Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Rauschhaftes Erlebnis mit A-Cappella-Chor aus Texas
Gastspiel des Ensembles der Stephen F. Austin State University war ein Triumph
Arnstadt.
Sie sind etwa alle drei Jahre im guten alten Europa auf Tournee, aber dieses Jahr anlässlich der 500-Jahrfeier der Reformation bereits ein Jahr früher. So kamen wir Arnstädter und das überregionale und internationale Publikum schon jetzt, am Donnerstagabend, in den Genuss eines spektakulären ACappella-Konzertes.
Der Chor der Stephen F. Austin State University umfasst sage und schreibe 52 Mitglieder und kann deshalb ein gewaltiges Klangvolumen erreichen. Unter der Leitung von Tim King, der den Chor bereits seit 1983 betreut, hat sich der A-CappellaChor als eines der besten Chorensembles in den Vereinigten Staaten etabliert.
In der Bachkirche bewies der Chor am Donnerstag, dass er diesen Ruf verdient hat, denn unter der einfühlsamen Direktion von Tim King zeigte er sich in allen Tonlagen stimmmächtig und schenkte dem zahlreich erschienenen Publikum ein geradezu rauschhaftes Erlebnis. Die Texaner beherrschten das lyrische Lied ebenso wie den dramatischen Ausbruch und die romantische Tonlage ebenso wie moderne Kompositionen und Spirituals.
Das vielseitige Programm brachte Stücke aus fünf Jahrhunderten. Während oft derartige Konzerte von der Barockmusik über die Romantik zur Moderne fortschreiten, präsentierten die Texaner ein Potpourri, das munter zwischen den Jahr- hunderten hin- und her schwang und so für weitere Abwechslung sorgte.
Das Konzert begann sehr spektakulär mit „Cantate Domino“, einem extrem modernen Stück des polnischen Komponisten Józef Swider (geb. 1930). Es war sehr mutig, mit dieser avantgardistischen Kantate, die alle Register zeitgenössischen Chorklanges zog, zu beginnen. Dieser Mut und vor allem die grandiose Interpretation von „Cantate Domino“wurden mit energischem Applaus bedacht.
Als nächstes Werk und gewissermaßen kontrapunktisch erklang die Motette „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf“. Diese Hommage an Johann Se- bastian Bach fiel gegenüber dem glänzenden Konzertbeginn etwas ab. Vielleicht lag es daran, dass wir es in Europa in den letzten Jahrzehnten seit Nikolaus Harnoncourt und der von ihm eingeführten originalen Aufführungspraxis gewöhnt sind, die Musik von Bach etwas schlanker und dadurch intimer zu erleben.
Nach einem schönen Zwischenspiel auf der Wender-Orgel, wo Kantor Reddin ein klangmächtiges Stück vom Bachvorbild Georg Böhm präsentierte, begab sich der Chor mit zwei Liebesliedern von Johannes Brahms auf intime Weise in die deutsche Romantik. In starkem Gegensatz zum innig berühren- den Brahms folgte dann mit „Sure on this Shining Night“von Morten Lauridsen (geb. 1943) wieder eine moderne Komposition, die aber ebenfalls sehr intim und geradezu meditativ wirkte und mit zart gestrichenen Weingläsern einen zusätzlichen zarten instrumentalen Charakter aufwies.
Nach einem weiteren Zwischenspiel auf der Wender-Orgel mit einem Werk von Johann Sebastian Bach in der Tradition seines Vorbildes Georg Böhm kamen als krönender Abschluss, einschließlich Zugabe, vier Spirituals zum Zuge, wobei vor allem der dramatische „Elijah Rock“zu einem zündenden Höhepunkt wurde.