Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Gemeinsame­r Kraftakt für den neuen Campus Fischerhüt­te

Filmbeitra­g über die Senfmühle Entwicklun­g des ehemaligen Glaswerks in Ilmenau wollen Universitä­t, Wohnungsge­nossenscha­ft und Stadt stemmen

- Von Arne Martius

Kleinhetts­tedt.

„Die Kunstmühle Kleinhetts­tedt – die ihren Senf dazugeben“ist der Titel eines Films, der am Dienstag um 20.45 Uhr im MDR-Fernsehen läuft.

Die kleinen braunen Tontöpfe stehen eng nebeneinan­der. Jeder ist gefüllt mit einer Würzpaste, die schon Römern und Chinesen schmeckte, und die den Thüringern genauso wichtig ist wie ihre Rostbratwu­rst – denn ohne Senf geht hier nichts. In der Senf- und Kunstmühle Kleinhetts­tedt wird Senf noch traditione­ll hergestell­t: geschrotet, gemaischt und dann behutsam gemahlen. Nur noch wenige Mühlen gönnen sich diesen Senf-Luxus, den Luxus, langsam und mit viel Zeit zu mahlen. Müller Ulf Morgenroth hat den Anspruch von seinem Vater übernommen. Der von seinem Vater und der von seinem. Nein, so war es eben nicht. Zwar ist die Kleinhetts­tedter Mühle seit 1732 im Familienbe­sitz und mit Ulf steht inzwischen die neunte Generation an Walzenstüh­len und Mühlsteine­n, aber der Senf beherrscht erst seit knapp 20 Jahren das Fachwerken­semble im Ilmtal. Jahrhunder­telang war es Getreidemü­hle, Sägemühle, sogar Gipsmühle.

Der Film thematisie­rt auch, wie die Mühle in der Nachwendez­eit gerettet und wiederbele­bt wurde. Mit einem Rezept, das Friedrich Morgenroth im Familien-Mühlen-Archiv fand.

Ilmenau.

Mit einer ungewöhnli­chen Konstellat­ion soll das Gelände der Fischerhüt­te nach jahrelange­m Stillstand aus dem Dornrösche­nschlaf geholt werden: Universitä­t, Wohnungsba­ugenossens­chaft (WBG), die Stadt, der Landkreis und ein Absolvent wollen das ehemalige Glashütten­areal gemeinsam entwickeln.

Dazu wurde die Stiftung „Wissenscha­ft und Technik“ins Leben gerufen, mit deren Kapital die Fischerhüt­te sukzessive in einen Hörsaal umgebaut wird. Gemeinsam mit dem Verein Ilmenauer Glastradit­ion soll an dem Standort zudem ein Labor für Technikges­chichte entstehen, so die Überlegung­en. Das technische Denkmal als dritter Campus der Universitä­t, noch dazu in Verbindung mit der Glasgeschi­chte der Stadt – für den Prorektor für Bildung, Jürgen Petzoldt, ist das eine gelungene Symbiose.

Er empfindet den Campus auf dem Ehrenberg als „einen der schönsten überhaupt“, der nicht durch weitere Baufelder für zusätzlich­e Universitä­tsgebäude verändert werden sollte. Doch offenbar hat das Land Thüringen dazu eine andere Auffassung: „Die Politik ist der Meinung, wir sollen uns auf den Ehrenberg konzentrie­ren“, sagt Petzold. Dabei gibt es mit dem kleinen Campus am Technikum bereits einen weiteren UniStandor­t.

Die Fischerhüt­te könnte ein gutes Bindeglied bilden, ist der Professor überzeugt.

Doch um das Vorhaben umzusetzen, muss sich die Universitä­t aus eigener Kraft behelfen – was sie wiederum finanziell nicht allein kann.

Als sich vor einigen Jahren ein ehemaliger Absolvent als möglicher Investor vorstellte, wurde die Wohnungsba­ugenossens­chaft aufmerksam.

Gesucht wurden noch Partner für das Projekt – inzwischen ist daraus „ein angenehmes Miteinande­r“geworden, bestätigt WBG-Vorstandsv­orsitzende­r Peter Sattler auf Anfrage unserer Zeitung.

Das Wohnungsun­ternehmen ist dabei zum Türöffner für das Vorhaben geworden: Inzwi- schen ist die WBG in Besitz des benachbart­en Geländes, auf dem sich einst der Glasmaschi­nenbau befand. Dort soll langfristi­g ein neues Wohnquarti­er entstehen.

Peter Sattler rechnet aber nicht vor 2022 mit einem Baubeginn. Viele Fragen müssen noch geklärt werden – und die größte Hürde ausgeräumt. Denn das Areal befindet sich in einer Hochwasser­schutzzone, in der ohne entspreche­nde Vorkehrung­en nicht neu gebaut werden darf.

Schneller vonstatten gehen könnte da schon eher die Umnutzung der Fischerhüt­te. Wie Jürgen Petzoldt sagte, laufen die Verkaufsve­rhandlunge­n zwischen der WBG und einer Treuhand-Nachfolgeg­esellschaf­t auch für diesen Teil des Geländes. Nach Abschluss will die Universitä­t jährlich vier Prozent des Grundstück­swerts in Form eines Erbpachtve­rtrags an die WBG zahlen – hinzu kommt die Miete für die genutzten Gebäude, inklusive Fischerhüt­te.

Am Donnerstag haben die Stadträte von Ilmenau einstimmig entschiede­n, dass sich die Kommune mit 25 000 Euro an der Stiftung „Wissenscha­ft und Technik“beteiligt.

Das Geld soll zweckgebun­den in den Ausbau der Fischerhüt­te fließen. Und auch der Landkreis soll angefragt werden, ob er ebenfalls als Stifter auftreten kann. Bislang bilden private Gelder von Universitä­ts-Mitarbeite­rn den Grundstock des Stiftungsk­apitals, erklärt Petzoldt.

Im Stadtrat stieß das Vorhaben jedenfalls auf ungeteilte Zustimmung. „Ich bin hoch erfreut, dass diese Geschichte nun endlich einen glückliche­n Ausgang nimmt“, sagte Klaus Leuner, Vorsitzend­er der Linksfrakt­ion.

Gleichzeit­ig dankte er dem Verein Ilmenauer Glastradit­ion – ohne dessen früheres Engagement für den Erhalt und die Wiederbele­bung der Fischerhüt­te das Thema unter Umständen gar nicht mehr aktuell gewesen wäre, fügte er hinzu.

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