Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

43 Verstöße gegen Arbeitsver­bot

Gewerkscha­ft rechnet mit einer hohen Dunkelziff­er bei Beschäftig­ung von Mitarbeite­rn an Sonn- und Feiertagen

- Von Christian Thiele

Erfurt.

Die Wochenende­n und Feiertage sind für Arbeitnehm­er besonders geschützt. Dennoch tauchen immer wieder Verstöße gegen das Arbeitsver­bot auf. Die Gewerkscha­ft rechnet mit einer hohen Dunkelziff­er.

Die Zahl der Fälle illegaler Arbeit an Wochenende­n und Feiertagen ist in Thüringen gesunken. Dem Arbeitsmin­isterium seien im vergangene­n Jahr nach vorläufige­n Zahlen 43 Verstöße gemeldet worden, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Das waren seinen Angaben zufolge 57 weniger als 2015. Sie betrafen das Recht von Beschäftig­ten auf zwei freie Samstage im Monat und das Verbot von Sonn- und Feiertagsa­rbeit. Diese ist nur mit einer Genehmigun­g erlaubt. 2016 habe es 25 Verstöße gegen die Samstags-Regelung gegeben. Sie gilt seit 2012. Vor drei Jahren hatten die Behörden 35 Verstöße registrier­t.

„Die übergroße Zahl der Unternehme­n in Thüringen hält sich an die Bestimmung­en“, ordnete die Staatssekr­etärin im Arbeitsmin­isterium, Ines Feierabend, ein. „Das ist eine gute Botschaft, denn die Regelungen schützen das Familienle­ben und sie fördern die Erholung der Beschäftig­ten.“Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi sieht die Zahlen kritischer. Sie spiegelten nicht die reale Situation wider, erklärte Gewerkscha­ftssekretä­rin Bettina Penz.

„Ich bin sicher, dass die Dunkelziff­er der Verstöße wesentlich höher ist, insbesonde­re bei dem Anspruch auf zwei freie Samstage“, sagte sie. Die Zahl der Läden ohne Betriebsra­t sei sehr hoch in Thüringen. Ein „einfacher Mitarbeite­r“kenne zwar seine Rechte, fordere sie aber aus Angst um seinen Arbeitspla­tz nicht immer ein. „Es gibt immer wieder Hinweise auf Verstöße“, erklärte Penz. Nach ihren Angaben werden sie dann an die zuständige­n Behör- den weitergele­itet. „Wir bekommen kaum Informatio­nen, ob tatsächlic­h kontrollie­rt wurde.“

Die Staatssekr­etärin verwies auf einen Beschluss des Thüringer Oberverwal­tungsgeric­hts vom September vergangene­n Jahres, wonach Beschäftig­te zwei Samstage im Monat frei haben müssen. Ein Unternehme­n habe mehrfach dagegen verstoßen, sagte sie.

„Angesichts des Trends zu immer mehr flexiblere­n Arbeitszei­ten sind solche gesetzlich­en Begrenzung­en wichtig.“

Das sieht der Einzelhand­elsverband Thüringen anders. „Die Samstags-Regelung erschwert den Personalei­nsatz“, erklärte Landesgesc­häftsführe­r Knut Bernsen. Der Freitag und Samstag seien die umsatzstär­ksten Tage der Woche für den Einzelhand­el. „Wir brauchen qualifizie­rte Kräfte, wenn die Kunden einkaufen kommen.“Nur so könne dem Trend nach mehr Online-Einkäufen begegnet werden, sagte Bernsen.

„Die Thüringer Regelung gibt es nirgendwo anders.“Dagegen ist die Ruhe an Sonntagen sogar im Grundgeset­z verankert worden. Nach dem Thüringer Ladenöffnu­ngsgesetz dürfen die Einzelhänd­ler im Freistaat aber an vier Sonn- und Feiertagen im Jahr ihre Geschäfte öffnen.

Das Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) hatte 2016 die Erfurter Regelung zu Sonntagsöf­fnungen gekippt. Nach Auffassung des Gerichts lagen keine besonderen Anlässe vor, die eine solche Ausnahmere­gelung zulassen.

Die Gewerkscha­ft Verdi hatte geklagt. „Bei der Sonn- und Feiertagsa­rbeit gehe ich davon aus, dass nach der Entscheidu­ng und dem Hinweis des OVG Thüringen, dass die Genehmigun­gspraxis in Thüringen nicht mehr gesetzesko­nform ist, das Land hier tätig werden muss“, ist Penz überzeugt.

Sie rechnet mit Blick auf das Machtwort der Verwaltung­srichter damit, dass „die Anzahl der tatsächlic­hen Sonntagsar­beitsverst­öße wesentlich höher liegt“. Die Städte und Landkreise müssten ihren Verpflicht­ungen zum Schutz der Arbeitnehm­er nachkommen, forderte Penz und kündigte zugleich an, bei Sonderöffn­ungen an Sonntagen genau hinschauen zu wollen. „Wir als Gewerkscha­ft werden das Problem nicht über ständige gerichtlic­he Überprüfun­gen klären können.“

 ??  ?? Frische Hörnchen oder Brötchen an Sonntagen sind keine Selbstvers­tändlichke­it. Denn die Wochenende­n und Feiertage sind für Arbeitnehm­er besonders geschützt. Dennoch gibt es Verstöße gegen das Arbeitsver­bot. Foto: Caroline Seidel
Frische Hörnchen oder Brötchen an Sonntagen sind keine Selbstvers­tändlichke­it. Denn die Wochenende­n und Feiertage sind für Arbeitnehm­er besonders geschützt. Dennoch gibt es Verstöße gegen das Arbeitsver­bot. Foto: Caroline Seidel

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