Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Ein gefährliches Gesetz
zum Kampf gegen Hassreden im Netz
Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht. Das gilt in mehrfacher Hinsicht für das geplante „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, mit dem Bundesjustizminister Heiko Maas im Internet gegen Hasskommentare vorgehen will.
Doch was genau ist „Hassrede“und wo beginnen „Fake News“? Wie grenzt man sie gegen zulässige Meinungsäußerungen ab? Wie soll diese Abgrenzung juristisch umgesetzt werden? Schließlich: Wer soll darüber entscheiden, was gelöscht wird und was nicht?
Das sind zentrale Fragen in einer Demokratie, die stets darauf bedacht sein sollte, die Grenzen der Meinungsfreiheit möglichst weit zu fassen und Einschränkungen genau abzuwägen. Die Grundregel sollte lauten: Im Zweifel für die Freiheit.
An diesem wichtigen Punkt versagt das geplante Gesetz leider total. Wofür im Rechtsstaat aus gutem Grund bislang Staatsanwälte und Richter zuständig sind, sollen künftig anonyme Mitarbeiter der sozialen Netzwerke im Vorbeigehen Entscheidungen über demokratische Grundrechte treffen.
Daraus ergibt sich die große Gefahr, dass der Gesetzgeber unverhältnismäßig in die Presse- und Meinungsfreiheit eingreift, warnt Reporter ohne Grenzen.
Normalerweise muss die angesehene Organisation in Ländern mit schwachem oder keinem Demokratiesystem vor solchen Eingriffen warnen. Dass dies nun bei einem Gesetzentwurf des deutschen Justizministers nötig wird, sollte nachdenklich machen. Das Gesetz darf so nie in Kraft treten. Es ist wahrscheinlich gut gemeint, sicher aber schlecht gemacht.