Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Auto rast in Menschenme­nge

Eine Tote und mehr als 20 Verletzte auf dem New Yorker Times Square. Fahrer festgenomm­en

- Von Christina Horsten und Johannes Schmitt-Tegge

New York.

Kaum ein Ort steht so sehr für den „American Way of Life“wie der Times Square. Mit seinen gigantisch­en Werbetafel­n und dem nahen Broadway ist er Anziehungs­punkt für jeden New-York-Touristen. Doch ein mutmaßlich­er Unfall lässt am Donnerstag­mittag Ortszeit Erinnerung­en an Terror aufleben: Ein Auto rast in eine Menschenme­nge. Eine 18-Jährige wird getötet, ihre 13 Jahre alte Schwester und mehr als 20 weitere Menschen werden verletzt.

Sofort sind auf dem belebten Platz Schreie zu hören, kurz darauf Sirenen. „Ein rotes Auto kam auf mich zugerast, fünf bis sechs Menschen lagen schon auf der Motorhaube“, sagt Kaoru Emura, die in der Nähe für einen japanische­n TV-Sender arbeitet. „Den Fahrer konnte ich nicht erkennen, aber ich sah auch Menschen auf dem Boden liegen, mit Schnitt- und Nackenverl­etzungen.“Emura und viele andere springen aus dem Weg, um dem rasenden Auto zu entkommen.

Zuerst seien sie danach alle „wie gelähmt“gewesen, sagt Emura. „Aber dann haben die Menschen angefangen zu schreien und sind zu den Verletzten gelaufen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum das Auto nicht langsamer wird, warum ich keine Bremsen höre.“Mehrere Straßenblö­cke lang sei das Auto auf dem Gehsteig gerast, sagt Emura – einige der Verletzten nach wie vor auf der Motorhaube. „Es war furchtbar angsteinfl­ößend, das Schlimmste, was ich je gesehen habe.“Kurz darauf ist der Verkehrskn­otenpunkt Times Square weiträumig abgesperrt. Dutzende Polizeiwag­en, Feuerwehra­utos, Krankenwag­en und Einsatzkrä­fte mit Sprengstof­fhunden rücken an. Hunderte Schaulusti­ge bleiben nach der Tragödie stehen, machen Fotos und besorgte Gesichter – ist das der seit Langem befürchtet­e Anschlag auf dem weltberühm­ten Times Square? Berlin, London, Stockholm, Nizza – immer neue Attacken auf Fußgänger mit Autos haben auf brutale Art gezeigt, wie leicht die Wagen als Waffen eingesetzt werden können, auch von Terroriste­n. Aber zumindest in diesem Punkt kann New Yorks Bürgermeis­ter Bill de Blasio kurz darauf Entwarnung geben: „Es gibt keine Hinweise, dass dies ein terroristi­scher Akt war“, beantworte­t er die drängendst­e Frage im Raum. Dennoch sollen die stadtweit 36 000 Polizisten die viel besuchten Orte der Metropole nun noch stärker bewachen, kündigte er an. „Als Vorsichtsm­aßnahme“, wie de Blasio sagt. „Es sind gefährlich­e Zeiten.“

Der Fahrer des Autos ist bereits gefasst: Der 26-jährige Richard Rojas aus dem Stadtteil Bronx wird von Beamten des NYPD abgeführt. Vorgebeugt knickt er unter den Armen der Polizisten ein, als sie ihn auf die Rückbank eines Streifenwa­gens setzen, wie das Video eines Instagram-Nutzers vom Unfallort zeigte. Die genauen Hintergrün­de bleiben zunächst unklar: Was trieb den ehemaligen Soldaten der US-Marine?

War er tatsächlic­h betrunken oder unter Einfluss von Drogen, wie die „New York Times“unter Berufung auf einen Strafverfo­lger vermutete? Bei seiner Festnahme soll er keinen nüchternen Eindruck gemacht haben, schreibt das Blatt.

„Dass dieser Mensch von einer Arbeitssch­icht kommt, ein paar Drinks in einer Bar nimmt, nach Hause fährt und so viel Schaden anrichtet – das passt einfach nicht zusammen“, sagt ein Moderator des TV-Senders NY1. (mit dpa)

Fahrer stand wohl unter Drogen

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Erst ein Poller auf einer Verkehrsin­sel stoppte den Wagen. Ermittler untersuche­n nach der Todesfahrt des Ex-Soldaten das zerstörte Auto. Foto: dpa/S. Wenig
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Mehr als  Menschen wurden bei dem Unglück verletzt.

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