Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Kampf der Firmen-Kulturen
Seit dem Einstieg des US-Autobauers Tesla beim Maschinenbauer Grohmann herrscht Unruhe in der Eifel
Berlin/Prüm.
Es war morgens auf dem Firmenparkplatz, als ihnen zum ersten Mal bewusst wurde, dass nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Seit jeher galt dort eine feste Rangordnung. Wer es im Unternehmen zu etwas gebracht hat, dem war dort ein Parkplatz vorbehalten. Ein Namensschild markierte die Parklücken. Doch dann kam Tesla. Die Grohmann Engineering GmbH wurde in Tesla Grohmann Automation umbenannt, und eines Tages wurden die Parkschilder abmontiert. Azubis und Abteilungsleiter kämpfen nun allmorgendlich um freie Parkplätze.
Seit der amerikanische EAutobauer Tesla den Maschinenbauer Grohmann übernommen hat, tobt ein Kulturkampf im rheinland-pfälzischen Prüm. In Silicon Valley-Manier krempelt Tesla derzeit den deutschen Mittelständler um. Längst geht es um mehr als die Verquickung von Start-up-Mentalität und Mittelstandsexistenz. Es geht um die Zukunft des Unternehmens und der Arbeitsplätze. Dabei wurde der Einstieg des finanzstarken Investors noch im November als große Chance gefeiert. Doch ein halbes Jahr später ist Ernüchterung eingekehrt. Die Hoffnungen der Mitarbeiter auf einen Tarifvertrag sind zerschlagen. Die Belegschaft ist gespalten. Künftig soll Grohmann ausschließlich für Tesla arbeiten. Kunden wie Daimler, BMW und Volkswagen sind brüskiert. kauf im Juli beginnen soll. Dass Visionär Musk für seine Mission gemeinsame Sache mit dem 700köpfigen Familienunternehmen machen will, empfinden viele als Ehre, berichtet der Mitarbeiter. Und Musk fand ebenso große Worte für die anstehende Zusammenarbeit: Er suche „nach den besten Ingenieurstalenten für die automatisieret Produktionssysteme“, verkündete Musk. 1000 neue Mitarbeiter sollten eingestellt werden, hieß es aus Kalifornien.
Tesla investierte in eine neue, moderne Büroausstattung, legte Wert auf lockere Umgangsformen, spendiert den Mitarbeitern kostenlose Getränke. Doch dann kam es zum Eklat. Am 31. März kam Tesla-Technikchef JB Straubel bei Grohmann in der Eifel vorbei. Zu diesem Anlass sollte Firmenchef und Gründer Klaus Grohmann ein Grußwort vor versammelter Belegschaft sprechen. Doch die Rede wurde kurzfristig abgesagt. Stattdessen hieß es, der 74-jährige Grohmann werde das Unternehmen verlassen. Das überraschte viele. Denn noch bei der Übernahme des Unternehmens verkündete Tesla, man wolle mit „Mr. Grohmann“weiter zusammenarbeiten. „Ich bin sicherlich nicht ausgeschieden, weil ich keine Lust mehr habe“, sagte der Firmengründer später der Nachrichtenagentur Reuters. Nun führt das Unternehmen fünf Geschäftsführer auf. Es sei mittlerweile schwer, Zuständigkeiten und Ansprechpartner zu klären, berichtet ein Kunde.
Mit dem starken Investor Tesla hofft die Belegschaft nun endlich auf einen Tarifvertrag. Seit Wochen liefert sich die IG Metall mit dem US-Riesen deshalb eine öffentliche Auseinanderset- zung. Derzeit liege das Gehalt 25 bis 30 unter dem, was der Flächentarifvertrag der Metallindustrie vorsehe, sagt die Gewerkschaft. Tesla aber lehnt einen Tarifvertrag ab. „Wir sehen keine grundsätzliche Notwendigkeit einer formalen Einbeziehung Dritter“, heißt es vom Konzern. Tesla bietet stattdessen eine monatliche Bruttogehaltserhöhung in Höhe von 150 Euro an, eine Einmalzahlung von 1000 Euro, außerdem TeslaAktien im Wert von 10 000 Euro. In der Eifel aber glauben sie eher an die Wirkung eines Tarifvertrags als an einen Brief von Musk. Was ist, wenn der kühne Milliardär irgendwann andere Pläne hat, fragen sich viele.
Auch an anderer Stelle droht die Situation zu eskalieren. Grohmann soll künftig nur noch für Tesla produzieren. Ein Insider berichtet, dass bereits sämtli- che Kräfte für die Produktion für Tesla gebunden sind. Tesla beteuerte, man sei mit allen deutschen Kunden im Gespräch.
BMW aber geht nun schon davon aus, dass es sich einen neuen Zulieferer suchen muss, sagte ein BMW-Sprecher dieser Zeitung. Weil Grohmann als Spezialist auf seinem Gebiet gilt, dürfte es nicht einfach sein, Ersatz zu finden. „Wir verfolgen die aktuelle Entwicklung sehr genau und auch kritisch“, sagt der Sprecher. Tesla beteuerte, man sei mit allen deutschen Kunden im Gespräch.
Seit dem Eklat hat keiner den einstigen Firmenchef im Unternehmen gesehen. Nur ab und zu fährt er am Firmengelände vorbei, am Ende der Straße hat sein Sohn eine Werkstatt für Oldtimer. Bis dort an Tesla-Fahrzeugen geschraubt wird, vergehen wohl noch Jahrzehnte.
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