Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Top oder Flop – heute geht es für Rot-Weiß Erfurt um alles
Viel Zuspruch und Ermunterung von Sponsoren und Unterstützern – und von Franz Beckenbauer. 7000 Tickets verkauft
Erfurt.
Heute ab 13.30 Uhr gilt es für den FC Rot-Weiß Erfurt. Top oder Flop, Klassenerhalt in Liga 3 oder Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Allen, dem Trainer, den Spielern, den Mitarbeitern in der RWE-Geschäftsstelle und den Fans auf den Rängen ist bewusst, dass es eine Gratwanderung wird, wenn Schiedsrichter Robert Kempter das letzte Saisonspiel der Erfurter gegen die SG Sonnenhof-Großaspach anpfeift. 30690 Minuten hat RWE bislang in der 3. Liga gespielt. Mit 341 Begegnungen ist man das dienstälteste Mitglied seit der Saison 2008/09. Die große Frage ist: Wo steht Rot-Weiß heute nach 90 Minuten?
Die Anspannung steigt, auch in der Geschäftsstelle des Klubs. Die zehn Mitarbeiter, die in den letzten Wochen ein unglaubliches Pensum geleistet haben, wissen: geht das heute schief, steigt RWE ab, sind sie ihren Job los. Dementsprechend angespannt sei das Klima in den letz- ten Tagen gewesen, sagt Geschäftsstellenleiter Konstantin Krause, der in der Woche der Entscheidung versucht hat, in der Stadt, bei den Helfern, Unterstützern und Sponsoren für einen lautstarken Rückhalt zu sorgen, der heute auf den Rängen zum „ zwölften Mann“werden soll.
In der Woche trafen sich die Mannschaft und Trainer Stefan Krämer zwei Mal mit 150 Unterstützern, ohne die kein Spieltag zu stemmen wäre. Um Dank zu sagen für das Geleistete und um sich noch einmal auf den „Tag der Wahrheit“einzuschwören. Viele der Sponsoren des Vereins haben den Aufruf „Gemeinsam eins!“auf ihre Firmenhomepages gestellt. Die Stadt Erfurt tat Selbiges auf ihrer Internetseite. Ein versöhnlicher Akkord nach den Streitigkeiten der letzten Zeit. Ein Rundfunksender warb seit Tagen stündlich dafür, heute zum Spiel ins Stadion zu kommen. Ein namhafter Internethändler, der in Erfurt ein großes Logistikcenter betreibt, hat für seine Mitarbeiter 400 Tickets geordert.
Bis gestern Vormittag waren etwa 7000 Karten verkauft. Zum Vollpreis, denn Rabattaktionen oder Freikarten sind vom Deutschen Fußballbund an den letzten beiden Spieltagen der Saison untersagt. Um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen, so die Begründung. Dennoch werde das Stadion komplett rot-weiß sein, ist Konstantin Krause überzeugt. Aus Großaspach haben sich lediglich 20 Fans angesagt.
Der Geschäftsstellenleiter hat bei allen, mit denen er in diesen Tagen Kontakt hatte, eine positive Grundhaltung ausgemacht. In der Sicherheitskonferenz mit der Polizei wurden trotzdem beide Szenarien durchgespielt – Klassenerhalt und Abstieg. 160 Ordner werden neben den polizeilichen Sicherheitskräften im Stadion vor Ort sein.
Gleichwohl ist man im Klub optimistisch. „So ein Spiel mobilisiert und elektrisiert die Zuschauer“, sagt Konstantin Krause. „Wenn sich Rot-Weiß durchsetzt, ist das eine große Chance, nach einer verkorksten Saison noch ein positives Signal zu setzen und damit etwas für den Zusammenhalt zu tun. Und es wird für einen kräftigen Schub für das Pokalfinale gegen Wacker Nordhausen sorgen“, ist er sicher. Zum wichtigsten Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte – nur 2004 ging es im Mai ähnlich hoch emotional zu, als RWE gegen Saarbrücken um den Aufstieg in die 2. Liga spielte und 2:1 gewann – hat sich gestern auch Erfurts Stadtoberhaupt Andreas Bausewein angesagt. „Und wenn es nur eine Halbzeit sein sollte, aber er kommt“, so Rathaussprecherin Heike Dobenecker. Bausewein habe gestern versucht, seinen proppevollen Terminkalender neu zu ordnen.
Zuspruch kommt auch von höherer Stelle: „Ich drücke dem FC Rot-Weiß die Daumen, dass er als Traditionsverein in der 3. Liga bleibt. Ich kenne mich mit Abstiegskampf als Trainer und Spieler nicht aus, gute Nerven sind sicher wichtig“. Die aufmunternden Worte kommen von einem, der in Sachen Fußball bescheid weiß – Franz Beckenbauer. Der 71-Jährige weilte zu einem Golf-Benefizturnier in Mühlberg.
160 Ordner und Polizei sorgen für Sicherheit