Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Alice wühlt im Müllhaufen
Sie hat’s getan: Sie hat, um mit Erich Kästner zu sprechen, den Kakao getrunken, durch den man sie zog. Und sie muss dabei auf den Geschmack gekommen sein, da es sie gleichsam bereits nach der nächsten Tasse verlangt.
Alice Weidel nämlich , Spitzenkandidatin der Alternativdeutschen, hatte sich auf dem Podium ihres Kölner Bundesparteitages zur rhetorischen Kampfmaschine aufgebaut und im Brustton schlecht gespielter Überzeugung losgerattert:
„Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“
Ein, objektiv gesprochen, starker Satz, der umgehend eines Belastungstestes zu unterziehen war. Den Job übernahm vier Tage später dankenswerterweise Christian Ehring. „Jawohl“, sprach der Moderator der Satiresendung „Extra 3“also, „Schluss mit der politischen Korrektheit, lasst uns alle unkorrekt sein. Da hat die Nazi-Schlampe doch recht.“
Da aber ging Frau Weidel umgehend hoch: und zwar auf eben jenen Müllhaufen, um sich dort was zurückzuholen.
Wofür wir ein gewisses Verständnis haben sollten. Denn es kann ja jedem einmal passieren, dass er plötzlich doch vermisst, was er schon lange nicht mehr benutzte und schließlich wegwarf.
Frau Weidel also wühlte sich durch den Müllberg, entdeckte die beschmutzte politische Korrektheit, polierte sie mit dem Ärmel ein bisschen auf und rannte damit zum Hamburger Landgericht.
Sie reckte sie hoch und rief, der Sender solle das gefälligst unterlassen mit der Nazi-Schlampe. Dort zuckten sie mit der Schulter, erklärten, das Ding in ihrer Hand habe sie selbst kaputt gemacht. Zudem drehe sich der Fall um Satire, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei – womit Weidel nichts anfangen konnte, weil das ja auch schon in ihrem Müll lag.
Jetzt rennt sie vors Oberlandesgericht. Ich mach’ schon mal die Milch warm.