Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Familie prügelt auf Polizisten ein – Bewährungs­strafen

Nach dem Tod eines 26-Jährigen hatte es schwere Tumulte gegeben

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Hannover.

Nach Attacken auf Polizisten und Klinikpers­onal in Hameln hat das Landgerich­t Hannover sechs Mitglieder einer Großfamili­e zu Bewährungs­strafen verurteilt. Die fünf Männer und eine Frau erhielten am Mittwoch unter anderem wegen Körperverl­etzung und Landfriede­nsbruchs Strafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren Haft auf Bewährung. Auslöser für die Tumulte 2015 war der Sturz eines 26-jährigen mutmaßlich­en Räubers bei einem Fluchtvers­uch aus dem 7. Stock des Hamelner Gerichtes. Mitglieder seiner Familie randaliert­en anschließe­nd dort und vor dem Krankenhau­s, wo der 26-Jährige starb. Verletzt wurden 24 Polizisten und sechs Unbeteilig­te. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt – dementspre­chend aufmerksam war auch der Prozess verfolgt worden.

Mit Nachdruck ging der Richter auf die besonderen Umstände und die belastende Situation für die Angehörige­n ein: Einige von ihnen wurden Augenzeuge­n des Todessturz­es. „Das darf aber nicht dazu führen, dass man Polizisten und Sanitäter angreift“, sagte er. „Das ist gelebte Ablehnung dieses Staats, das ist, was da zum Ausdruck kommt, deswegen sitzen sie hier.“

Die Verurteilt­en gehören der ethnischen Gruppe der Mhallamiye-Kurden – auch M-Kurden genannt – an. Viele flohen während des libanesisc­hen Bürgerkrie­gs (1975–1990) auch nach Deutschlan­d. Der Richter betonte in seinem Urteil aber, dass es nicht um eine Verurteilu­ng der Volksgrupp­e gehe. „Es geht hier nicht darum, M-Kurden abzuurteil­en“, sagte er. „Es kommt nicht darauf an, ob man sich MKurde nennt oder nicht, es kommt darauf an, was man gemacht hat.“

Auch in Niedersach­sen wird immer wieder gegen M-Kurden ermittelt, auch einige der Angeklagte­n sind für die Justiz keine Unbekannte­n. Ausführlic­h begründete der Richter auch deshalb die Entscheidu­ng für Bewährungs­strafen. „Sie haben in den letzten zwei Jahren gezeigt, dass es auch ohne Straftaten geht“, würdigte er das Verhalten der Angeklagte­n seit den Tumulten – und mahnte sie: „Man kann Ihnen allen nur raten, im eigenen Interesse die Füße besonders still zu halten in den kommenden Jahren.“(dpa)

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