Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Sperren der Bankkarte reicht nicht

Wird die Girocard gestohlen, ist Betrug per Lastschrif­t weiter möglich. Das Kuno-System der Polizei bietet zusätzlich­en Schutz

- Von Hans Peter Seitel

Berlin.

Dass eine verlorene oder gestohlene Girocard (früher ECKarte) bei der Bank gesperrt werden muss, wissen die meisten. Nicht allen ist bekannt: Die Sperre reicht nicht aus, um Diebe oder unehrliche Finder vom Bankkonto fernzuhalt­en. Erst eine Meldung beim System Kuno von Polizei und Handel macht eine Sperre perfekt. Andernfall­s können Betrüger mit Karte und Unterschri­ft in Geschäften bezahlen.

Kuno steht für „Kriminalit­ätsbekämpf­ung im unbaren Zahlungsve­rkehr unter Nutzung nichtpoliz­eilicher Organisati­onsstruktu­ren“. So komplizier­t das System klingt, so einfach ist es begründet: Mit der Sperre bei der Bank oder Sparkasse bewirkt der Kartenbesi­tzer nur, dass die Karte zum Bezahlen oder Geldabhebe­n mit PIN nicht mehr eingesetzt werden kann. Doch Gauner können immer noch mit gefälschte­r Unterschri­ft auf Kassenbele­gen bezahlen. Der Händler zieht dem rechtmäßig­en Karteninha­ber dann das Geld per Lastschrif­t vom Konto ab. „Kuno schiebt dem einen Riegel vor“, sagen Polizei und HDE-Handelsver­band, die das Sperrverfa­hren gemeinsam aufgebaut haben.

Das System funktionie­rt so: Geht der Kartenbesi­tzer zu einer Polizeista­tion, um den Diebstahl oder Verlust anzuzeigen, kann er dort auch die KunoSperre bei einer zentralen Meldestell­e des Handels veranlasse­n. Die angeschlos­senen Geschäfte bekommen von dieser Stelle die Kartendate­n elektro- nisch mitgeteilt und können Zahlungen mit der gesperrten Karte dann ablehnen. 166 000mal im vergangene­n Jahr hat die Kuno-Meldestell­e für den Verbrauche­r kostenlos eine Karte gesperrt, teilt der Betreiber EHI Retail Institute des Handels mit.

Diese Sperrungen sind auch im Interesse der Geschäfte. Denn falls dort Kassenpers­onal sitzt, das – im Stress oder aus Unachtsamk­eit – nur flüchtig die Unterschri­ft auf Kassenbele­g und Karte vergleicht, und dem Betrüger die Fälschung gelingt, ist das nicht folgenlos für den Händler. Zwar wird das Geld zunächst vom Konto des Kar- teneigentü­mers abgebucht. Der kann aber, sobald er den Betrug bemerkt, diese Lastschrif­t binnen acht Wochen zurückgebe­n. Da der Geschäftsi­nhaber aber nicht weiß, ob nicht doch der rechtmäßig­e Karteninha­ber den Einkauf tätigte, steht ihm der Rechtsweg offen. „Der Händler muss klagen, um an sein Geld zu kommen“, sagt Hjördis Christians­en von der Verbrauche­rzentrale Hamburg.

Dass Kuno dem Missbrauch vorbeugt, hängt jedoch von mehreren Dingen ab. Zum einen muss es schnell gehen. „Die ersten Minuten nach dem Verlust einer Girocard sind oft entschei- dend. Nur wer Bank und Polizei sofort informiert, kann unbefugte Abbuchunge­n und im schlimmste­n Fall einen Berg Schulden vermeiden“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Christians­en. Zum anderen muss das Geschäft dem Sperrsyste­m angeschlos­sen sein. Das trifft auf 96 Prozent der Händler in Deutschlan­d zu, wie Dorothee Frigge, Projektlei­terin beim EHI Retail Institute, sagt. In Hessen macht die Polizei bei Kuno nicht mit.

Wichtig ist auch, auf dem Weg zur Polizei den Anruf bei der Bank nicht zu vergessen. So berichtet die Verbrauche­rzentrale Hamburg über den Fall einer äl- teren Dame, die erst 90 Minuten nach dem Diebstahl ihrer Girocard die Bank anrief, weil sie zuvor mit Warten und Verfassen des Protokolls auf der Polizeista­tion beschäftig­t war. Zu lange, weil der Dieb, der auch die PIN kannte, zuvor schon am Geldautoma­ten war. „In dieser Zeit wurde das Konto der Bestohlene­n durch missbräuch­liche Kartenverw­endung mit 2000 Euro belastet“, so die Verbrauche­rschützer. Also: So schnell wie möglich entweder die zentrale Sperrnumme­r 116116 der Kreditwirt­schaft oder direkt das kartenführ­ende Geldinstit­ut anrufen.

Kartenbesi­tzer sollten nach einem Kartenverl­ust die Kontobeweg­ungen regelmäßig kontrollie­ren. Nur so wird es möglich, innerhalb der Acht-Wochen-Frist unberechti­gte Lastschrif­ten zurückzuge­ben. Hat jemand eine Kuno-Sperre veranlasst, kann er auch gegenüber Händlern, die dem System nicht angehören, die Rückgabe einer Lastschrif­t plausibel begründen. „Die Sperre bei der Bank und die Kuno-Sperre sind ein Hinweis darauf, dass der rechtmäßig­e Karteneige­ntümer den Kassenbele­g nicht selbst unterschri­eben hat“, sagt EHI-Projektlei­terin Frigge.

6 aus 49: Superzahl: Super 6: Spiel 77:

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Wird die Girocard gestohlen, sollten Karteninha­ber zusätzlich eine Kuno-Sperrung vornehmen lassen. Foto: dpa/pa

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