ein Unternehmen habe mehrfach dagegen verstoßen, sagte sie.
„Angesichts des Trends zu immer mehr flexibleren Arbeitszeiten sind solche gesetzlichen Begrenzungen wichtig.“
Das sieht der Einzelhandelsverband Thüringen anders. „Die Samstags-Regelung erschwert den Personaleinsatz“, erklärte Landesgeschäftsführer Knut Bernsen. Der Freitag und Samstag seien die umsatzstärksten Tage der Woche für den Einzelhandel. „Wir brauchen qualifizierte Kräfte, wenn die Kunden einkaufen kommen.“Nur so könne dem Trend nach mehr Online-Einkäufen begegnet werden, sagte Bernsen.
„Die Thüringer Regelung gibt es nirgendwo anders.“Dagegen ist die Ruhe an Sonntagen sogar im Grundgesetz verankert worden. Nach dem Thüringer Ladenöffnungsgesetz dürfen die Einzelhändler im Freistaat aber an vier Sonn- und Feiertagen im Jahr ihre Geschäfte öffnen.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte 2016 die Erfurter Regelung zu Sonntagsöffnungen gekippt. Nach Auffassung des Gerichts lagen keine besonderen Anlässe vor, die eine solche Ausnahmeregelung zulassen.
Die Gewerkschaft Verdi hatte geklagt. „Bei der Sonn- und Feiertagsarbeit gehe ich davon aus, dass nach der Entscheidung und dem Hinweis des OVG Thüringen, dass die Genehmigungspraxis in Thüringen nicht mehr gesetzeskonform ist, das Land hier tätig werden muss“, ist Penz überzeugt.
Sie rechnet mit Blick auf das Machtwort der Verwaltungsrichter damit, dass „die Anzahl der tatsächlichen Sonntagsarbeitsverstöße wesentlich höher liegt“. Die Städte und Landkreise müssten ihren Verpflichtungen zum Schutz der Arbeitnehmer nachkommen, forderte Penz und kündigte zugleich an, bei Sonderöffnungen an Sonntagen genau hinschauen zu wollen. „Wir als Gewerkschaft werden das Problem nicht über ständige gerichtliche Überprüfungen klären können.“